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KonflikteLibanon

Nahost: Waffenruhe zwischen Israel und Hisbollah hält an

Veröffentlicht 27. November 2024Zuletzt aktualisiert 27. November 2024

Seit vier Uhr Ortszeit ist es ruhig im Libanon. Unzählige geflüchtete Bewohner streben bereits zurück in ihre Heimatorte im Süden. Auch Hamas-Vertreter im Gazastreifen sprechen nun von der Möglichkeit einer Feuerpause.

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Stau auf einer Straße im Libanon in Richtung Süden
Seit dem Morgen gibt es Staus auf den Straßen Richtung Südlibanon Bild: Hussein Malla/AP Photo/picture alliance

Eine nach mehr als einem Jahr des Kriegs vereinbarte Waffenruhe zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz hält bislang. Die israelische Armee meldete die letzten Raketenangriffe auf den Norden des Landes mehrere Stunden,  bevor die Waffenruhe um 4.00 Uhr Ortszeit (3.00 Uhr MEZ) in Kraft trat. Seitdem blieb es ruhig.

Die israelische Luftwaffe hatte am Dienstagabend noch besonders massive Angriffe im Libanon geflogen, auch in der Hauptstadt Beirut und ihren südlichen Vororten. Bei israelischen Attacken auf Grenzübergänge zwischen Syrien und dem Libanon wurden nach syrischen Angaben sechs Menschen getötet und zwölf verletzt.

Nach israelische Attacken steigen in einem südlichen Vorort von Beirut Rauchschwaden auf
Israelische Attacken auf südliche Vororte von Beirut am Dienstag: War es der letzte Sturm vor der Ruhe? Bild: Marwan Naamani/dpa/picture alliance

Nach Einschätzung der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zielte Israel darauf ab, Versorgungswege der Hisbollah zu kappen. Diese bezieht ihre Waffen laut Experten aus dem Iran unter anderem über Syrien.

5000 libanesische Soldaten sollen wachen  

Nach Medienberichten sieht die Waffenruhe-Vereinbarung einen Rückzug der israelischen Bodentruppen aus dem Libanon binnen 60 Tagen vor. Die pro-iranische Hisbollah wiederum soll sich hinter den Litani-Fluss etwa 30 Kilometer nördlich der libanesisch-israelischen Grenze zurückziehen. Rund 5000 libanesische Soldaten sollen als Teil der Vereinbarung zur Waffenruhe im Grenzgebiet stationiert werden, um sicherzustellen, dass Hisbollah-Kämpfer auch wirklich nördlich des Flusses bleiben.

Blick aus der Vogelperspektive auf den Fluss Litani im Libanon
Der Fluss Litani im Libanon. Die Hisbollah soll sich künftig nur noch nördlich des Flusses aufhalten dürfenBild: JOSEPH EID/AFP/Getty Images

Die libanesische Armee kündigte inzwischen an, "die notwendigen Schritte" zur Umsetzung zu unternehmen. Daran arbeiteten die Streitkräfte in Abstimmung mit der UN-Beobachtermission UNIFIL im Libanon, teilte die Armee mit. Die libanesischen Streitkräfte sind keine aktive Kriegspartei in dem Konflikt zwischen der Hisbollah und dem israelischen Militär.

Israel warnt vor zu rascher Rückkehr

Israels Militär rief die Bewohner aus dem Südlibanon zu Geduld auf. Sie sollten mit ihrer Rückkehr in ihrer Heimatorte bis zum Abzug der israelischen Streitkräfte gemäß der Feuerpausen-Vereinbarung warten. 

Seit den frühen Morgenstunden machten sich schon Tausende Menschen in vollgepackten Autos auf den Weg zurück in den Südlibanon, der in den letzten Wochen und Monaten unter massivem Beschuss der israelischen Armee stand. Auf sozialen Medien und im arabischen Fernsehen waren lange Staus auf den Straßen zu sehen. 

Von den USA und Frankreich vermittelt

Die Feuerpause war von den USA und Frankreich vermittelt worden, um eine "dauerhafte Einstellung der Feindseligkeiten" zu erreichen, wie US-Präsident Joe Biden in Washington erklärte. Er kündigte zugleich einen neuen Vorstoß für eine Waffenruhe im Gazastreifen an.

US-Präsident Joe Biden bei einer Ansprache im Weißen Haus. Im Hintergrund mehrere amerikanische Flaggen
US-Präsident Joe Biden kündigte auch einen neuen Vorstoß für eine Waffenruhe im Gazastreifen anBild: Saul Loeb/AFP/Getty Images

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte, die Dauer der Waffenruhe hänge davon ab, "was im Libanon passiert". Sein Land "behalte sich das Recht vor, gegen jede Bedrohung seiner Sicherheit vorzugehen", betonte Netanjahu in einer TV-Ansprache. Seine Zustimmung zu dem Waffenstillstand begründete er damit, dass er Israel eine volle Konzentration auf die Bedrohung aus dem Iran erlaube und der israelischen Armee eine "Verschnaufpause" gebe.

Der Minister für nationale Sicherheit, der rechtsradikale Itamar Ben-Gvir sprach dagegen von einem "ernsthaften Fehler". Das Abkommen beraube Israel einer historischen Gelegenheit, die Hisbollah im Libanon in die Knie zu zwingen, ließ er verlauten.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei einer Fernsehansprache mit entschlossener Geste. Neben ihm eine israelische Flagge
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu: "Israel behält sich das Recht vor, gegen jede Bedrohung seiner Sicherheit vorzugehen" Bild: Uncredited/Israeli Government Press Office/AP/dpa/picture alliance

Hamas: Zu Waffenruhe und Gefangenenaustausch bereit 

Nach dem Inkrafttreten einer Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah erklärte sich auch die islamistische Hamas im Gazastreifen zu einer Feuerpause bereit. Die Hamas sei "bereit zu einem Abkommen über eine Waffenruhe und zu einer Vereinbarung über einen Gefangenenaustausch" mit Israel, erklärte ein Mitglied des Politbüros der Palästinenserorganisation. Dies habe sie auch den Vermittlern Ägypten, Katar und der Türkei mitgeteilt. Die Hamas bestehe aber weiter auf ihren Bedingungen für eine Waffenruhe. 

Die Hamas fordert unter anderem im Gegenzug für eine Freilassung von rund israelischen 100 Geiseln eine umfangreiche Haftentlassung palästinensischer Gefangener sowie einen vollständigen Rückzug von Israels Armee. Diese will dagegen Truppen in strategisch wichtigen Positionen im Gazastreifen belassen.

Bei neuen israelischen Angriffen im Gazastreifen wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Zivilschutzes mindestens 17 Palästinenser getötet. Zehn Menschen seien bei dem Beschuss eines Schulgebäudes in der Stadt Gaza gestorben, sieben weitere bei einem Angriff auf ein Wohngebäude im Viertel Al-Saitun im Norden des Küstenstreifens. Die israelische Armee teilte mit, bei der Attacke auf das Schulgebäude sei ein ranghohes Hamas-Mitglied getötet worden. 

Auslöser des aktuellen Konflikts war der mörderische Überfall palästinensischer Terroristen auf Ortschaften und ein Popfestival im Süden Israels vor mehr als einem Jahr. Hisbollah und Hamas werden von vielen Staaten als Terrororganisationen gelistet.

sti/kle/AR (afp, dpa, rtr, kna)