Warum der Nikolaus nicht der Weihnachtsmann ist
5. Dezember 2024Wie kann ein einziges Wesen an Weihnachten Abermillionen von Kindern auf der ganzen Welt quasi gleichzeitig Geschenke bringen? Nun, da ist eine Menge Glaube im Spiel. Und Glaube hat auch viel damit zu tun, wie die Weihnachtsfigur, die wir heute als Weihnachtsmann kennen, aussieht.
Ob Papai Noel in Brasilien, Santa Claus in den USA und Kanada, Kalėdų Senelis in Litauen oder Babbo Natale in Italien - der Geschenkebringer mit dem Rauschebart ist einem Bischof, dem Heiligen Nikolaus von Myra, aus dem 3. Jahrhundert nachempfunden. Und nicht nur ihm: Gute 200 Jahre später tauchte ein weiterer Heiliger mit demselben Vornamen auf: Nikolaus von Sion.
Nikolaus, der Wohltäter
Über beide Männer gibt es kaum überlieferte historische Tatsachen. Ihre Lebensgeschichten wurden über die Jahrhunderte hinweg miteinander verwoben, und so entstanden die zahlreichen Nikolaus-Legenden.
Eine der bekanntesten ist die Geschichte mit den Goldklumpen: Sie erzählt, wie Nikolaus drei bettelarme Mädchen vor der Prostitution rettete, indem er nachts Goldklumpen durch das Fenster ihres Hauses warf. Daher wird Nikolaus in der Kunst oft mit drei goldenen Kugeln oder Äpfeln dargestellt. Der Bischof soll überhaupt eine starke wohltätige Ader gehabt und sein beträchtliches Vermögen an die Armen vermacht haben.
Nikolaus versus Christkind
Das Fest des Heiligen Nikolaus wird am 6. Dezember, dem wahrscheinlichen Todestag des Nikolaus von Myra, gefeiert. Dies aber missfiel dem berühmten Reformator des 16. Jahrhunderts, Martin Luther, der sich mit der katholischen Kirche und damit nahezu mit der halben Welt angelegt hatte.
Luther kritisierte die katholische Heiligenverehrung und wollte den christlichen Gabenbringer daher lieber am Weihnachtsfest andocken, an dem die Geburt Jesu Christi gefeiert wird. In diesem Zuge ersetzte er den Heiligen Nikolaus auch durch den Heiligen Christ, was in protestantischen Gegenden schnell angenommen wurde. Seit der Reformation brachte daher das Christkind die Geschenke zum Weihnachtsfest, je nach Region entweder an Heiligabend (24. Dezember) oder auch einen Tag später, am ersten Weihnachtsfeiertag.
Doch auch der Nikolausbrauch, bei dem in Deutschland in der Nacht zum 6. Dezember Geschenke in den zuvor geputzten Schuhen platziert werden, starb nicht aus. In manchen Ländern ist das Nikolaus-Fest nach wie vor der Haupt-Geschenketag, wie etwa in Belgien oder den Niederlanden, wo das "Sinterklaasfeest" gefeiert wird.
Ein düsterer Begleiter
im 16. Jahrhundert bekam der wohltätige Nikolaus einen ziemlich unfreundlichen Antagonisten an seine Seite gestellt. Er hatte verschiedenen Namen: Manche kennen ihn als "Knecht Ruprecht", im süddeutschen Raum ist er als "Krampus", im Rheinischen als "Hans Muff" bekannt.
Er trug eine Rute aus Reisig und sollte damit unartige und böse Kinder bestrafen. Bis heute begleitet Knecht Ruprecht den Nikolaus - allerdings nur noch als schaurig-schöne Dekoration. Seine Aufgabe besteht darin, dem Nikolaus beim Tragen des Geschenkesacks zu helfen und ansonsten finster zu gucken.
