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Volle Flüchtlingslager, lange Asylverfahren

15. Dezember 2011

Jeden Tag streben Menschen auf der Suche nach einer besseren Zukunft nach Europa. Doch jenseits der Grenze wartet nicht das Paradies. Ein neues EU-Büro soll den Ländern an Europas Peripherie helfen.

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Illegale Einwanderer in einem Flüchlingslager in der Region von Evros an der griechisch-türkischen Grenze (Foto: dpa)
Im Zentrum der Kritik: Flüchtlingslager in GriechenlandBild: picture alliance / dpa

Durch kleine Fenster und Oberlichter blicken verzweifelte Menschen, zusammengezwängt auf engstem Raum: In den überfüllten Flüchtlingslagern an der griechisch-türkischen Grenze herrschen katastrophale hygienische Zustände. Es gibt kein warmes Wasser, keine Heizung, keine getrennte Räume für Männer und Frauen. Die schleppenden und selten erfolgreichen Asylverfahren machen die Flüchtlinge mürbe.

Hilfsorganisationen haben wiederholt auf die Lage hingewiesen, auch die EU wurde aufmerksam. Nun stellt sich auch die griechische Regierung dem Problem. Auf einer Konferenz der Europäischen Rechtsakademie (ERA) zum EU-Migrationsrecht zählt Loukía Kotróni vom Athener Außenministerium die Missstände auf: Man sei mit der Bearbeitung vieler Fälle im Rückstand gewesen. Es habe Personalmangel an vielen Stellen gegeben. "Es gab ein Riesen-Problem mit den Flüchtlingslagern, denn wir hatten nicht genügend Plätze. Und wenn man Menschen nicht festhält, verschwinden sie und man kann sie nicht zurückführen."

Massive Migration - mangelhaftes Asylsystem

Podium der Konferenz der Europäischen Rechtsakademie (ERA) zum Thema EU Migrationsrecht in Dublin (v.l.n.r.: Flip Schüller (Rechtsanwalt, Amsterdam, hier verdeckt), Loukia Kotroni (Außenministerium Athen), Eamonn Cahill (Richter, Irland), John Stanley (Anwalt, Irland), Karen Whiting (UNCHR, Brüssel), Kilian O´Brian (ERA Trier) (Foto: Grathwohl, DW)
Gegenstand heftiger Debatten: die EU-AsylpolitikBild: DW

Seit etwa 20 Jahren kommen verstärkt Flüchtlingsströme nach Griechenland. Viele Menschen wollen in ein anderes EU-Land weiterreisen, andere kommen, um dauerhaft zu bleiben. Doch das Asylsystem wurde den neuen Gegebenheiten nicht angepasst. Erst im Jahr 2010 hat die griechische Regierung einen Aktionsplan ins Leben gerufen, erklärt Loukía Kotroni. Darin ginge es um die Reform des Asylverfahrens und darum, eine neue Asylbehörde zu schaffen. Die Lager sollen verbessert und ausgeweitet werden, ebenso wie die Leistungen, die man den Asylsuchenden und anderen Menschen bietet. Und es gehe um die Einführung einer ausgeweiteten Rückführungs-Politik, berichtet Loukía Kotróni.

Unterstützt wird Griechenland vom European Asylum Support Office, kurz EASO. Dieses Büro mit Sitz in Malta soll die praktische Zusammenarbeit der EU-Staaten in Asylfragen stärken und die Staaten unterstützen, deren Asyl- und Aufnahme-System überlastet ist. Claus Folden von EASO ist zuständig für die Asyl-Unterstützungs-Teams, die auf Anfrage in die betroffenen EU-Staaten geschickt werden. Bis heute hat Folden 13 Unterstützungsteams nach Griechenland geschickt. Auch deshalb sieht er Erfolge in der griechischen Asylpolitik. "Um ein konkretes Beispiel zu nennen: In der zweiten Instanz gab es früher nur ein paar Beschwerdekommissionen. Jetzt gibt es bereits zehn. Und Anfang kommenden Jahres werden es 20 sein. Und das wurde zum Beispiel von Richtern aus Österreich unterstützt", so Claus Folden.

EASO als Motor für die gemeinsame europäische Asylpolitk

Einwanderer auf der italienischen Insel Lampedusa warten auf eine Fähre (Foto: EPA/FRANCESCO TERRACINA)
Die Länder Südeuropas sind das erste Ziel vieler FlüchtlingeBild: AP

EASO soll bei der Einführung des gemeinsamen europäischen Asylsystems helfen. Dazu sammelt das Büro Informationen über die Asylverfahren in den EU-Staaten und unterstützt den Austausch von Best-Practice-Erfahrungen. Es sammelt auch Daten über die Ursprungsländer, aus denen Flüchtlinge kommen, um zu prüfen, ob eine Rückführung möglich wäre. In einem Jahresbericht soll EASO die europäische Asylsituation zusammenfassen, aber auch Handbücher und Richtlinien herausgeben, die helfen sollen, europäische Asyl-Instrumente zu etablieren. Das Büro analysiert den Umgang mit Notfällen und die Ankünfte großer Gruppen von Asylbewerbern. Denn die Bilder überfüllter Flüchtlingslager kennt man nicht nur aus dem nordostgriechischen Evros-Gebiet, sondern auch aus Italien, Malta und anderen Regionen Südeuropas. Für Claus Folden von EASO ist klar: Ein gemeinsames europäisches Asylsystem braucht sowohl die entsprechender Gesetzgebung als auch die praktische Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten.

Griechenland hat auch dank EASO Fortschritte gemacht, sagt Loukía Kotróni. Neben dem Beschwerdeverfahren habe man die Lagerbedingungen und das Rückführungsverfahren verbessert. Trotzdem müsse noch viel getan werden, so Kotróni. "Denn es kommen 300 bis 400 Menschen pro Tag in der Region an. Es ist ein Fortschritt in bestimmten Gebieten. Jeden Tag muss etwas anderes erledigt werden."

EASO soll künftig auch die Möglichkeit haben, außerhalb der EU tätig zu werden, erklärt Claus Folden: "Wir könnten nordafrikanischen Staaten helfen, ihr Asylsystem zu entwickeln und den Schutzlevel zu erhöhen, indem wir wieder die Expertise der Mitgliedsstaaten nutzen."

Falsche Reihenfolge?

Maria Jesus Herrera von der IOM auf dem Podium der Konferenz der Europäischen Rechtsakademie (ERA) zum Thema EU Migrationsrecht in Dublin (Foto: DW/Grathwohl)
María Jesús Herrera (IOM) fordert eine gemeinsame europäische MigrationspolitikBild: DW

EASO wird aber auch mit anderen Organisationen kooperieren, unter anderem mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Für das Madrider Büro der IOM arbeitet María Jesús Herrera. Sie gibt bei der Etablierung von EASO zu bedenken, dass die EU auf der Ebene der Migrationspolitik ihre Hausaufgaben noch machen muss: In den nächsten Jahren müsse man erst einmal eine gemeinsame Einwanderungs- und Asylpolitik einführen. "Wir stellen also fest, dass das Büro, das unter anderem dafür zuständig ist, die gemeinsame Asylpolitik umzusetzen, geschaffen wurde, bevor das Asylsystem selbst eingeführt wurde."

Autor: Daphne Grathwohl
Redaktion: Zoran Arbutina