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Verantwortlicher für das Srebrenica-Massaker vor dem ICTY

13. Oktober 2004

– Laut ehemaligem Sicherheitschef der Armee der Republika Srpska sollen sich angeklagte und flüchtige Kampfgenossen freiwillig stellen

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Belgrad, 12.10.2004, BETA, serb., aus Den Haag

Der ehemalige Leiter der Sicherheitskräfte vom Generalstab der Armee der Republika Srpska [RS], Ljubisa Beara, ist des Völkermordes in Srebrenica angeklagt. Er hat sich heute bei der ersten Anhörung vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal [ICTY] in Den Haag nicht dazu geäußert, ob er sich schuldig oder unschuldig bekennt. Beara hat allerdings seine ebenfalls angeklagten Kampfgenossen dazu aufgerufen, sich freiwillig dem Tribunal zu stellen. Der angeklagte Beara (65) (...) sagte bei seiner kurzen Anhörung im Gerichtssaal des ICTY, "ich möchte meine angeklagten und flüchtigen Kriegskameraden aufrufen, sich freiwillig und umgehend zu stellen, um den Stein, der diesem Land und allen anderen um uns um den Hals hängt, abzuschütteln".

Sechs Punkte der am 26. März 2002 erhobenen Anklage belasten Beara des Völkermords oder Mittäterschaft bei Völkermord, Vertreibung, Mord, politisch, rassistisch und konfessionell motiviertem Pogrom an der muslimischen Bevölkerung in Srebrenica vom 12. bis zum 19. Juli 1995. Das ICTY hat wegen des Völkermordes in Srebrenica ferner Anklage erhoben gegen den ehemaligen Präsidenten der RS, Radovan Karadzic, den Kommandeur der Armee der RS, Ratko Mladic, sowie gegen die Offiziere Vinko Pandurevic, Drago Nikolic, Vujadin Popovic und Ljubisa Borovcnin, sie sind jedoch noch auf freiem Fuß.

"In wenigen Tagen nach dem Angriff auf Srebrenica haben die Streitkräfte der RS mehr als 7 000 erwachsene und jugendliche muslimische Männer aus der Enklave in Srebrenica gefangen genommen, interniert, brutal ermordet und vergraben. Die bosnisch-muslimischen Frauen und Kinder aus Srebrenica haben sie zwangsweise aus der Enklave ausgesiedelt", heißt es in der Anklageschrift. Der Anklage zufolge hat Beara "bewusst an diesem vereinigten verbrecherischen Unternehmen teilgenommen", indem er "sie ausübte, plante, unterstützte und befahl" und auch auf andere Weise Verbrechen gegen muslimische Zivile unterstützte. Nach der Besetzung von Srebrenica am 11. Juli 1995 nahmen die Streitkräfte der RS am 13. Juli die meisten muslimischen Männer auf der Straße Bratunac - Milici gefangen, dabei war Beara anwesend und "beteiligte sich an der Gefangennahme, Internierung und dem Transport" dahingehend, dass er die Befehle erteilte. (...)

In ihrem Geständnis und ihren Zeugenaussagen vor dem ICTY bezeichneten der ehemalige Offizier der Armee der RS, Miomir Nikolic, und der damalige Vorsitzende der Serbischen Demokratischen Partei in Bratunac, Miroslav Deronjic, Beara als einen der Hauptakteure bei der Gefangennahme und Ermordung von etwa 7 000 Muslimen aus Srebrenica. Nikolic ist zu 27 Haft verurteilt worden, weil er sich des Verbrechens in Srebrenica schuldig bekannt hat. Deronjic ist zu zehn Jahren Haft verurteilt wegen der Vertreibung von Muslimen aus der Umgebung von Bratunac 1992.

Beara ist in die Haftanstalt des ICTY aus Belgrad kurz nach Mitternacht am 10. Oktober überstellt worden, nachdem die serbische Regierung mitgeteilt hatte, dass er sich freiwillig gestellt habe. Die Ankläger in Den Haag behaupten indes, Beara sei in Serbien aufgrund von Informationen über seinen Aufenthaltsort verhaftet worden, die ICTY-Chefanklägerin Carla del Ponte den Behörden in Belgrad übermittelt habe.

Das ICTY hat zuvor den ehemaligen Kommandeur des Drina-Korps der Armee der RS, General Radislav Krstic, zu 35 Jahren Haft wegen Beihilfe zum Völkermord in Srebrenica verurteilt. (md)