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Vorwurf der Wahlfälschung sorgt in Kasachstan für Aufsehen

21. Oktober 2004

- Vorsitzender des Unterhauses des kasachischen Parlaments legt alle Ämter nieder

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Bonn, 20.10.2004, DW-RADIO / Russisch

Die jüngsten Erklärungen des jetzt schon ehemaligen Vorsitzenden des Unterhauses des kasachischen Parlaments, Scharmachan Tujakbaj, haben in Kasachstan für Aufsehen gesorgt. Dieser hatte vor wenigen Tagen die in Kasachstan durchgeführten Parlamentswahlen scharf kritisiert. Außerdem verließ er das Parlament und trat aus der Regierungspartei "Otan" aus. Am Dienstag reagierte darauf die Parteiführung. Gleich zwei stellvertretende Vorsitzende dieser Partei nahmen Stellung zum Vorgehen ihres ehemaligen Parteigenossen.

Seit zwei Wochen ist nun die Erklärung des Vorsitzenden des Unterhauses des kasachischen Parlaments, Scharmachan Tujakbaj, Hauptthema in allen kasachischen Medien. Praktisch stündlich melden die Nachrichtenagenturen neue Reaktionen von Politikern und Personen des öffentlichen Lebens. Die Presse konzentriert sich aber derzeit auf Äußerungen der Führung der Partei "Otan", denn die zwei Stellvertreter des Parteivorsitzenden Nursultan Nasarbajew, Amangeldy Ermegijajew und Aleksandr Pawlow, sagten, man solle Scharmachan Tujakbajs Rückzug aus der Regierungspartei nicht dramatisieren. Sie betonten, sie würden seinen Schritt bedauern und davon ausgehen, dass ein konstruktiver Dialog mit ihrem ehemaligen Weggefährten möglich sei. Gleichzeitig stimmten die Führer der Partei "Otan" der Bewertung des ehemaligen Vorsitzenden des Unterhauses des kasachischen Parlaments teilweise zu, wonach bei den Parlamentswahlen am 19. September gewisse führende Vertreter der Exekutive, ohne über ausreichend Professionalität sowie moralische und ethische Stärke zu verfügen, bei den Wahlen im eigenen Interesse Fälschungen zugelassen hätten, mit dem Ziel, ihre "Sitze" zu behalten. Amangeldy Ermegijajew unterstrich aber, dass es keinen Grund gebe, zu behaupten, dass die Wahlen 2004 in Kasachstan eine Farce waren. Zu den Gerüchten, wonach innerhalb der Partei "Otan" eine Spaltung begonnen habe, sagten Amangeldy Ermegijajew und Aleksandr Pawlow, dass dies absolut falsch sei. Sie teilten ferner mit, dass am 29. Oktober eine Sondersitzung der Parteispitze stattfinden werde, auf der Scharmachan Tujakbajs Parteiaustritt erörtert werden solle.

Unterdessen sagte der unabhängige Politologe Dosym Satpajew der Deutschen Welle, die Erklärungen der Führer der Partei "Otan" seien voller Fassungslosigkeit. Nach Ansicht des Leiters der Gruppe für Risikobewertung, kann weder Amangeldy Ermegijajew, noch Aleksandr Pawlow, noch ein anderes Mitglied der Parteispitze eine klare Antwort auf Scharmachan Tujakbajs Vorgehen geben. Solange Präsident Nursultan Nasarbajew schweige, könne in Wirklichkeit kein führendes Mitglied der Partei "Otan" die Erklärungen des dritten Mannes im Staat weder verurteilen noch unterstützen, so Dosym Satpajew. Das alles zeige deren Hilflosigkeit. Der kasachische Politikwissenschaftler glaubt nicht daran, dass Scharmachan Tujakbajs Erklärungen aufrichtig sind. Er geht davon aus, dass es sich hier wiederum nur um einen banalen Streit innerhalb der politischen Elite Kasachstans handelt. Deswegen solle man nicht von einem plötzlichen Sinneswandel bei Scharmachan Tujakbaj sprechen, meint Dosym Satpajew. Auch der italienische Experte Fabricio Vielmini bezeichnete die jüngsten Erklärungen des Vorsitzenden des Unterhauses des kasachischen Parlaments als Sturm im Wasserglas. Es werde etwas Lärm und dann wieder Ruhe geben, sagte er der Deutschen Welle. Nach Ansicht von Fabricio Vielmini hält Präsident Nursultan Nasarbajew auch weiterhin alle Strippen des politischen Spiels fest in seiner Hand. (MO)