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Unfreiwilliger Tauchgang mit Happy End

11. Januar 2011

Marion Hütter erlebte bei ihrem Dreh in Kambodscha in einer Textilfabrik den Schreck ihres Lebens.

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Landkarte Kambodscha (Grafik: DW/Olof Pock)
Bild: DW

Es passierte ganz am Anfang, am ersten Drehtag, in der ersten Stunde: Wir sind eineinhalb Stunden aus Phnom Penh raus gefahren. Etwa 70 Kilometer südöstlich der Stadt nutzt eine Textilfabrik Reisspreu zur Energiegewinnung. So lässt sich viel Diesel einsparen - wir wollen die Anlage filmen.

Leider ist die Halle sehr dunkel, der schwarze, ölig glänzende Boden schluckt das Tageslicht, das durch eine Toreinfahrt hereinkommt. Die ganze Halle ausleuchten? Haben wir dafür genug Licht dabei? Das probieren wir später, beschließen wir. Erst mal wollen wir drehen, wie die Reisspreu entzündet wird, denn das passiert genau jetzt und der Kessel steht einigermaßen günstig im Licht. Allerdings ist er mehrere Meter hoch. Wir müssen also vom Gerüst neben dem Kessel drehen, eine Leiter führt nach oben.

Im Wechselbad der Eindrücke

Zuerst beschleicht mich ein ungutes Gefühl: Das Gerüst ist filigraner gebaut als der Kameramann, es schwankte bedrohlich, als würde es gleich zusammenbrechen. Ich bin erleichtert, als der Kollege mir zunickt und den Abstieg beginnt. Alles in Ordnung. Dann der Schock: Von der letzten Sprosse der Leiter aus tritt der Kameramann auf etwas, das er für festen Boden hält. Ein Irrtum! Er ruft etwas, ich höre einen seltsamen Laut des Erschreckens, dann versinkt der Kameramann in einer schwarzen ölig glänzenden Flüssigkeit. Der vermeintlich feste Grund war ein ebenerdiges Abwasserbecken in der gleichen Farbe wie der Fabrikboden, und vollkommen ungesichert.

Die Geschichte ist glimpflich ausgegangen, deshalb steht sie hier als "Reporternotiz". Das Abwasser war nicht ätzend und nicht heiß, sondern nur dreckig und warm. Der Kameramann ist nach Sekundenbruchteilen unverletzt wieder aufgetaucht und wollte vor alleim eins: dringend duschen. Und eine neue Kamera, denn die hat den Tauchgang nicht überlebt.

Nachtrag: Der "Fehltritt" ist inzwischen einige Wochen her. Er ist fest aufgenommen ins bunte Repertoire der Drehgeschichten, er wurde wieder und wieder ausführlich erzählt. Er bleibt vielleicht deshalb in Erinnerung, weil plötzlich vollkommen egal war, worüber eine Fernsehreporterin sonst endlos fluchen würde: Eine kaputte Kamera, am ersten Drehtag, in der ersten Stunde. Wenn sonst nichts passiert ist…

Autorin: Marion Hütter
Redaktion: Klaus Esterluß