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PolitikAsien

USA, China und Europa interessiert an Inseln im Westpazifik

3. September 2023

Die Inseln Ozeaniens geraten in den Fokus vieler Länder. Sie liegen an strategisch wichtigen Handelswegen und potenziellen Nachschublinien im Konfliktfall.

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Luftaufnahme der Fidschi-Insel Vanua Levu
Naturparadies in geopolitscher Spannungszone: Blick auf die Fidschi-Insel Vanua LevuBild: picture-alliance/DUMONT Bildarchiv

Seit rund 50 Jahren pflegen Deutschland und die Fidschi-Inseln diplomatische Beziehungen. Doch erst seit Kurzem hat Deutschland eine Botschaft in dem Inselstaat.

Mitte August wurde die deutsche Vertretung in der Hauptstadt Suva feierlich eröffnet. Seitdem kümmert sich erstmals ein Botschafter, Andreas Prothmann, direkt vor Ort um die Beziehungen zwischen den beiden Ländern.

Eigentlich hätte Außenministerin Annalena Baerbock der Eröffnung beiwohnen sollen. Doch ihr Flieger musste aufgrund einer Panne in Abu Dhabi zwischenlanden, von wo die Ministerin samt Delegation schließlich nach Deutschland zurückkehrte.

Dass die Außenministerin persönlich kommen wollte, zeigt aber, wie wichtig Deutschland die Beziehungen zu den Fidschi-Inseln und generell zu den kleinen Inselstaaten im West-Pazifik nimmt. Und als wie bedeutsam die Regierung von Fidschi die Beziehungen zu Berlin bewertet, machte Ministerpräsident Sitiveni Rabuka deutlich: Er nahm persönlich an der Eröffnung teil.

Die insgesamt 14 unabhängigen Inselstaaten im Pazifik - darunter die Salomon-Inseln, Vanuatu, Samoa, Kiribati, Mikronesien oder Papa-Neuguinea - gewinnen an Bedeutung. Die USA eröffneten im Mai eine Botschaft auf Tongaeine weitere in Vanuatu soll folgen. Zudem ernannte US-Präsident Biden im vergangenen Jahr Josef Yun zum Sondergesandten für Verhandlungen mit Mikronesien, Palau und den Marschall-Inseln.

Und auch Australien ist dabei, seine Beziehungen zu den Inselstaaten auszubauen. Australien dient dabei auch als diplomatische Basis für die Region. 

So hatte die deutsche Bundesregierung bereits Ende vergangenen Jahres eine Sonderbotschafterin für die Pazifikinseln ernannt. Ihr Amtssitz ist die deutsche Botschaft in der australischen Hauptstadt Canberra.

"Erste und zweite Inselkette" 

Das wachsende Interesse gründet sich wesentlich auf die geographische Lage der Inselstaaten, mit der die Region ins Zentrum der wachsenden Rivalität zwischen den westlichen Ländern und China geraten ist. So sind sie für die USA ein ferner Vorposten Hawaiis wie auch für Guam.

Blick auf den liegende Flugzeugträger USS Theodore Roosevelt in einem Hafen der Insel Guam
Amerikanischer Vorposten im Westpazifik: Der Flugzeugträger USS Theodore Roosevelt 2020 in einem Hafen der Insel GuamBild: Conner D. Blake/AFP

Die Insel Guam ist ein "nicht inkorporiertes" Territorium der USA, ein kompliziertes Konstrukt: Wer auf Guam geboren ist, hat zwar die US-Staatsbürgerschaft, kann aber beispielsweise nicht den Präsidenten wählen, wenn der Wohnsitz auf dem Eiland ist. 

Die Insel ist auch nicht im US-Senat vertreten. Auf Guam befinden sich mehrere Militärbasen, die auch wirtschaftlich wichtig und mit denen auf Japan und Okinawa verbunden sind.

Aus chinesischer Sicht hingegen bilden die Inselstaaten die sogenannte "zweite Inselkette" und gelten als wichtiger Bestandteil der nationalen Sicherheitsstrategie. Während sich die "erste Inselkette" entlang der südjapanischen Inseln, Taiwan bis hin zu den Philippinen und Malaysias zieht, liegt die zweite viel weiter im Süden und reicht bis in die Nähe Australiens.

USA kann die Handelsrouten Chinas blockieren

Um den Konflikt zu verstehen, müsse man sich die Perspektiven beider Seiten klarmachen, sagt Marc Saxer, Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung für Asien mit Sitz in Bangkok.

In Peking sehe man, dass die USA im Falle eines Konflikts innerhalb von 24 Stunden den gesamten Nachschub und die Handelsrouten der Chinesen absperren könnten. Dieser möglichen Blockade versuche China seit rund zehn Jahren durch die Seidenstraße nach Westen und die Militarisierung des Südchinesischen Meeres zu entkommen.

