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Vögel klauen Haare von Tieren für Nestbau

23. August 2021

Bislang dachten Forschende, dass Vögel für den Nestbau nur ausgefallene Haare von Tieren oder Kadavern einsammeln. Doch eine Studie zeigt jetzt: Viele Vögel bezupfen auch lebende Tiere.

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Kohlmeise auf einem Stacheldrahtzaun mit Tierhaar im Schnabel
Vögel sammeln Tierhaare: Wenn nicht von Weidezäunen, dann eben von schlafenden Säugetieren.Bild: picture-alliance/dpa/S. Gerth

Wenn der Nestbau ansteht, dann verlieren einige Vogelarten wie Meisen für kurze Zeit jede Scheu. Schließlich sind sie auf der Suche nach Polstermaterial für die letzte flauschige Lage in ihrem Nest.

Bevorzugt werden dafür Haare von Säugetieren verwendet, denn Haare sind leicht zu transportieren, können sehr flexibel im Nest verbaut werden und schützen beziehungsweise wärmen gleichzeitig den frisch geschlüpften Nachwuchs.

Unklar war bislang allerdings, woher die Haare stammen, die Vögel beim Nestbau verwenden. Bislang dachten Forschende, dass Vögel vor allem ausgefallene Haaren von Tieren oder von Kadavern in der Natur einsammeln.

Es gab aber auch skurrile Berichte, dass einige Vogelarten auch gezielt Haare oder Fell von lebenden Säugetieren ausrupfen.

Eines Tages beobachtete der Ornithologe Henry Pollock von der University of Illinois , wie eine aufdringliche Indianermeise (Baeolophus bicolor) einen Waschbären bezupfte. Solche vereinzelten Fälle wurden schon öfter beobachtet und dokumentiert. Auch dieser Waschbär wird beim Fressen auch immer wieder von einem diebischen Felljäger gestört.

Das brachte Henry Pollock auf die Idee, das ungewöhnliche Nestbau-Verhalten in einer Studie genauer zu untersuchen.

Dazu wertete das Team um Pollock zahlreiche Videoclips auf YouTube aus und tatsächlich: Der freche Pelzdiebstahl an lebenden Säugetieren ist durchaus verbreitet.

Oftmals nähern sich die diebischen Vögel, wenn das pelzige Opfer gerade gemütlich vor sich hindöst, wie dieser leicht genervte Fuchs:

Bereits 2007 hatte der Ornithologe Bret M. Whitney in seinem Aufsatz "Kleptoptily": How the Fork-Tailed Palm-Swift Feathers Its Nest beschrieben, dass einzelne Vogelarten wie der Gabelschwanzsegler gezielt Federn für den Nestbau bei anderen Vögeln stehlen.

In Anlehnung an Whitney wählte das Team um Henry Polloch jetzt die Bezeichnung "Kleptotrichie" für den Haarraub aus, was sich aus den beiden griechischen Begriffen kléptein für stehlen und thrix für Haar zusammensetzt.

Hunde mit kuschligen Fell werden natürlich besonders gerne angeflogen.

Aber Hundehalter sollten deswegen nun nicht abgebürstete Hundehaare im Garten verteilen, um den kleinen Räubern eine Freude zu machen (oder ihre Hunde vor diebischen Vögeln zu schützen).

Niederländische Forschende fanden 2020 heraus, dass Parasiten, die in Hundefell vorkommen, den kleinen Vögeln zum Verhängnis werden können. Sogenannte Ektoparasitika, die bei Haustieren gegen Flöhe und Zecken eingesetzt werden, seien für Vögel eine große Gefahr.

Wenn wir weitgehend unbehaarten Menschen den umtriebigen Vögeln helfen wollen, dann können wir natürlich ganz still sitzen bleiben und warten, ob sich vielleicht ein diebischer Piepmatz auf den Kopf niederlässt, wie bei dieser Vogelfreundin:

Wem diese Art der Tierliebe zu weit geht, kann den eifrigen Nestbauern auch anders helfen, indem man etwa etwas Unordnung im Garten zulässt und Nistmaterialien wie dürre Grashalme, feine Ästchen und Moos, oder etwas Heu liegen lässt. 

Zusätzlich kann man auch Hühnerfedern bzw. Schafwolle vom Bauernhof anbieten. Natürliche Wollfäden sind auch sehr begehrt.

Hauptsache, das Nistmaterial ist trocken, hängt außer der Reichweite von jagenden Katzen und ist nicht zu groß, damit Vögel die einzelnen Fasern oder Büschel noch zum Nest transportieren können.

 

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund