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Bahnbrechendes Urteil zur Gentechnik

14. Juni 2013

150.000 Menschen haben gegen Myriad Genetics geklagt, weil die Biotechfirma Patente auf krebsauslösende Gene hält. Nun hat das Oberste Gericht der USA dem Unternehmen einen Strich durch die Rechnung gemacht.

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Eine DNA-Spirale (Foto: Fotolia)
Symbolbild Grundsatzurteil USA zur Patentierung menschlichen ErbgutsBild: Fotolia/majcot

Das Urteil gilt als wegweisend für die Genfforschung und deren kommerzielle Verwertung: Der Supreme Court in Washington hat entschieden, dass US-Unternehmen für natürliche menschliche Gene keine Patente mehr erlangen dürfen. Die menschliche DNA sei ein "Produkt der Natur", das im Gegensatz zu künstlich nachgeahmtem Erbgut nicht patentiert werden könne, erklärten die Richter in dem Grundsatzbeschluss. Damit entschieden sie gegen das Unternehmen Myriad Genetics, das bislang Patente auf zwei krebsauslösende Gene hielt und entsprechende Tests auf diese Gene exklusiv für tausende Dollar verkaufte.

"Naturgesetze" und "Naturphänomene" könnten ebenso wenig Patentschutz erhalten wie "fundamentale Werkzeuge der wissenschaftlichen und technologischen Arbeit", entschied das Oberste Gericht. Ein Gen könne nicht einfach nur deswegen patentiert werden, "weil es isoliert wurde", erklärten sie. Dagegen könne künstlich nachgeahmtes Erbgut sehr wohl patentiert werden, "da es nicht von der Natur hergestellt wird". Die neun Top-Juristen fällten ihre Entscheidung einstimmig.

Exklusive Vermarktung – hohe Preise

Das Pharmaunternehmen Myriad Genetics hatte in den neunziger Jahren zwei krebsauslösende Gene isoliert und sich 1998 mehrere Patente auf dieses Erbgut gesichert. Bisher konnte das Unternehmen die Tests für die Gene mit den Abkürzungen BRCA1 und BRCA2 exklusiv vermarkten. Die beiden Gene erhöhen das Risiko stark, an Brust- oder Eierstockkrebs zu erkranken. Weltweit trägt etwa jede 500ste Frau eine BRCA-Genmutation in sich.

Myriad Genetics hatte in dem Verfahren argumentiert, es habe nur wegen der Aussicht auf gute Gewinne die hohen Kosten für die Decodierung der Gene und die Entwicklung der Tests tragen können. Ein Anwalt des Unternehmens bezeichnete Gene zudem als "menschliches Konstrukt".

Patente als Forschungshemmer

Dagegen wandte sich ein Zusammenschluss von rund 150.000 Klägern, unter ihnen Wissenschaftler, Ärzte und Patientinnen. Sie warfen dem Unternehmen unter anderem vor, die teuren Tests seien für viele Patienten unerschwinglich. Zudem blockiere die Patentierung der Gene deren Erforschung durch andere Unternehmen oder Institutionen. "Heute hat das Gericht eine bedeutende Hürde für die Patientenbetreuung und medizinische Innovationen beiseite geräumt", freute sich eine Anwältin der Bürgerrechtsbewegung ACLU nach dem Urteil.

Der Entscheid war mit Spannung erwartet worden, weil es Auswirkungen auch auf zahlreiche andere Bereiche der Gentechnik und der Medizin haben dürfte. Patente wurden unter anderem auch im Zusammenhang mit anderen Krebskrankheiten sowie Alzheimer angemeldet. Insgesamt sind fast 20 Prozent der bekannten menschlichen Gene patentiert.

Nach der Verkündung des Urteils stiegen die Aktienskurse von Myriad Genetics an der New Yorker Technologiebörse um bis zu elf Prozent. Zugleich verkündete ein Unternehmen, dass es den Brustkrebs-Gen-Test in den USA für 995 Dollar anbieten werde. Davor hatte Myriad Genetics das Monopol gehabt und 3000 Dollar verlangt.

kle/se (afp, dpa, rtr)