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Wer sind die Kurden?

Marina Strauß28. Juli 2015

In der Türkei gelten sie als Staatsfeind, im Norden Syriens als bedeutender Partner im Kampf gegen den "Islamischen Staat": Die Kurden. Wie ist die verfolgte Volksgruppe politisch organisiert? Ein Überblick.

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Eine kurdische Frau an der türkisch-syrischen Grenze (Foto: AFP)
Bild: Getty Images/AFP/B. Kilic

Sie haben weder einen eigenen Staat noch ein gemeinsames politisches Sprachrohr: Die Kurden. Das Siedlungsgebiet der Volksgruppe, der rund 30 bis 40 Millionen Menschen angehören, erstreckt sich über vier Länder: Irak, Iran, Syrien und die Türkei. Seit dem Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS), spielen die Kurden nicht nur aufgrund ihrer militärischen Erfolge im Norden Syriens international eine zunehmend wichtigere Rolle. Auch ihr Streben nach Autonomie rückt wieder in den Vordergrund. Ihre politische Organisation ist je nach Region unterschiedlich.

PKK
Etwa die Hälfte aller Kurden lebt in der Türkei. Die Regierung hatte das Volk Jahrzehnte lang unterdrückt. Anfang der 1970er Jahre sammelte sich eine Gruppe linksgerichteter Aktivisten um den Kurden-Anführer Abdullah Öcalan. Aus dieser Vereinigung ging 1978 die kurdische Arbeiterpartei PKK hervor.

Bei ihrer Gründung lehnte die PKK sich an marxistisch-leninistische Traditionen an. 1984 griff die Organisation zum ersten Mal türkische Militäreinrichtungen an. Seitdem kämpft die PKK für einen kurdischen Staat oder ein Autonomiegebiet. Laut Schätzungen sind in dem türkisch-kurdischen Konflikt seit 1984 etwa 40.000 Menschen ums Leben gekommen.

1999 wurde der Vorsitzende Abdullah Öcalan in der Türkei zu lebenslanger Haft verurteilt. Ende 2012 begann die türkische Regierung mit dem inhaftierten Kurdenführer Öcalan zu verhandeln. Lange sah es so aus, als stehe ein Friedensabkommen mit der PKK bevor.

PKK-Kämpfer in den Kandil-Bergen im Nordirak (Foto: DPA)
Frauen und Männer der kurdischen PKK-Miliz in den Kandil-Bergen im NordirakBild: picture-alliance/dpa/Y. Renoult

Aufgrund der aktuellen Eskalation im türkisch-syrischen Grenzgebiet, brach Ankara den ausgehandelten Waffenstillstand. Am 28. Juli 2015 erklärte Präsident Recep Tayyip Erdogan den Friedensprozess mit der PKK für beendet.

HDP
Anders als die PKK sieht die HDP sich nicht ausschließlich als kurdische Partei, sondern als "Demokratische Partei der Völker", so der Name der HDP auf Deutsch. Die Partei gibt es erst seit 2012, als sich bis dato konkurrierende kurdische Organisationen zur HDP zusammenschlossen.

Zu den wichtigsten Gründungsmitgliedern der HDP gehört die BDP. Diese prokurdische Partei spielte bei den Verhandlungen zwischen der PKK und der Regierung in Ankara eine wichtige Rolle. So engagierte sie sich einerseits für eine Lösung des Konflikts, wurde aber auch verdächtigt, der parlamentarische Arm der PKK zu sein.

Die jetzige HDP ist unter anderem ein Sammelbecken für Anhänger des PKK-Gründers Öcalan, für kurdischen Nationalisten, Feministinnen, Demokraten und Sozialisten. Dermaßen vereint gelang der HDP bei der türkischen Parlamentswahl im Juni 2015 der Sprung über die Zehn-Prozent-Hürde.

PYD und YPG
In Syrien machen die Kurden mehr als zehn Prozent der Bevölkerung aus - gemessen an der Einwohnerzahl vor Beginn des Bürgerkrieges 2011. Seitdem konnten syrische Kurden überraschend militärische Erfolge vorweisen und drei selbstverwaltete Kantone gründen.

Die Partei der Demokratischen Union (PYD) ist die mächtigste politische Kraft unter den syrischen Kurdengruppierungen. Sie entstand 2003 auf Wunsch der türkischen PKK als deren Schwesterorganisation in Syrien und ist säkular ausgerichtet.


Die PYD verfügt zudem über einen bewaffneten Arm: die Volksverteidigungseinheiten, kurz YPG. Die YPG-Miliz ist eng mit der PKK verbunden. Sie kämpft im Norden Syriens und gilt als bedeutender Partner der von den USA geführten Koalition gegen den "Islamischen Staat". Inzwischen kontrolliert die YPG große Teile der syrischen Grenze zur Türkei. Im Kampf um Kobane schafften es die YPG-Kämpfer mithilfe der US-geführten Luftangriffe den IS aus der Stadt zu verdrängen.

Peschmerga
Übersetzt bedeutet Peschmerga: "Diejenigen, die dem Tod ins Auge sehen". Anders als in der Türkei sind die Kurden im Irak eine etablierte politische Kraft, die im Norden des Landes eine teilautonome Region regiert. Insgesamt wohnen dort fünf Millionen Kurden.

Ein Kämpfer der YPG-Miliz in der syrischen Stadt Aleppo im Mai 2013 (Foto: AFP)
Ein Kämpfer der YPG-Miliz in der syrischen Stadt Aleppo im Mai 2013Bild: AFP/Getty Images

Die bewaffneten Kämpfer der irakischen Kurden, die Peschmerga, lieferten sich über Jahrzehnte Gefechte mit den Truppen des ehemaligen Diktators Saddam Hussein. Deutschland und andere Länder statten die Peschmerga mit Waffen aus.

Zur PKK und zur YPG haben die Kämpfer ein traditionell angespanntes Verhältnis. Grund dafür ist, dass die Peschmerga unter Masud Barzani, dem Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak, mit der Türkei und den USA kooperiert haben - zwei Staaten, die sich gegen die PKK stellen. Trotzdem kämpften nordirakische Kurden gemeinsam mit der YPG-Miliz um die nordsyrische Grenzstadt Kobane.