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Viele Stolpersteine

Daniel Scheschkewitz/kas2. Mai 2002

Es sind die wichtigsten bilateralen Beziehungen der Welt, die die USA und die Europäische Union verbinden. Doch der am Donnerstag (2.5.) beginnende Gipfel wird wieder einmal von Handelsstreitigkeiten überschattet.

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Schutzzölle für Stahlimporte sorgen für ÄrgerBild: AP

Die bilateralen Beziehungen zwischen den USA und der EU sind gut, das gegenseitige Handels- und Investitionsvolumen liegt bei 1,9 Billionen Dollar. Mit dieser beeindruckenden Zahl begegnen Regierungsbeamte in Washington allen Unkenrufen, die am transatlantischen Horizont neue schwere Unwetter, gar Handelskriege heraufziehen sehen.

Sogar in den besten Familien gebe es eben auch mal Streit, so heißt es aus Regierungskreisen in Washington. Im letzten Jahr seien es das Weltklima und Kyoto gewesen, in diesem Jahr liege man sich wegen der Schutzzölle auf Stahlimporte in den Haaren, doch von einem Tief in den transatlantischen Beziehungen will man deshalb nicht sprechen.

Die aktuellen Streitpunkte

Im März dieses Jahres hatte die Regierung von George Bush zeitlich befristete Einfuhrzölle auf bestimmte Stahlprodukte erhoben, um die kränkelnde US-Stahlindustrie vor Billigimporten zu schützen. Für die EU war dies eine willkommene Gelegenheit, lautes Wehklagen anzustimmen. Zwar spielt der Export von Stahlprodukten in die USA keine entscheidende Rolle, doch wie immer steckt der Teufel im Detail.

Seit einiger Zeit schon belasten nämlich Steuer-Begünstigungen für US-Exporte, die von der Welthandelsorganisation (WTO) im Januar als unzulässige Subventionen beurteilt wurden, das europäisch-amerikanische Handelsklima. Auch das Verbot, Fleisch aus der US-Hormonmast auf den europäischen Markt zu lassen, sorgte für Querelen, ebenso wie die Weigerung der Europäer, das Genehmigungsverfahren für die Einfuhr von genetisch behandelten Agrarprodukten aus den USA in Gang zu setzen.

Die Zahl der Handelskonflikte hat sich damit in letzter Zeit gefährlich erhöht. Und die Zahl der bei der WTO anhängigen Beschwerden nimmt ebenso zu wie das Volumen der angedrohten Strafzölle im Zuge von Vergeltungsmaßnahmen. Der noch schwache Aufschwung der Konjunktur auf beiden Seiten des Atlantiks könnte empfindliche Rückschläge erleiden, sollten die Drohungen in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden.

Der Kampf der Giganten

Einige der von der EU ins Auge gefassten Vergeltungsmaßnahmen, beispielsweise Einfuhrzölle auf amerikanische Zitrusfrüchte, Äpfel und Stahlprodukte, sind juristisch umstritten und möglicherweise nur schwer mit den Spielregeln der Welthandelsorganisation in Einklang zu bringen. Andererseits stehen die Schutzzölle für Stahl in krassem Widerspruch zu den sonst so lautstarken Freihandelsbekenntnissen im Weißen Haus.

Ein Teil des Problems liegt auch darin, das beide Wirtschaftsblöcke etwa gleich stark sind und keiner über die entsprechende Macht verfügt, der anderen Seite Konzessionen aufzuzwingen. Die Europäische Union erwirtschaftet mit ihren 377 Millionen Bürgern ein Bruttossozialprodukt rund acht Billionen Euro. Die USA bringen es mit ihren 284 Millionen Einwohnern auf knapp zehn Billionen Dollar.

Beide Wirtschaftsblöcke importieren ein Fünftel aller Exportprodukte des jeweils anderen und sogar ein Drittel aller Dienstleistungsexporte. 3,5 Millionen Amerikaner arbeiten für europäische Firmen, die gleiche Zahl von EU-Bürgern für US-Firmen.

Der Zwang zur Kooperation

Brüssel und Washington werden den Konflkt schon aufgrund dieser wirtschaftlichen Verflechtungen und Abhängigkeiten nicht eskalieren lassen. Auch die aktuelle weltpolitische Lage steht einer solchen Eskalation im Handelsstreit entgegen. Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus, der Nahostkonflikt, die Wiederaufbauhilfe für Afghanistan, dies alles zwingt Europa und die USA zur Kooperation.

Außerdem wird Präsident Bush noch im Mai mehrere EU-Staaten, darunter auch Deutschland, besuchen. Da wäre ein Gewitter am transatlantischen Himmel eine denkbar schlechte Besuchskulisse.