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ReiseItalien

Venedig: Was man über die neue Eintrittsgebühr wissen sollte

25. April 2024

Die Stadt im Norden Italiens will den Massentourismus eindämmen. Ab 25. April müssen Tagesbesucher Eintritt für Venedig zahlen – nicht die einzige Maßnahme.

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Touristen gehen am Markusplatz in Venedig an zahlreichen Souvenirständen vorbei, Italien
Die Stadt Venedig führt neue Regeln ein, um des Massentourismus' Herr zu werden.Bild: Sebastian Kahnert/dpa/picture alliance

Dass die neueste Initiative von Venedigs Stadtverwaltung die Probleme beseitigen wird, die der dortige Massentourismus mit sich bringt, glaubt Dr. Susanne Kunz-Saponaro nicht. Zunächst versuchsweise müssen Ausflügler, die die Stadt besuchen wollen, ohne dort über Nacht zu bleiben, jetzt eine Zugangsgebühr in Höhe von fünf Euro entrichten, erstmalig am 25. April. Im Laufe des Jahres soll das System, dessen Einführung in den vergangenen Jahren immer wieder verschoben worden war, dann noch an über zwanzig weiteren Tagen getestet werden. "Grundsätzlich ist es ja eine tolle Idee", findet Kunz-Saponaro, die in Venedig lebt und dort als Stadtführerin arbeitet. "So richtig durchdacht aber wirkt das alles nicht."

Es droht ein Bußgeld von bis zu 300 Euro

So gibt es eine lange Liste von Ausnahmen, die den Effekt verwässern dürften. Bewohner der gesamten Region Venetien etwa müssen die Gebühr nicht bezahlen. Außerdem sei völlig unklar, wie überhaupt kontrolliert werden soll, ob die Tagesausflügler sich auch wie vorgeschrieben einen der QR-Codes heruntergeladen haben (möglich ist das auf der Internetseite cda.veneziaunica.it). Laut Stadtverwaltung werden Kontrolleure unterwegs sein und Stichproben vornehmen. Wer die Gebühr nicht vorab bezahlt hat, riskiert ein Bußgeld in Höhe von bis zu 300 Euro, heißt es.

Besucher drängen sich in der "Calle de la Madoneta", eine der engen Gassen Venedigs, Italien
In den engen Altstadtgassen wie der "Calle de la Madoneta" drängeln sich in der Hochsaison oft die UrlauberBild: Christoph Sator/dpa/picture alliance

Was Kunz-Saponaro aber für besonders problematisch hält, ist die Tatsache, dass mit der Abgabe nicht auch gleich eine Beschränkung der Besucherzahl eingeführt wird. Täglich kämen im Schnitt etwa 80.000 Urlauber in die Altstadt, 70.000 davon wollen dort nur ein paar Stunden verbringen. Es sei erwiesen, dass diese vergleichsweise wenig Geld ausgeben, dafür aber erheblich zur Überfüllung beitragen. "Mir stehen die Haare zu Berge bei dem Gedanken an die Touristengruppen, die mal wieder die Gasse verstopfen, wenn ich da gerade mit meinen vollen Einkaufstüten vorbei muss", sagt sie. "Die Situation in Venedig ist grenzwertig."

Venedig will den Übernachtungstourismus fördern

Darum versucht die Stadtverwaltung seit geraumer Zeit, zumindest die ärgsten Auswüchse des Massentourismus zu bekämpfen. "Wir laden diejenigen, die unsere Stadt besuchen möchten, dazu ein, Venedig langsam zu erleben und sich in die Stadt einzufühlen", sagt Tourismusdezernent Simone Venturini. Das aber sei nicht in drei Stunden möglich. "Man muss sich die richtige Zeit nehmen." Die Zugangsgebühr werde nun eingeführt, um den Übernachtungstourismus zu fördern. Man sei damit weltweit Vorreiter und werde gewiss noch Anpassungen vornehmen, wenn erste Erfahrungswerte vorliegen.

