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Viel Skepsis zum G8-Gipfel

Andrea Schmidt6. Juli 2005

Afrika hat Top-Priorität beim G8-Treffen in Schottland. Doch Entwicklungshelfer in Afrika sind skeptisch, dass den hehren Ankündigungen auch Taten folgen werden.

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Das Gleneagles-Hotel in Schottland - Tagungsort des G8-GipfelBild: dpa - Bildarchiv

Die Stimmen der Experten aus Afrika werden zunehmend skeptisch, wenn es um das Vorhaben des Nordens geht, dem ärmsten Kontinent auf die Beine zu helfen. Sie befürchten unter anderem, dass mit dem "Marshall-Plan für Afrika" des britischen Premiers Tony Blair Afrika nur für einen kurzen Zeitraum im Mittelpunkt des Interesses stehen wird, aber nach gut gemeinten Worten keine Taten folgen könnten. Wegen fehlender Transparenz habe man kaum eine Möglichkeit, die Umsetzung der Zusagen zu überprüfen, sagt Herbert Ross, Projektleiter für NEPAD (Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung) im Institut für Internationale Angelegenheiten in Südafrika. Deshalb gebe es immer wieder Vermutungen, dass die Gelder zurückgehalten werden und in westlichen Ländern oder für westliche Berater ausgegeben werden. Der langfristige Nutzen für die Afrikaner erscheine so fraglich.

Umstrittene Entschuldungskriterien

Mangelnde Transparenz bisheriger Entwicklungshilfeprojekte sowie umstrittene Auswahlkriterien derjenigen Länder, die jetzt entschuldet werden, verursachen bei vielen Experten Bedenken: Wie steht es um die Effektivität und Nachhaltigkeit der Hilfe?

Yoweri Museveni, Präsident von Uganda
Umstritten: Ugandas PräsidentYoweri MuseveniBild: AP

So ist beispielsweise Uganda, das bereits 1998 von einer Entschuldung profitierte, heute mit rund fünf Milliarden US-Dollar höher verschuldet als jemals zuvor. Gute Regierungsführung ist nur eines der Kriterien für die soeben beschlossene Entschuldung. Auch Äthiopien profitiert jetzt davon: Ein Land ohne Pressefreiheit, in dem auf friedliche Demonstranten geschossen wird, die gegen Unregelmäßigkeiten bei den Parlamentswahlen in diesem Jahr protestierten. Ob dies unter "gute Regierungsführung" fällt, darf bezweifelt werden.

Mangelnde Transparenz

Ein wichtiges Anliegen afrikanischer Experten ist, dass die G8-Staaten zunächst versuchen sollten, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, damit die jetzt geplante Hilfe wirklich effektiv ist. Dabei spielt vor allem Transparenz auf beiden Seiten eine wichtige Rolle. Korrupte afrikanische Regierungen werden zwar immer wieder angeprangert, doch diese konnten sich vor allem mit der Hilfe der Industriestaaten jahrzehntelang bereichern.

Korruption gebe es nicht nur auf einer Seite, sagt der Kenianer Korwa Adar, Direktor der Forschungsabteilung des Instituts für Internationale Angelegenheiten in Südafrika: "Da sind zum einen die multinationalen Konzerne des Nordens, die 40 Jahre lang die Bodenschätze des Kontinents ausgebeutet haben, ohne dort zu investieren. Und es stimmt, dass Geld für Afrika von afrikanischen Führern weggenommen wurde, aber wo landet dieses Geld? Bei den Banken der G8-Länder, wo es durch Gesetze vor Zugriff geschützt wird. NEPAD hat vorgeschlagen, zumindest einen Teil der Gelder, die sich auf solchen geheimen Konten in den G8-Ländern befinden, an Afrika zurückfließen zu lassen. Andernfalls würden auch einige der neuen Initiativen verpuffen, sagt Adar.

Forderung nach offenen Märkten

Frauen kaufen am 29.03.2004 auf einem Großmarkt in Abidjan Kokosnüsse zum Weiterverkauf. Elfenbeinküste
Hoffnung auf mehr als nur lokale MärkteBild: dpa

Die Rückgabe der in westlichen Ländern versteckten Gelder von korrupten Geschäftsleuten und Politikern ist nur eine Forderung der afrikanischen Zivilgesellschaft. Noch wichtiger für eine nachhaltige Entwicklung des Kontinents ist die immer wieder beschworene Öffnung der Märkte. Vor allem die Abschaffung der Agrarsubventionen beispielsweise in der EU könnte den Produkten aus dem Süden erstmalig echte Chancen auf den Märkten bieten.

"Wir sollten auf gleichberechtigter Basis Handel treiben, der Westen muss seine Märkte für unsere Produkte öffnen. Durch IWF-Auflagen wurden wir zur Marktöffnung gezwungen und sind dadurch zur Mülldeponie geworden", sagt Haroub Othman, Professor am Institut für Entwicklungsfragen an der Universität Dar es Salaam in Tansania. Sein kenianischer Kollege Korwa Adar unterstützt diese Forderung: "Wir müssen langfristig denken. Es geht nicht darum, einfach nur Geld nach Afrika zu pumpen. Unsere Produkte brauchen Zugang zu den Märkten der G8-Länder. Entwicklungshilfe allein kann die Probleme Afrikas nicht lösen."

Pressefreiheit als Kriterium

Ein Kriterium für den Erhalt von Entwicklungshilfe und Entschuldung ist die so genannte gute Regierungsführung. Damit gemeint sind unter anderem Korruptionsbekämpfung, Transparenz in der Verwaltung und die Einhaltung rechtstaatlicher sowie demokratischer Prinzipien. Herbert Ross fügt noch ein wichtiges Kriterium hinzu. Eine ganz wichtige Bedingung sei, dass die afrikanischen Regierungen unabhängigen Radiosendern Sendelizenzen für landesweite Ausstrahlungen geben. "Die zwei Drittel der Afrikaner, die auf dem Land leben, leben in einem Informationsvakuum, die staatlichen Sender bestimmen, was wohin gesendet wird. Die meisten Wähler können keine echten Entscheidungen treffen, denn sie wissen gar nicht, was wirklich vorgeht im Land", sagt Ross.

Neben der Forderung nach Pressefreiheit als Bedingung für internationale Hilfe sollten die G8-Staaten verstärkt in das Wirtschaftswachstum in Afrika investieren. Der Fokus dürfe nicht nur auf Beseitigung der schlimmsten Armut liegen, so die einhellige Meinung der afrikanischen Experten.