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Dialog?

27. Juni 2009

Zwei Wochen nach Beginn der Massenproteste im Iran hat der mächtige Wächterrat eine Sonderkommission zur Lösung des Konflikts angekündigt. Dialogangebot oder eine Beschwichtigungsmaßnahme?

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Ahmadinedschad und seine Anghänger, Foto: ap
Nach wie vor hat Ahmadinedschad viele UnterstützerBild: AP

Der iranische Wächterrat hat Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi einen Lösungsvorschlag zur Beilegung des Konflikts wegen der umstrittenen Präsidentenwahlen vom 12. Juni gemacht. Der Sprecher des mächtigen Gremiums, Abbas Ali Kadkhodaei, sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur ISNA vom Samstag (27.06.2009), um das Vertrauen Mussawis zu gewinnen, solle es eine Sonderkommission zum Wahlergebnis geben.

Der als Hardliner bekannte und Vertraute Ahmadinedschads, Ajatollah Mohammed Chatami, Foto: ap
Fordert die Todesstrafe für die festgenommenen Demonstranten: Ajatollah ChatamiBild: AP

Die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad ist heftig umstritten und hatte zu blutig niedergeschlagenen Demonstrationen geführt. Der Wächterrat rief Mussawi und den anderen unterlegenen Kandidaten Mehdi Karrubi, die die Ergebnisse anzweifeln, auf, ihre Vertreter für das Komitee innerhalb von 24 Stunden zu benennen. Mussawi hatte zuvor ein unabhängiges Gremium zur Überprüfung der Wahlergebnisse gefordert. Der oberste Führer Ajatollah Ali Chamenei hatte dagegen erklärt, dass laut Gesetz und Verfassung nur der Wächterrat zuständig sei. Mussawi und andere Oppositionsgruppen argumentieren, dass der Wächterrat weder qualifiziert noch hinreichend unparteiisch sei, um die Wahlergebnisse zu überprüfen, da die meisten seiner zwölf Mitglieder Unterstützer von Ahmadinedschad seien.

Beschwichtigungsmaßnahme?

Kadkhodaei sagte, dass der Wächterrat jedoch einverstanden sei, dass zehn Prozent der Stimmzettel in Anwesenheit aller Mitglieder des Gremiums ausgezählt würden. Dieses Angebot sei eine Neuheit in der Geschichte der Islamischen Republik. Der Wächterrat habe bisher niemals eine Einmischung von außen zugelassen. Beobachter gehen davon aus, dass der im Iran weit verbreitete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wiederwahl Ahmadinedschads einer der Gründe für den Schritt ist. Auch im Parlament, das die neue Regierung des Präsidenten im kommenden Monat bestätigen muss, gebe es offenkundig Zweifel.

Neda Agha-Soltan, Foto: ap
Neda Agha-Soltan wurde zum Symbol der iranischen ProtestbewegungBild: AP

Kadkhodaei hatte hingegen am Freitag betont, dass es keine größeren Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen gegeben habe. Es bleibe abzuwarten, ob Mussawi die Mitglieder der Sonderkommission akzeptieren wird, hieß es. Zu den Mitgliedern des Gremiums zählt der frühere Außenminister Ali-Akhbar Velajati, der Chamenei berät, sowie der frühere Parlamentspräsident Gholam-Hussein Hadad-Adel, der ein Unterstützer von Ahmadinedschad ist und Mussawi in den vergangenen Tagen kritisiert hat.

Todesstrafe für die Demonstranten

Der als Hardliner bekannte und Vertraute Ahmadinedschads, Ajatollah Mohammed Chatami, hatte beim Freitagsgebet scharfe Töne angeschlagen: "Ich rufe die Justiz zu einer deutlichen Konfrontation mit den Anführern dieser illegalen Demonstrationen auf und verlange die Todesstrafe für sie ohne jede Gnade", sagte er. Zugleich griff er westliche Länder wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien an und warf ihnen Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Iran vor. Er reagierte auch auf Berichte über den Tod von Neda Agha-Soltan, die durch eine Videosequenz zu einem Symbol der iranischen Protestbewegung geworden war. Die Frau sei bewusst von Demonstranten erschossen worden, um Propaganda gegen das Regime machen zu können. "Sie wurde getötet, damit jemand wie Obama Krokodilstränen vergießen kann", sagte der Ajatollah, der auch Mitglied des einflussreichen Expertenrates ist.

Merkel und Obama vor der iranischen Flagge, Foto: ap/dw
Verurteilten die Gewalt: Obama und MerkelBild: AP Graphics/DW

US-Präsident Barack Obama und Kanzlerin Angela Merkel verurteilten unterdessen bei ihrem ersten Treffen im Weißen Haus am Freitagabend die Gewalt im Iran. Obama wies die Forderung Ahmadinedschads nach einer Entschuldigung für die angebliche Einmischung der USA in innere Angelegenheiten seines Landes zurück. Auch die Außenminister der G8 äußerten sich im italienischen Triest "besorgt" über die tödliche Gewalt im Iran und appellierten an die Führung, nach einer friedlichen Lösung der Krise zu suchen. Auf Druck Russlands wurde in diesem Zusammenhang die "volle Achtung der iranischen Souveränität" betont.

Das Außenministerium in Teheran bestellte am Freitagabend den schwedischen Botschafter ein und übergab ihm eine Protestnote. Darin werden Proteste von Exil-Iranern in der schwedischen Hauptstadt Stockholm als "terroristische Angriffe durch konterrevolutionäre Elemente" verurteilt, meldete die staatliche Nachrichtenagentur IRNA am Samstag. Exil-Iraner hatten am Freitag die Botschaft ihres Heimatlandes in Stockholm gestürmt und sich Schlägereien mit dem Personal geliefert. Nach Angaben der schwedischen Polizei wurden bei der Räumung der Botschaft zwei Beteiligte festgenommen. (ina/mas/dpa/afp)