1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ungarns Regierung vor dem Aus

21. März 2009

Das von der Finanzkrise schwer getroffene Ungarn steht vor einem Regierungswechsel. Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany bot seinen Rücktritt an. Er war wegen seiner Wirtschaftspolitik massiv in die Kritik geraten.

https://p.dw.com/p/HGlm
Ungarns Ministerpräsident am Rednerpult (Foto: dpa)
Ungarns Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany während seiner RedeBild: AP

Durch das Rücktrittsangebot vom Samstag (21.03.2008) könnte der Weg frei werden für eine auch von den kleineren oppositionellen Parteien unterstützte Expertenregierung, erklärte der Ministerpräsident auf einem Parteitag seiner Ungarischen Sozialistischen Partei (MSZP). "Ich habe mich in Hinblick auf unsere Kräfte und Möglichkeiten geirrt", erklärte der Politiker. Am Montag will Gyurcsany das Parlament über sein Rücktrittsangebot informieren. Eine überstürzte vorgezogene Neuwahl solle verhindert werden.

Opposition will Auflösung des Parlaments beantragen

Die größte Oppositionspartei Fidesz fordert hingegen Neuwahlen und will am Montag die Auflösung des Parlaments beantragen. Die Freien Demokraten begrüßten Gyurcsanys Entscheidung. Sie sei verantwortungsbewusst und angemessen, sagte Parteichef Gabor Fodor.

Anhänger der Opposition feiern und demonstrieren für ihre Europaparlaments-Kandidatin Krisztina Morvai (Foto: AP)
Anhänger der Opposition feiern das Rücktrittsangebot vor dem ParlamentBild: AP

Die MSZP-Minderheitsregierung hatte sich wegen mangelnder parlamentarischer Unterstützung als wenig handlungsfähig erwiesen. Für Reformen im Kampf gegen die Krise sei eine Zusammenarbeit mit anderen Parteien nötig, der er nicht im Weg stehen wolle, sagte Gyurcsany auf dem Parteitag seiner Sozialisten.

Ungeachtet seines Rücktrittsangebots als Ministerpräsident bleibt Gyurcsany Parteichef. Bei der Abstimmung am Abend votierten 85 Prozent der Delegierten für ihn. Einen Gegenkandidaten gab es nicht. Auf einem Sonderparteitag am 5. April soll ein Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten nominiert werden.

Ungarn in der Krise

Gyurcsanys Popularität war zuletzt wegen Steuererhöhungen und seines strikten Sparkurses stark gesunken. Der Politiker hatte 2004 Peter Medgyessy als Ministerpräsident abgelöst und wurde zwei Jahre später im Amt bestätigt.

Vor zwei Monaten hatte Gyurcsany zugeben müssen, über den wahren wirtschaftlichen Zustand seines Landes unwahre Aussagen gegenüber der Europäischen Union gemacht zu haben. Nach diesem Eingeständnis kam es in Ungarn zu den schwersten Unruhen seit dem Volksaufstand 1956.

Bisher schon 25 Milliarden Dollar Unterstützung

Das exportorientierte Ungarn ist von der derzeitigen Finanzkrise besonders betroffen, wozu hausgemachte Probleme wie eine hohe Verschuldung der öffentlichen Haushalte beitrugen. Die Währung ist im Sinkflug. Ungarn erhielt vom Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Union und der Weltbank bereits im Oktober Nothilfen von rund 25 Milliarden Dollar. Vor wenigen Tagen kündigte das Land an, bis Ende März in einer zweiten Tranche EU-Kredite in Höhe von rund zwei Milliarden Euro abzurufen.

Anfang 2009 waren bereits die Regierungen in Island und Lettland infolge der Finanzkrise zusammengebrochen. (sam/fw/dpa/rtr)