VW plant neues Werk für Tesla-Jagd
10. November 2021Für sein grundlegend neues Elektromodell namens Trinity will Volkswagen in der Nähe des Stammsitzes in Wolfsburg ein separates Werk errichten. Das Auto soll 2026 auf den Markt kommen. Das Vorhaben gilt als einer der entscheidenden Punkte in der Investitionsstrategie für die kommenden fünf Jahre. Der Aufsichtsrat muss der neuen Produktionsstätte noch zustimmen. Die endgültige Entscheidung fällt möglicherweise bis zum 9. Dezember - an diesem Tag soll die mittelfristige VW-Investitionsplanung abgeschlossen werden.
VW-Markenchef Ralf Brandstätter sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, auf dem Wolfsburger Werksgelände gebe es keine großen ungenutzten Flächen. Trinity werde ein Auto neuen Typs mit wenigen Varianten und einer schlanken Produktion. "Die nötigen Umbaumaßnahmen könnten wir in der vorhandenen Struktur bei laufendem Betrieb nur mit kostenintensiven Maßnahmen realisieren. Deshalb halten wir eine neue Fabrik im Umland für die beste, weil wirtschaftlichste Lösung", erläuterte der VW-Manager. Die Errichtung der Produktionsstätte könnte nach Schätzungen aus Konzernkreisen mindestens einige hundert Millionen Euro kosten. Man brauche eine Fläche von vier Quadratkilometern, das werde sich "finden lassen", sagte Brandstätter der Süddeutschen Zeitung.
Verbrenner bleiben im alten Werk
Das bestehende VW-Werk, dessen Grundstein vor mehr als 80 Jahren vom damals herrschenden nationalsozialistischen Regime gelegt wurde, soll von den Plänen zunächst unberührt bleiben. Dort soll die Produktion von Autos mit Verbrennungsmotoren weiterlaufen. In den nächsten Jahren sollen die Produktionslinien perspektivisch von vier auf zwei verdichtet werden, wie VW mitteilte. Durch die freiwerdenden Flächen solle dort die Möglichkeit geschaffen werden, eine weitere Produktion nach dem Vorbild der neuen Fabrik einzurichten.
Der VW-Betriebsrat hatte zuletzt kritisiert, dass Konzernchef Herbert Diess keine hinreichende Strategie für eine stärkere Auslastung Wolfsburgs habe - zumal in der anhaltenden Chip-Lieferkrise, die Zehntausende Menschen teils über Monate in Kurzarbeit hält. Zudem forderte die Belegschaftsvertretung mindestens ein weiteres E-Modell für die Zentrale ab etwa 2024. Diese Frage sei noch nicht entschieden, sagte Brandstätter dem RND. "Darüber reden wir gerade, aber klar ist: es muss wirtschaftlich Sinn ergeben."
Völlig neue Modellreihe - mit eigener Software für autonomes Fahren
Bei Trinity handelt es sich um ein komplett neu konzipiertes Fahrzeugsystem, in dem dann die modernsten E-Antriebe sowie weitgehend selbst programmierte Software, eigene Vernetzung und Technologien des autonomen Fahrens von VW zum Einsatz kommen sollen. Dazu verwendet die Hauptmarke eine weiterentwickelte Plattform namens SSP, auf die auch Töchter zugreifen können.
Auf dieser technischen Basis sollen insgesamt mehr als 40 Millionen Wagen entstehen. Mit dem Projekt will sich Volkswagen ähnliche Bedingungen schaffen wie sie der US-Elektroautobauer Tesla in Grünheide bei Berlin hat, wo auf der grünen Wiese derzeit eine neue Fabrik entsteht. Wenn die Behörden grünes Licht geben, sollen dort noch in diesem Jahr die ersten E-Autos vom Band rollen. Tesla braucht in Grünheide nur zehn bis zwölf Stunden pro Auto, VW in seinem umgebauten Werk für E-Autos in Zwickau die dreifache Zeit. Mit dem neuen Werk will VW die Tesla-Werte ebenfalls erreichen.
Ein ähnliches Projekt wie Trinity hat die Konzerntochter Audi unter dem Namen Artemis für drei E-Modelle der Marken Audi, Porsche und Bentley aufgesetzt. Die Entscheidungen über die Produktionsstandorte wird Volkswagen vermutlich im Rahmen der Investitionsplanung für die kommenden fünf Jahre ebenfalls Anfang Dezember bekanntgeben.
tko/ hb (rtr, dpa)