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Veränderungen in der Parteienlandschaft Kasachstans

4. Dezember 2003

– Opposition bereitet sich auf die Parlamentswahlen 2004 vor

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Bonn 4.12.2003, DW-radio / Russisch

Im politischen Leben Kasachstans gärt es. Ende Oktober fand der Gründungskongress der neuen Partei "Asar" statt, die von Dariga Nasarbajewa, der Tochter des Präsidenten des Landes, angeführt wird. Anfang November rief einer der Vorsitzenden der Partei "Ak schol", Alichan Bajmenow, andere politische Bewegungen auf, sich der landesweiten Aktion anzuschließen, deren Ziel die Änderung des Wahlgesetzes und die Durchführung fairer Wahlen ist. Schließlich gaben vor wenigen Tagen Aktivisten der oppositionellen Vereinigung "Demokratische Wahl Kasachstans" bekannt, auf der Basis ihrer Bewegung die "Volkspartei" zu gründen. Auf die Frage, auf was diese politische Aktivität im Lande zurückzuführen ist, sagte der Vorsitzende des Exekutivkomitees der "Republikanischen Volkspartei Kasachstans", Amirschan Kosanow folgendes:

"Die derzeitige verstärkte Gründung politischer Strukturen hat zwei Gründe. Der erste ist natürlich die bevorstehende Parlamentswahl. Der zweite ist, dass die Öffentlichkeit versteht, dass in Kasachstan im politischen System nicht alles in Ordnung ist. Die Begriffe ‚Demokraten‘ und ‚Oppositionelle‘ sind bestimmend. Um einen würdigen Platz im politischen Leben einzunehmen, muss man unbedingt von Demokratie sprechen und irgendetwas gründen. Das ist ein normaler Prozess. Auch in der Politik muss Wettbewerb herrschen."

Dariga Nasarbajewa berichtete am Dienstag (2.12.) bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin über die politische Lage in Kasachstan und stellte zugleich der Öffentlichkeit ihre Partei "Asar" vor. Auf die Frage, wer bei den Wahlen 2004 der Hauptkonkurrent der Partei "Asar" sein wird, sagte Dariga Nasarbajewa:

"Ich denke, "Ak schol" wird unser Hauptgegner sein. Das ist von allen anderen existierenden Parteien die am besten organisierte und professionellste Partei. Übrigens ist zurzeit das Lager der Opposition etwas schwach. Mit jedem Jahr nimmt ihr Einfluss ab, da die Lebensumstände sich verbessern. Sie vertreten veraltete Losungen, die noch von vor zehn Jahren, die bei den Menschen nicht mehr ankommen. Das ist das Hauptproblem der Opposition. Vielleicht schließen sie sich zusammen und werden als Bündnis antreten. Es wäre vernünftiger, so vorzugehen."

Die Opposition, die nach Ansicht von Dariga Nasarbajewa ihren einstigen Einfluss eingebüßt hat, ist mit dieser Behauptung jedoch nicht einverstanden. Dazu unser Korrespondent Anatolij Iwanow:

Es ist schon zur Gewohnheit geworden, von der Staatsmacht Äußerungen über die kasachische Opposition zu hören. Sie sei destruktiv, unkonsolidiert und ihren Reihen drohe ständig die Spaltung. Die Staatsmacht ist gegenüber der "Kommunistischen Partei", der "Partei der Patrioten" und der Partei "Ak schol" tolerant, aber auf Vertreter der "Republikanischen Volkspartei Kasachstans" und auf die Bewegung "Demokratische Wahl Kasachstans" reagiert sie allergisch. Gerade ihnen wird vorgeworfen, sie seien hoffnungslos zurückgeblieben, sie würden die wahren Veränderungen im Leben der einfachen Menschen nicht sehen, nur lamentieren und den Hungertod und den Zerfall des Staates prophezeien. Die Führer der sogenannten "destruktiven" Parteien sind damit natürlich nicht einverstanden. Sie erklären, die Opposition stehe heute wie noch zuvor geschlossen da und sie genieße in der Bevölkerung gewaltige Unterstützung.

Gulschan Ergalijewa, Mitglied des politischen Rates der "Demokratischen Wahl Kasachstans", sagte der Deutschen Welle, dass sich heute unter dem Banner der vereinigten Opposition mindestens 32 000 aktive Mitglieder versammelt hätten. Im Unterschied zu den präsidentenfreundlichen Parteien "Bürgerpartei", "Otan" und der neuen von Dariga Nasarbajewa geleiteten Bewegung "Asar" schlössen sich die Menschen der Opposition freiwillig an und nicht aus Angst, den Arbeitsplatz verlieren zu können. Am 3. Dezember erschien auf den Seiten der oppositionellen kasachischen Presse die Mitteilung über die Gründung der neuen "Volkspartei Demokratische Wahl Kasachstan", die vom politischen Häftling Galymschan Schakijanow angeführt werden soll. In diesem Zusammenhang sagte Gulschan Ergalijewa, dass "trotz der Tatsache, dass Galymschan Schakijanow laut Gesetz die neue Partei nicht leiten darf, er für die Führer der Opposition eine Art ‚politische Marke" darstellt". Hauptziel der bisher noch nicht zugelassenen Partei ist Gulschan Ergalijewa zufolge die Teilnahme an den kommenden Parlamentswahlen im Jahre 2004. Wenn Mandate gewonnen werden, dann wollen die Vertreter der "Volkspartei" gemeinsam mit der "Republikanischen Volkspartei Kasachstans" und den Kommunisten für die Verabschiedung einer neuen Verfassung und die Einführung eines parlamentarischen Regierungssystems in Kasachstan eintreten. Die Gründer der neuen Partei sind sich dessen bewusst, dass die Staatsmacht einer Zulassung der "Volkspartei" im Wege stehen wird. Sie hoffen aber, dass ihnen Dariga Nasarbajewas Partei "Asar" indirekt dabei behilflich sein wird, denn auch sie will schon bald eine Zulassung im kasachischen Justizministerium beantragen. Gulschan Ergalijewa sagte ferner, falls es zu keinen politischen Veränderungen komme, dann werde das nächste Parlament sich vom heutigen wenig unterscheiden. Zu den Hauptkräfte würden dann "Otan", die "Bürgerpartei", die "Agrarpartei" und die Kommunisten werden. Gulschan Ergalijewa meint, dass man für Dariga Nasarbajewas Partei "Asar" zehn zusätzliche Mandate schaffen könnte. Wenn die Wahlen jedoch objektiv verlaufen, dann werden Gulschan Ergalijewa zufolge die Kommunisten zur stärksten Kraft. Viele Mandate werde die Partei "Ak schol" und die "Volkspartei Demokratische Wahl Kasachstans" gewinnen. Die restlichen ("Otan", "Asar", "Bürgerpartei" und anderen präsidentenfreundliche Parteien) würden ohne die Unterstützung der Staatsmacht auf die letzten Plätze kommen. (...) (MO)