Karte Inselstaaten im Südwest-Pazifik DE

"Ein Fernziel ist zudem, in die strategische Tiefe des Westpazifik vorzustoßen, um so die gefürchtete Einkreisung durch die USA zu durchbrechen", analysiert Saxer. "Da kommen die Kooperationen mit den pazifischen Inseln ins Spiel"

Die USA wiederum sähen das Vordringen Chinas in den Pazifik als Bedrohung, so Saxer weiter. "Aus ihrer Sicht ist das nicht irgendeine beliebige Linie auf dem geopolitischen Schachbrett, sondern da beginnt quasi die amerikanische Heimatverteidigung. Letztlich geht es hier also um neuralgische Punkte, an denen die beiden Supermächte des 21. Jahrhunderts aufeinanderstoßen. Das macht die Situation so gefährlich."

Feilschen um Partnerschaften

Das Ringen um Einfluss auf die kleinen pazifischen Inselstaaten intensivierte sich 2022. Damals schlossen die Salomon-Inseln eine Sicherheitsvereinbarung mit China ab - sorgenvoll beobachtet von Australien und Neuseeland, die fürchteten, es könne eine chinesische Militärbasis vor ihrer Haustür entstehen.

Zwar sahen die Vereinbarungen keine Militärbasis vor. Wohl aber sicherte sich China einen Zugang seiner Marine zu einem Hafen auf den Inseln. Der Premierminister der Salomon-Inseln, Manasseh Sogavare, warf im Juni diesen Jahres Australien vor, als Folge des Abkommens mit China Finanzhilfen gekürzt zu haben. Australien bestreitet das. 

DZwei Männer tauschen Mappen aus, im HIntergrund applaudieren vor den Fahnen beider Staaten Chinas Ministerpräsidenten Li Qiang und der salomonische MInisterpräsident Manasseh Sogavare
In den vergangenen Jahren unterzeichneten China und die Salomonen mehrere Vereinbarungen, hier im Juli 2023 im Beisein des chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang (2. v. r.) und seines Amtskollegen der Salomonen Manasseh Sogavare (2. v. l.)Bild: Andy Wong/Pool/AFP

Andere nähern sich dagegen Taiwan an - einem Verbündeten der USA. Die Föderierten Staaten von Mikronesien mit 600 Inseln führten im Februar Gespräche mit Taipeh zu diplomatischen Beziehungen. Die von Taiwan erwartete Gegenleistung: eine Unterstützungssumme in Höhe von 50 Millionen Dollar.

Generell hätten die kleineren Inselstaaten ihre geostrategische Bedeutung erkannt, sagt Christian Wirth von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik. "Sie fokussieren sich nicht mehr wie bislang allein auf Japan, Australien und Indien, sondern schauen auch in die andere Richtung. Wenn sie etwa Schwierigkeiten haben, vom Internationalen Währungsfonds oder der Weltbank einen passenden Kredit zu erhalten, wenden sie sich an andere Akteure - etwa an China."

Betroffen vom Klimawandel - Deutschland unterstützt

Doch es geht nicht nur um Geld und Einfluss. Die kleinen Inselstaaten des Pazifiks sind den Folgen des Klimawandels ganz besonders ausgesetzt. Um die Auswirkungen zu verringern, werden beispielsweise die Fidschi-Inseln einen Betrag von 4,5 Milliarden US-Dollar (4,61 Milliarden Euro) aufwenden müssen, heißt es in einem Bericht der Weltbank.

Blick auf ein Riff der Insel Viti Levu, die zu den Fidschi-Inseln gehört
Gefährdete Idylle: Blick auf ein Riff der Insel Viti LevuBild: Nilsen-McPhoto/Bildagentur-online/picture alliance

Um Wirbelstürme besser zu überstehen, wurden etwa Schulen und öffentliche Gebäude des Inselstaates baulich verstärkt. Das Programm hat Erfolg: Der Wirbelsturm Harold beschädigte im April keine der damals ausgebauten 181 Schulen und öffentlichen Gebäude ernsthaft.

Zudem bringe der Klimawandel erhebliche Gesundheitsrisiken für die Menschen in der westlichen Pazifikregion mit sich, heißt es in einem Papier der Weltgesundheitsorganisation (WHO). So trügen gestiegene Temperaturen dazu bei, dass sich Malaria, Dengue-Fieber und andere Krankheiten weiter ausbreiteten

Gerade im Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels unterstütze Deutschland die Fidschi-Inseln, sagt Christian Wirth. "Beide Länder verbindet das Engagement gegen die Klimakrise."

Natürlich habe Deutschland im Pazifik grundsätzliches Interesse an offenen Handelswegen und dem Erhalt der regelbasierten internationalen Ordnung, sagt Marc Saxer. Doch die Europäer und damit auch die Deutschen würden auch gebeten, eine aktivere Rolle zu spielen.

"Das ist aus Sicht der Inselstaaten natürlich sinnvoll. Denn je mehr Spieler an der Region interessiert sind und Angebote machen, desto geringer ist aus Sicht der Inselstaaten das Risiko, von einer Seite abhängig zu werden."

 

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika