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Würdigung Mandelas in aller Welt

Jeanette Seiffert7. Dezember 2013

Zeitungen rund um den Globus blicken zurück auf das Lebenswerk des früheren südafrikanischen Präsidenten. Viele Kommentatoren sehen aber sein Erbe in Gefahr - und sorgen sich um die Zukunft Südafrikas ohne Mandela.

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Ein Mann liest eine Zeitungssonderausgabe zu Ehren von Nelson Mandela (Foto: REUTERS/Mark Wessels)
Bild: Reuters/Mark Wessels

"Wir werden immer für dich spielen, Madiba!", rufen Mitglieder der "Springboks", der südafrikanischen Rugby-Nationalmannschaft, in einem Video auf der Internetseite der Johannesburger Tageszeitung "The Sowetan". In seiner südafrikanischen Heimat war und ist Mandela ein Volksheld, das zeigen schon wenige Klicks auf die wichtigsten Tageszeitungen. Dort würdigen nicht nur Staatsmänner und -frauen aus aller Welt, sondern auch südafrikanische Schauspieler, Rockstars und Künstlern den Ex-Präsidenten: Sogar die Boxlegende Muhammad Ali und der US-amerikanische Golfprofi Tiger Woods schreiben von ihren Begegnungen mit Mandela.

Ein Abschied, der für die Südafrikaner nicht überraschend kam - und der sich vielleicht gerade deshalb für viele nicht endgültig anfühlt: "Es ist, als ob dieser Moment, auf den wir uns widerwillig immer wieder vorbereitet haben, nur ein Scheinbild ist für die Trauer, die wir und ein großer Teil der Welt wieder und wieder durchleben werden", schreibt die Zeitung '"Mail&Guardian", die ebenfalls in Johannesburg erscheint. "Nelson Mandela repräsentiert so sehr das nationale Bewusstsein, er ist so sehr Teil des gemeinsamen Wortschatzes, dass wir ihn nie ganz sterben lassen können."

In einer Reihe mit Gandhi und Martin Luther King

Mandela habe mit seinem erfolgreichen Kampf gegen die Apartheid die ganze Welt inspiriert, betont die brasilianische Zeitung "Zero Hora": "Für Südafrika war Mandela ein Symbol der Einheit, und er war ein unvergleichlicher Staatsmann - aber vor allem war er ein herausragender Mensch."

Eine Einschätzung, die viele führende Zeitungen rund um den Globus teilen. Die unabhängige französische Tageszeitung "Le Monde" ist überzeugt, dass die Botschaft des ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas ihn überleben wird: "Er ist der Beweis, dass die unnachgiebige Hartnäckigkeit eines Mannes, der Gewaltlosigkeit und Versöhnung auf seine Fahnen geschrieben hat, zur Befreiung eines Volkes führen kann." Viele Kommentatoren sehen ihn als politische Ikone, die in einem Atemzug mit dem indischen Pazifisten Mahatma Gandhi und dem US-amerikanischen Bürgerrechtler Martin Luther King genannt wird. Die "Washington Post" macht allerdings einen wichtigen Unterschied: "Diese beiden waren Männer des Friedens, die sich dafür starkmachten, gewaltlos Widerstand gegen Unterdrückung und Ausbeutung zu leisten. Nelson Mandela war sicher kein gewalttätiger Mensch, aber er hatte doch das Gefühl, dass es keine Alternative gab zum bewaffneten Kampf gegen das System der Apartheid."

Illustration von Mandela und Gandhi (Foto: dpa)
Mandela und Gandhi: Helden der Gewaltfreiheit?Bild: picture-alliance/dpa

"Mandela war kein Gott"

Die englischsprachige chinesische Zeitung "Shanghai Daily" wanrt davor, sein Leben und Wirken zu verklären. Er selbst habe sich unwohl gefühlt mit der Idee, eine Symbolfigur zu sein, und sei Kritik gegenüber immer offen gewesen - an seiner Person ebenso wie an seiner Politik. "Doch vieles davon wurde durch seinen Status als unangreifbares Idol stumm geschaltet."

