Urteil billigt Syrern Flüchtlingsschutz zu
31. Oktober 2016Syrische Asylbewerber haben in Deutschland laut einem Urteil des Verwaltungsgerichts Münster grundsätzlich Anspruch auf Flüchtlingsschutz. Allein der Asylantrag führe zu einer politischen Verfolgung durch die Regierung von Präsident Baschar al-Assad, so die Kammer. Asylbewerber würden in Syrien generell als Regierungsfeinde angesehen.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte syrischen Asylbewerbern früher generell die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Dies ist ein asylähnlicher Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Inzwischen erhalten Syrer aber nur noch den erheblich schwächeren sogenannten subsidiären Schutz wegen des syrischen Bürgerkriegs. Allein dem Verwaltungsgericht Münster liegen über 700 Klagen auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vor.
Musterfall: Flüchtling gewinnt
In einem ersten Musterfall gab das Verwaltungsgericht einer solchen Klage nun statt. Alle aus Deutschland nach Syrien zurückkehrenden Asylbewerber müssten grundsätzlich mit politischer Verfolgung durch das Assad-Regime rechnen, erklärte das Gericht zur Begründung. Mit "beachtlicher Wahrscheinlichkeit" würden sie unter Folter verhört, damit sie ihre Ausreisegründe und mögliche Kenntnisse über die Exilszene preisgäben.
Grund hierfür sei, dass die Regierung Assads den Asylbewerbern eine regimefeindliche Gesinnung unterstelle. Es handele sich daher um eine politische Verfolgung. Jeder Rückkehrer, der in Westeuropa ein Asylverfahren betrieben habe, gelte als Gegner der Regierung. Dies zeige schon die Anwendung der Folter.
Legal - illegal - egal
Ob die Flüchtlinge legal oder illegal aus Syrien ausreisten, spielt laut dem Urteil aus Münster keine Rolle. Eine legale Ausreise, das heißt eine solche mit gültigem Reisepass und - falls erforderlich - mit Ausreisevisum über einen offiziellen Grenzort, bedeute lediglich, dass die syrischen Behörden "mit einer Ausreise in eines der Nachbarländer, nicht aber in das als feindlich angesehene westeuropäische Ausland", einverstanden seien, erklärte das Gericht. Die geänderte Praxis Syriens, die im vergangenen Jahr zur Ausstellung von mehr als 800.000 Pässen geführt habe, beruhe vor allem auf finanziellen Gründen. Gegen das Urteil kann noch Berufung eingelegt werden.
jj/uh (afp, vg ms)