Touristen auf der Ponte de Paglia besichtigen die Seufzerbrücke, Ponte dei Sospiri, Venedig, Italien
Rund fünf Millionen Touristen kommen jährlich nach VenedigBild: Ingo Schulz/imageBROKER/picture alliance

Bürgermeister Luigi Brugnaro derweil betonte kürzlich im Interview mit der Tageszeitung Corriere della Sera, dass die Stadt auch weiterhin offen zugänglich bleibe und es keine Obergrenze für Tagesausflügler geben solle. Möglicherweise werde die Zugangsgebühr eine psychologisch abschreckende Wirkung haben. "Die Stadt muss menschengerecht sein, sowohl für diejenigen, die in ihr leben, als auch für diejenigen, die sie besuchen", sagte Brugnaro. "An bestimmten Tagen mit besonders hohem Besucheraufkommen besteht die Gefahr, dass dies nicht der Fall ist." Fünf Millionen Touristen kamen vor der Pandemie jährlich in die Stadt. In diesem Jahr dürfte ein ähnlicher Wert erreicht werden.

Die Liste der Benimmregeln ist lang

Darunter waren zuletzt auch immer wieder solche Urlauber, die es am nötigen Respekt mangeln ließen, wie viele Bewohner und auch Politiker finden. Also verschärfte die Stadt in den vergangenen Jahren zunehmend die Vorschriften für Urlauber. Unter dem Motto "Enjoy Respect Venezia" gibt es einen ganzen Katalog der Benimmregeln (nachzulesen auf www.enjoyrespectvenezia.it). Verboten ist unter anderem, sich auf Brücken und Treppen niederzulassen, in die Kanäle zu springen, in Badekleidung durch die Stadt zu laufen, die Tauben zu füttern oder Müll auf den Boden zu werfen. Es drohen Geldbußen in Höhe von bis zu 500 Euro.

Touristen stehen auf dem Markusplatz mit Campanile und Dogenpalast, Venedig, Italien
Bei Stadtführungen dürfen die Gruppen künftig nur noch 25 Personen umfassenBild: Christoph Sator/dpa/picture alliance

Über Zahlen, wie häufig Urlauber zur Kasse gebeten werden, verfüge man nicht, heißt es bei der Pressestelle der Stadtverwaltung. Geld einzunehmen sei jedenfalls nicht das Ziel, ebenso wenig wie bei der neuen Zugangsgebühr für Tagestouristen. Diese soll im ersten Jahr etwa 700.000 Euro in die Stadtkasse spülen. Das Geld werde für die Straßenreinigung und die Verbesserung des touristischen Angebots genutzt – wie auch die Einnahmen durch die Übernachtungssteuer. Diese müssen Urlauber, die in Venedig in einem Beherbergungsbetrieb absteigen, bereits seit 2011 zahlen. Die Abgabe beträgt je nach Hotelkategorie und Jahreszeit zwischen einem und fünf Euro pro Nacht. Im vergangenen Jahr kamen auf diese Weise 34 Millionen Euro zusammen.

Kleinere Gruppen bei Stadtführungen

Das aber ist noch nicht alles: Zum 1. August gelten nun auch neue Regeln für Stadtführungen. Unter anderem wird die Größe der Urlaubergruppen auf 25 Personen begrenzt. Außerdem soll verstärkt darauf geachtet werden, dass die Touristen den Fußgängerverkehr nicht behindern, während sie den Erläuterungen des Reiseführers lauschen. Für Kunz-Saponaro geht auch diese Neuregelung nicht weit genug, obwohl sie selbst davon betroffen ist. Das Limit sollte bei 20 Personen liegen. Sie selbst arbeitet vor allem mit kleineren Gruppen. "Der Tourismus ist natürlich wichtig für Venedig", sagt sie. Es könne aber auch nicht immer nur ums Geld gehen. "Die Leute, die hier in der Stadt leben, müssen auch mit dem Tourismus klarkommen."

Jonas Martiny -  Travel Online-Autor
Jonas Martiny Reporter, Korrespondent