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Vom Wein, Zoll und Banderolen

Darius Cierpialkowski4. Juli 2006

Leere Weinregale in Russlands Supermärkten. Wie zu Sowjetzeiten zieren vereinzelte Sektflaschen, Branntweine und Schokolade russischer Herkunft die Verkaufsflächen.

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Bilder wie zu Zeiten der Prohibition in den USA. Mitten im Wodka-Land Russland, gähnende Leere in Spirituosenläden. Importierter Wein, Cognac oder Likör sind zu seltenen Sammlerobjekten geworden. Nur einheimischen Wodka und Bier kann der durstige Kunde ohne Probleme kaufen. Nichtalkoholischer Wein aus Deutschland ist ebenfalls im Angebot.

Alkohol-Krise

Die grassierende Alkohol-Krise ist hausgemacht. Auf Anordnung des Staates mussten alle Spirituosenhändler ihre Lager an Importware restlos räumen. Mit einem Beschluss zum "Markieren von Alkoholprodukten" kämpft die russische Regierung gegen gepanschten Wein und Cognac. Alle importierten Alkoholflaschen sollen mit neuen fälschungssicheren Steuerbanderolen versehen werden. Die bisherigen verloren am 1. Juli ihre Gültigkeit. Flaschen mit altem Zollaufkleber gelten als illegal.

Ein absurdes Theater. Denn der russische Zoll verfügt nicht über ausreichend neue Steuerbanderolen. Ganze fünf Prozent der Lagerbestände wurden bisher mit neuen Markierungen beklebt. Bis zu 200 Millionen Flaschen im Wert von 300 Millionen Dollar, warten noch darauf in den Verkauf zu kommen. So lange gucken die russischen Wein- und Cognacgenießer in leere Gläser.

Auf dem Trockenen

Aber auch die Spirituosenhändler sitzen auf dem Trockenen. Es wird Monate dauern, bis Millionen Wein-, Rum- und Whiskyflaschen wieder in den Regalen stehen. Für viele Importeure und Spirituosenläden der sichere Ruin. Vor dem Stichdatum, 1. Juli verschleuderten die meisten ihre Lagerbestände mit bis zu 70 Prozent Rabatt.

Dabei verkauften sich Chianti, Burgunder und Riesling immer besser in Russland. Viele heimische Anhänger kräftiger Wässerchen schwenkten zunehmend um auf den Rebensaft um. Experten vermuten, dass sich der Trend nach dem "Banderolen-Skandal" umkehrt. Denn die Preise für importierte Alkoholsorten könnten als Folge um 20 bis 30 Prozent steigen. Die russische Wodka- und Bierindustrie wird sicherlich nichts dagegen haben.