Mandela sei kein Gott gewesen, meint auch die ungarische Tageszeitung "Nepszabadsag": "Gigantische, übermenschliche Eigenschaften sprechen Politiker und Medien Nelson Mandela in den Nachrufen zu. Allerdings hat der erste schwarze Präsident Südafrikas den Personenkult nie gemocht." Deshalb sei es auch kein Wunder, dass aus den Südafrikanern nicht das "Regenbogenvolk" geworden ist, das Mandela sich erträumt habe. "The Times of India", die weltweit meistverkaufte englischsprachige Zeitung aus Mumbai, sieht die langfristigen Erfolge Mandelas ebenfalls kritisch: "Kriminalität, wachsende Armut und Korruptionsskandale haben die Flitterwochen in Südafrika gründlich beendet, nachdem Mandela es zur 'Regenbogennation' gemacht hat."

Südafrikaner verabschieden sich an seiner Statue von Mandela (Foto: Reuters)
Überlebensgroßes Idol? Abschied von Mandela unter seiner Statue in Washington.Bild: Reuters/James Lawler Duggan

"Er war mit allen Wassern gewaschen", so beschreibt ihn die dem Kreml nahe stehende Zeitung "Rossijskaja Gazeta" aus Moskau. "Er ging in die Geschichte ein als ein widersprüchlicher, aber prinzipientreuer Politiker."

Sorge um das Vermächtnis Mandelas

Viele Kommentatoren blicken sorgenvoll auf die Zukunft Südafrikas. Werden dort womöglich alte Spannungen zwischen Schwarzen und Weißen, Arm und Reich wieder aufbrechen, jetzt, wo der Mann tot ist, der das Land geeint und über all die Jahre zusammengehalten hat? "Südafrika muss nun lernen, ohne seinen Mentor zu leben", schreibt die Tageszeitung "El Pais" aus Spanien. "Das Land, das von Mandela Abschied nimmt, hat sich in gefährlicher Weise von den Idealen seines Ex-Präsidenten entfernt. Die hohen moralischen Ansprüche, die Mandela bei der Versöhnung von Schwarzen und Weißen gestellt hatte, sind unter den Nachfolgern verschwunden. Südafrika ist zu einem Pulverfass geworden, dessen Zukunft ungewiss ist."

Mandelas Partei ANC mit seinen internen Kämpfen und der Korruption - da sind sich zahlreiche Kommentatoren einig -unterscheide sich nur noch wenig von den Regierungsparteien anderer afrikanischer Staaten. Mandela habe keine glückliche Hand bei der Wahl seiner Nachfolger gehabt, und deshalb sei das Erbe des Friedensnobelpreisträgers in Gefahr, so sieht es die "Aftenposten" aus der norwegischen Hauptstadt Oslo: "Mbeki musste seine zweite Amtszeit vorzeitig beenden, und der amtierende Staatschef Zuma genießt nur wenig moralische Autorität. Es gibt niemanden in Südafrika, der das Vakuum nach Mandela füllen könnte, und darum mischt sich in die Trauer über seinen Tod jetzt auch Unruhe."

Mutter und Kind im Township von Johannesburg (Foto: dpa)
Keine Verbesserung für die Armen? Mutter und Kind im Township von JohannesburgBild: picture-alliance/dpa

Zu große Fußstapfen?

Die südafrikanische Zeitung "The Herald" ist sich bewusst, dass das eigene Land vor großen Herausforderungen steht: "Wir Südafrikaner wissen, dass der Weg zur Freiheit noch weit ist, für die Nelson Mandela alles gegeben hat. Korruption, Missmanagement, dysfunktionale Schulen, die schlechte Gesundheitsversorgung in abgelegenen Gebieten, politische Versprechen, die nicht eingehalten werden, die Gewalt - das alles zeigt uns, dass es unbedingt nötig ist, unabhängig von Hautfarbe, Glaube oder Lebenswandel in Mandelas gigantische Fußstapfen zu treten."