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Wahre und falsche Kriegsverbrecher in Kroatien

29. August 2003

Veteranenminister will Namen von begünstigten Veteranen und Kriegsinvaliden veröffentlichen

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Bonn, 29.8.2003, DW-radio/Kroatisch, Zoran Daskalovic

Kürzlich ist in Österreich Ivan Skender verhaftet worden. Bei ihm sind zwei Kilo Drogen gefunden worden. Vor zwei Jahren hat Skender eine Wohnung vom kroatischen Veteranenministerium erhalten. Dies hat eine Debatte darüber hervorgerufen, wer und wie man in Kroatien staatliche Wohnungen bekommt. Einzelheiten von Zoran Daskalovic:

Ein Drohbrief an die Familie des kroatischen Veteranenministers Ivica Pancic hat die kroatische Regierung dazu bewogen, eine Liste aller Personen anzufordern, denen das Verteidigungsministerium Wohnungen und Kredite seit 1998 bis heute zugeteilt hat. Ferner wurde eine weitere Liste aller angefordert, denen das Verteidigungsministerium vor der Gründung des Veteranenministeriums Wohnungen zugeteilt hatte. Nach Erhalt dieser Listen wird sie die Regierung in ihrem Amtsblatt "Volkszeitung" (kroat.: Narodne novine) veröffentlichen.

Damit stellt sich die Regierung hinter Minister Pancic. Dieser versuchte mehrmals erfolglos, eine Liste derer zu veröffentlichen, die Veteranenwohnungen bekommen hatten. Den Drohbrief erhielt der Minister nämlich vor einigen Tage, nachdem er erneut diese Möglichkeit angekündigt hatte. Er tat dies, als er erfuhr, dass 2001 auch Ivan Skender eine Wohnung bekam – ein Drogendealer, der kürzlich in Österreich beim versuchten Verkauf von zwei Kilo Kokain verhaftet wurde. Skender erhielt die Wohnung aufgrund eines ärztlichen Attests, womit er 1999 den Status eines 60-prozentigen Kriegsinvaliden bekam. Und dies obwohl ein Jahr zuvor sein Antrag auf 20-prozentige Kriegsversehrtheit abgelehnt wurde. Wegen einer Revision des ärztlichen Attests konnte Skender die Wohnung dem Staat nicht abkaufen. Sie kann ihm immer noch entzogen werden, weil sie noch staatliches Eigentum ist.

Zudem wird Skender in einem der veröffentlichten Stenogramme der Gespräche des verstorbenen Präsidenten Franjo Tudjman mit seinen Mitarbeitern aus dem Jahr 1997 erwähnt. Der damalige Verteidigungsminister Gojko Sesak teilte Tudjman mit, dass Skender Hauptdrogendealer in der Herzegowina und in Dalmatien sei. Er wurde von den damals bereits inhaftierten Mladen Naletelic Tuta und Vinko Martinovic Stela geschützt (bosnische Kroaten, die vom ICTY zu hohen Haftstrafen wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurden – MD). Auch wenn Tudjman forderte, dass Skender strafrechtlich verfolgt werde, geschah nichts. Indes bekam er eben aufgrund eines fragwürdigen Attests den Status eines Kriegsinvaliden und dann auch eine staatliche Wohnung. Über Skenders Kriegsbiographie ist kaum etwas bekannt. Es ist lediglich bekannt, dass er Ausweise sowohl des militärischen als auch des zivilen Geheimdienstes besaß. Dies erleichterte ihm offenbar nicht nur den Drogenhandel, sondern auch den Waffenschmuggel und weitere kriminelle Straftaten.

Minister Pancic wollte durch die Veröffentlichung der Liste mit allen, denen als Veteranen und Kriegsinvaliden Wohnungen zugeteilt wurden, eben erreichen, dass die wahren Veteranen und Kriegsinvaliden die falschen unter ihnen enttarnen, die sich nur durch Betrug auf dieser Liste befinden. Die Erkenntnis darüber, dass auch ein hartgesottener Drogendealer eine Veteranenwohnung aufgrund eines fraglichen Attests bekommen hat, hat diesmal alle bedeutenden Veteranenorganisationen dazu gebracht, die Veröffentlichung der Listen zu unterstützen. Bislang widersetzten sie sich dem aus Frucht vor einer Hetzjagd gegen alle Veteranen und Angst vor einer Schädigung ihres öffentlichen Ansehens und Status. Schließlich überwog auch bei ihnen der Standpunkt, dass die große Mehrheit der Veteranen nichts zu verbergen hat und dass ihre Interessen am besten geschützt werden, wenn die falschen Veteranen und Invaliden sowie Kriminelle, die sich eingeschlichen haben, enttarnt werden. (md)