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Urlaub bei den Ayatollahs

Matthias von Hein16. August 2015

Der Abschluss der Atomgespräche markiert einen wichtigen Schritt zur Integration des Irans in die Weltgemeinschaft. Ein Teil dieser Entwicklung: Das wachsende touristische Interesse. Schon jetzt boomen Iran-Reisen.

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Amerikanische Touristen im Iran (Foto: jamaran.ir)
Bild: Jamaran.ir

Der erfolgreiche Abschluss der Atomgespräche mit dem Iran in Wien Mitte Juli hat nicht nur im Iran Hoffnungen auf eine Lockerung oder ein Ende der Sanktionen genährt. International stehen Anlagenausrüster, Maschinenbauer und auch die Automobilindustrie in den Startlöchern, um vom erwarteten Nachfrageboom der 80-Millionen-Einwohner-Nation zu profitieren. Eine Branche allerdings freut sich jetzt schon über ein überraschendes Nachfragehoch: Die Tourismusbranche.

"Bei uns haben sich die Studienreisen in den Iran von 2013 auf 2014 vervierfacht", erklärt Manfred Schreiber, Area Manager des Reiseveranstalters Studiosus, im DW-Interview. Für dieses Jahr rechnet er mit einem Zuwachs von 25 Prozent. Auch beim Konkurrenten Gebeco liegt der Iran als Reiseland mit enormen Wachstumszahlen seit 2013 stark im Trend.

Deutsche Touristen im Iran (Foto: DW)
Uralte Zeugnisse: Touristen vor Modell von PersepolisBild: DW

Veränderungen durch Regierungswechsel

Die verstärkte Medienpräsenz des Iran ist mit dafür verantwortlich, dass das Interesse am Iran wachse, sagt Rulf Treidel, der bei Gebeco für den Iran zuständig ist. "Der Iran wird positiv wahrgenommen", erklärt er gegenüber der DW. "Man stellt Veränderungen fest, es hat Regierungswechsel gegeben. In letzter Zeit sind sicherlich positive Effekte durch das Ende der Atomverhandlungen zu erwarten."

Manfred Schreiber bestätigt: Das politische Umfeld sei bei Iran-Reisen enorm wichtig. Zwar habe es selbst in politisch schwierigen Zeiten immer eine gewisse Grundnachfrage gegeben. "Aber mit der Wahl des jetzigen Präsidenten Hassan Rohani sind einfach Dämme gebrochen", stellt der Tourismusexperte fest.

"Moderner, als man erwarten würde"

Eine, die sich hat anstecken lassen von dem Boom, ist Gerlinde Lichtenberg aus Bremen. Im April hat sie für eine Woche den Iran besucht - und bedauert vor allem, dass sie nicht mehr Zeit hatte. "Ich war einfach neugierig auf das Land. Ich habe mir das auch nicht so furchtbar düster oder schrecklich vorgestellt - dass einen die Leute nicht mögen oder so. Ich hatte mehrfach gehört, dass die Leute sehr aufgeschlossen sind - und Deutschen gegenüber sowieso sehr freundlich eingestellt sind und waren", erinnert sich die Bremerin.

Dennoch war die 65-Jährige überrascht, "wie die jungen Leute und die Leute in mittlerem Alter direkt auf einen zukamen und auch Körperkontakt mit einem hatten: Also einem die Hand gaben oder zum Abschied einen zum Teil umarmt haben." Manfred Schreiber kennt diesen Effekt: "Der Iran war über Jahre hin ein zuverlässiger Lieferant von Negativschlagzeilen. Und wenn man dann hinreist, dann melden unsere Gäste zurück: Es ist eine gegenüber Ausländern höchst aufgeschlossene Bevölkerung. In den Städten herrscht Modernität, moderner als man erwarten würde."

Deutsche Touristen in einem traditionellen Gästehaus (Foto: DW)
Der exotische Reiz des FremdenBild: DW

Grenzen des Wachstums erreicht

Sollten auch die Wirtschaftssanktionen gegenüber dem Iran gelockert werden, wird auch der Tourismus weiter davon profitieren, erwartet Area-Manager Treidel. Denn in der Infrastruktur gebe es einen Investitionsstau. Da könnte sich die Lage mittelfristig verbessern, so Treidel: "Und wenn es Dinge sind wie Armaturen in Hotelbadezimmern. Die Fluggesellschaften, Straßen, Busse, die ganze Infrastruktur ist begrenzt, hat gelitten unter jahrzehntelangen Sanktionen, bis hin zu der Anzahl von Hotels, die sich in der Zukunft ausweiten wird."

Der Bau von Hotels allerdings wird Zeit brauchen. Frühestens in zwei bis drei Jahren wird sich die Lage entspannen, urteilt Manfred Schreiber. Das Land sei auf eine solche Nachfrage nach Touristen nicht vorbereitet. "Für den Augenblick sind die Grenzen des Wachstums erreicht."

Das bestätigt auch Ibrahim Pourfaraj. Der Leiter des iranischen Tourismusverbandes gab kürzlich bekannt, sämtliche Vier- und Fünf-Sterne-Hotels in den fünf wichtigsten Städten des Iran seien für das kommende Jahr bereits komplett ausgebucht.