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Von der Marketing-Fachfrau zur Yogalehrerin

Agnes Bührig3. Februar 2009

Als Berufstätige erfolgreich sein und sich gleichzeitig liebevoll um ihren Sohn kümmern – diesen Stress konnte die Schwedin Viveka Blom nur mit Hilfe von Pillen bewältigen. Bis ihr Körper irgendwann „Stopp“ sagte.

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Frauen während Yoga im Iran
Weltweit wird Yoga zur Entspannung oder als Sport immer beliebterBild: DW

Ein kleines helles Yogastudio in der Innenstadt von Stockholm: Meditative Musik läuft, das Licht ist gedämpft. Das Studio gehört Viveka Blom Nygren - Yoga hat sie vor sieben Jahren gerettet, als es ihr richtig schlecht ging: „ Ich habe damals vielleicht 60 oder 70 Stunden in der Woche gearbeitet“, sagt die 42-Jährige.

70 Stunden Arbeit pro Woche

Damals - das war im Jahr 2000 auf dem Höhepunkt des Internethypes: Viveka musste frühmorgens im Büro sein und unzählige Meetings und Telefonkonferenzen hinter sich bringen. Dazwischen musste sie die Betreuung für ihren zehnjährigen Sohn organisieren.

Keine Frage: Der Job machte ihr Spaß, sie lebte für ihn - und merkte nicht, wie er sie nach und nach aushöhlte. „Ich hatte jeden zweiten Monat eine Nebenhöhlenentzündung, die Schmerztabletten lagen ständig griffbereit in der Handtasche“, erzählt sie. Ihr Körper habe rebelliert und sie habe kurz vor dem Kollaps gestanden.

Gestresste Frau am Arbeitsplatz (dpa)
Arbeiten bis zum Umfallen: Viele merken es erst, wenn es zu spät istBild: PA/dpa

Die Rettung: das Leben umkrempeln

Dann brachten sie gute Freunde darauf, es zur Entspannung einmal mit Yoga zu versuchen. „Ich habe mein Leben radikal verändert. Ich bin der gleiche Mensch, aber meine Art zu leben ist total anders“, erzählt Viveka. Sie habe kaum noch Schmerztabletten genommen, seit sie mit Yoga angefangen habe. „Die letzten acht Jahre habe ich unglaublich runtergeschaltet.“

Inzwischen ist der lange weiße Yogasaal mit zwei Dutzend Frauen gefüllt. Viveka demonstriert den Schulterstand für ihre Schülerinnen. Sie ist auf ihren Körper fokussiert; Themen wie Verwaltung und Finanzierung, die auch zu ihrem Job gehören, sind weit weg.

Weniger ist mehr

Am Anfang war das eine große Umstellung für sie. Die Selbstständigkeit erfordere Selbstvertrauen und Anpassungsvermögen, sagt sie. „Auch, wenn ich heute weniger Einkommen habe als früher, funktioniert das gut. Man muss sich nicht zehn Paar Schuhe kaufen und nicht mehrere Jacken und Taschen haben. Es geht auch mit weniger Sachen.“

Vivekas Tagesablauf hat sich komplett geändert: Statt morgens zum Büro zu hetzen, nimmt sie sich jetzt jeden Morgen Zeit, in ihren Körper reinzuhören. Sie steht um fünf Uhr auf und meditiert eine Dreiviertelstunde. Auch ihre Essgewohnheiten hat sie umgestellt, die Kontakte mit Freunden reduziert.

Frau entspannt auf einer Bank am See (2000 BilderBox - Erwin Wodicka)
Ruhephasen als Ausgleich im Alltag sind wichtigBild: Bilderbox

Unternehmerin bleibt Unternehmerin

Die Reaktionen bei Kollegen und Freunden waren überwiegend positiv. Ihre Freundin Rosita Wilson, sagt, Viveka sei ruhiger und harmonischer geworden. „Sie hört mehr auf sich selbst, ihren Körper, ihre Bedürfnisse, früher hat sie sehr viel gearbeitet. Das macht sie jetzt zwar auch, aber sie sieht auch zu, dass sie Zeit hat, sich zu entspannen“, erzählt sie.

Inzwischen führt Viveka Blom Nygren zwei Yogastudios und muss aufpassen, dass es nicht wieder zu viel wird. Als nächstes möchte sie die verschiedenen Anteile des Yogas wie Ernährung, Bewegung und Philosophie in ein Ganzes gießen und hat sich schon nach einem Anwesen umgesehen, wo sie Kurse mit Übernachtung anbieten könnte. Auch das kann in Stress ausarten - doch anders als früher weiß sie heute sehr genau, wann es zu viel wird. Das verdankt sie dem Yoga.