Das Christkind hingegen kommt ohne Begleiter, dafür mit Engelsgesicht und Flügeln. Obwohl es einen protestantischen Ursprung hat, ist das Christkind heutzutage eher in katholischen Gegenden anzutreffen. Woanders wurde es abgelöst durch eben jenen Weihnachtsmann - eine Figur, die im Laufe der Jahrhunderte entstanden ist durch eine Mischung aus Nikolauslegende, nordischen Mythen und osteuropäischen Märchen.
Papa Noel, Väterchen Frost und das Schneeflöckchen
Hört man sich in der Welt um, stellt man schnell fest, dass die Bezeichnung "Papa" für den Weihnachtsmann weit verbreitet ist: Im spanischen Sprachraum von Europa bis Lateinamerika heißt es "Papá Noel", in ehemals britischen Kolonien und im Vereinigten Königreich spricht man von "Father Christmas" und die Franzosen nennen ihren Weihnachtsmann "Père Noël".
In Südafrika kommt der Weihnachtsmann für die Afrikaans sprechenden Menschen als Kersvader oder Sinterklaas - ein Erbe der niederländischen Siedler, ebenso wie in den ehemaligen niederländischen Kolonien Indonesien, Curacao oder Surinam.
In osteuropäischen Ländern bis hin zur Mongolei ist eher vom Papa Winter oder Väterchen Frost die Rede. Die Figur geht auf einen Winterzauberer aus der slawischen Mythologie zurück und ist dem Weihnachtsmann in seinen Darstellungen sehr ähnlich. Er ist die Personifikation des Winters, und um das zu unterstreichen, hat Väterchen Frost in einigen Regionen auch eine Begleiterin: das Schneeflöckchen - in Gestalt eines zarten Mädchens.
Heidnische Mythen aus dem Norden
Auch in Skandinavien hat der heutige Weihnachtsmann verschiedene Ursprünge. Da gibt es zum einen die Gestalt eines alten Mannes mit Pelzumhang, Kapuze und Rauschebart, der auf einem Rentierschlitten durch die Lande fährt und Nüsse verteilt, damit die Menschen den harten Winter überstehen. Legenden behaupten, er sei ein Nachfahre Odins, des mächtigsten nordischen Gottes.
In Norwegen und Schweden hingegen gibt es die Geschichte von einem Hausgeist ("Tomte"), der über Haus und Hof wachte, aber nur, wenn er auch genügend Essen bekam. Heute ist es der Jultomte oder Julenissen, der an Heilig Abend die Geschenke bringt - gegen Essen natürlich.
Der finnische Joulupukki war einst eine fiese Gestalt, halb Mensch, halb Ziege, die um die Häuser zog und Essen verlangte, ansonsten drohte er, die Kinder mitzunehmen. Irgendwann aber verschwanden die Hörner, und der Ziegenmann wurde zum freundlichen Weihnachtsmann.
Wie kommt Santa Claus ins Spiel?
Und warum heißt der Weihnachtsmann in den USA Santa Claus? Niederländische Auswanderer brachten ihren "Sinterklaas" in die USA. Nikolaus war der Schutzheilige von Nieuw Amsterdam - dem heutigen New York. Aus Sinterklaas wurde dann irgendwann Santa Claus.
In den 1930er Jahren entdeckte Coca Cola die Figur für sich, machte sie zur Werbeikone - und prägte damit bis heute unsere Vorstellung vom freundlichen alten Mann in pelzbesetztem Mantel und Mütze, mit roten Wangen und Rauschebart.
Santa Claus aber brachte die Geschenke nicht am 6. Dezember wie sein europäischer Kollege, sondern in der Nacht vom 24. zum 25. Dezember, und jedes amerikanische Kind weiß bis heute, dass Santa mit seinen Geschenken durch den Schornstein kommt, bevor er mit seinem Rentierschlitten wieder in der Luft verschwindet - und zwar schnell, damit er es schafft, auf der ganzen Welt Abermillionen von Kindern zu beschenken.