VW: Vorschusslorbeeren für neuen Aufseher
3. September 2015An der Spitze des VW-Aufsichtsrates soll auch in Zukunft ein Österreicher stehen. Der bisherige VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch soll im November Ferdinand Piëch an der Spitze des Aufsichtsrats von Europas größtem Autobauer beerben. Das teilten die Porsche-Holding Porsche SE und die Volkswagen AG am Donnerstag in Stuttgart und Wolfsburg mit.
"Präsidium und Nominierungsausschuss des Aufsichtsrats der Volkswagen AG unterstützen den Vorschlag, Herrn Hans Dieter Pötsch in den Aufsichtsrat der Volkswagen AG und zu seinem neuen Vorsitzenden zu wählen", hieß es bei Volkswagen.
Der Manager soll im November auf einer außerordentlichen Hauptversammlung zunächst in den Aufsichtsrat gewählt werden. Das Kontrollgremium will anschließend Pötsch zum neuen Vorsitzenden bestimmen. "Es wird angestrebt, Hans Dieter Pötsch zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Volkswagen AG zu wählen", ergänzte die Porsche-Dachgesellschaft.
Ende des Machtkampfes
Nach der Führungskrise bei VW deutet sich mit der geplanten Berufung von Pötsch ein Friedensschluss der Eigentümer an. Die Familie Porsche und der im Streit ausgeschiedene VW-Patriarch Ferdinand Piëch hatten sich am Donnerstag darauf geeinigt, den 64-Jährigen auf einer außerordentlichen Aktionärsversammlung von VW im November zur Wahl vorzuschlagen.
Damit endet der im Frühjahr ausgebrochene Machtkampf bei Europas größtem Autokonzern, den die Porsche SE als Mehrheitsaktionärin kontrolliert. Unklar ist, ob Konzernchef Martin Winterkorn noch Ambitionen hat, Piëch nach einer Übergangszeit unter Pötsch an der Spitze des Aufsichtsrats zu beerben. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass sein Vertrag als Vorstandsvorsitzender bis 2018 verlängert werden soll.
Breite Unterstützung
Hans Dieter Pötsch wird von seinem Umfeld als ruhiger, kontrollierter und zurückhaltender Charakter mit Teamgeist beschrieben. "Herr Pötsch zeichnet sich durch strategische Weitsicht, tiefe Kenntnisse der Automobilindustrie und große Expertise an den Finanzmärkten aus", erklärte der Vize-Vorsitzende des Aufsichtsrates, Berthold Huber.
Der 64-jährige Pötsch gilt als einer der Architekten der vollständigen Übernahme von Porsche durch den VW-Konzern am 1. August 2012. Er ist zugleich Finanzvorstand der Porsche SE und soll dies auch künftig bleiben.
"Hans Dieter Pötsch verfügt über eine herausragende Expertise in der Automobilwirtschaft und kennt den VW-Konzern in allen Details", sagte Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Kontrolleur Stephan Weil (SPD). Pötsch böte "überdies Gewähr für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat".
Auch VW-Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh kündigte Pötsch für dessen Wahl bei der Hauptversammlung im November die Rückendeckung der Arbeitnehmerseite an: "Wir sehen Herrn Pötsch als richtige Wahl für die Spitze des Aufsichtsrates. Er genießt bei den Arbeitnehmervertretern wie bei den Kapitalvertretern hohes Ansehen", sagte Osterloh. Pötsch verfüge über strategischen Weitblick und Kenntnis der Finanzmärkte, habe zugleich aber auch einen Hintergrund als Wirtschaftsingenieur.
Nur wenig Vorbehalte
Die Personalie stößt aber nicht nur auf Zustimmung: "Wir schätzen Herrn Pötsch als Finanzvorstand sehr, aber wir sind gegen seinen direkten Wechsel an die Spitze des Aufsichtsrates", sagte Ingo Speich, Fondsmanager bei Union Investment. Ein Aufsichtsratsvorsitzender brauche eine kritische Distanz, um Dinge zu hinterfragen.
Audi-Chef Rupert Stadler gehört nach dpa-Informationen zum Kreis der Kandidaten als Nachfolger von Pötsch als VW-Finanzchef. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, es gebe mehrere Kandidaten, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Konzernkreisen.
dk/se (dpa/afp/rtr)