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Ungarn fordert Stopp der Gewalt gegen Minderheiten in Serbien

6. August 2004

– Außenminister Laszlo Kovacs ersucht Serbiens Premier Kostunica um Einsatz seiner Autorität gegen "Gräueltaten"

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Belgrad/Budapest, 6.8.2004, B92, serb.

Die ungarische Regierung fordert erneut von Serbien, der Gewalt, der die Angehörigen der ungarischen Minderheit in Serbien ausgesetzt seien, Einhalt zu gebieten. Der ungarische Außenminister Laszlo Kovacs fordert in seinem Schreiben an Serbiens Premier Vojislav Kostunica vom Mittwoch (5.8.), dass dieser seine Autorität einsetzt, um den Gräueltaten, denen die in Serbien lebenden Ungarn zum Opfer fallen, Einhalt zu gebieten. Die ungarische Regierung behauptet, zwischen 20 und 30 serbische Jugendliche hätten ungarische Geschäfte demoliert, und serbische Gruppen hätten Angehörige der ungarischen Minderheit misshandelt.

Analysten vertreten fast einhellig die Meinung, dass sich ethnisch motivierte Zwischenfälle insbesondere nach den Parlamentswahlen im Dezember häufen, als die pro-rechten Kräfte den Wahlsieg davongetragen haben. Pavel Domonji vom Novi Sader Helsinki-Büro für Menschenrechte sagte, die politische Elite in Serbien interessiere die Minderheitenproblematik lediglich am Rande. "Es ist besonders besorgniserregend, dass die Bedeutung dieser Zwischenfälle nicht vollkommen ins Bewusstsein der politischen Elite rückt. Ein führender Politiker der Serbischen Radikalen Partei (Igor Mirovic, Vorsitzender des Novi Sader Bezirksverbandes der Radikalen – MD) bezichtigte die Ungarn, sie seien selbst Schuld für die Übergriffe, weil sie die Selbstachtung der Serben verletzt hätten. Die Selbstachtung der Serben haben weder die Angehörigen der ungarischen Minderheit noch einer anderen in der Vojvodina beziehungsweise in Serbien verletzt, es hat sie vielmehr die Führungspolitik am meisten verletzt, zu der auch die Gewalt gegen Angehörige von Minderheiten gehörte", so Domonji.

Der serbisch-montenegrinische Minister für Menschen- und Minderheitenrechte, Rasim Ljajic, behauptet, die serbische Regierung habe bedeutende politische Schritte im Hinblick auf die Gewalt gegen Minderheiten unternommen. Er fügte dem indes hinzu, dass die Übergriffe nicht aufgebauscht werden sollten. "Zahlreiche dieser Zwischenfälle sind nicht ethnisch motiviert, häufig handelt es sich um Schlägereien unter Minderjährigen, die unter dem Einfluss von Alkohol und diversen Drogen stehen. Ich möchte keinesfalls diese Zwischenfälle bagatellisieren, aber ich glaube, es ist ebenso falsch, sie aufzubauschen, weil wir dadurch eine schlechte politische Atmosphäre schaffen", so Ljajic.

Der Direktor des Zentrums für Mulikultur, Alpar Losonc, erklärte gegenüber B92, die serbische Regierung verfüge nicht über ein klares Konzept, um die Probleme der Minderheiten im Lande zu lösen. "Es ist der Eindruck entstanden, dass weder die Regierung noch die Polizei eine konsequente Strategie verfolgt. Es ist jedenfalls immer politisch klug, nicht zu übertreiben, insbesondere in einer bereits äußerst ‚verschärften‘ Situation. Es ist allerdings sehr schwer, es denen zu sagen, die belästigt werden, weil dann eine solche Erklärung eine gewisse Dosis Zynismus enthält", sagte Losonc.

Die ungarische Innenministerin, Monika Lampert, hat vor anderthalb Monaten erklärt, Ungarn könne gegen Serbien vor dem Europarat einen Antrag stellen, damit die in der Vojvodina sich häufenden Übergriffe gegen Angehörige von Minderheiten untersucht würden. (md)