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UNESCO: Erfurts jüdisches Erbe ist jetzt Welterbe

17. September 2023

Erfurt hat es geschafft! Sein jüdisch-mittelalterliches Erbe mit der Alten Synagoge, dem Ritualbad und dem Steinernen Haus ist in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen worden.

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Außenansicht der Alten Synagoge in Erfurt.
Die Alte Synagoge in Erfurt

Zur neuen Welterbestätte gehören die Alte Synagoge, die Mikwe (Ritualbad) und das Steinerne Haus - ein historisches Wohngebäude - in der Erfurter Altstadt. Die Entscheidung für die Aufnahme ins Weltkulturerbe fiel an diesem Sonntag in Riad, wo die UNESCO noch bis zum 25. September tagt. 

Für Deutschland ist es der 52. Welterbetitel, für Thüringen der fünfte. Nach den sogenannten SchUM-Stätten in Mainz, Speyer und Worms, die 2021 aufgenommen wurden, wird erst zum zweiten Mal jüdisches Kulturgut in Deutschland mit dem Welterbe-Titel ausgezeichnet.

Die SchUM-Stätten umfassen einzigartige, vorbildgebende Gemeindezentren, Monumente und Friedhöfe. Es sind herausragende, besonders frühe und in einzigartiger Dichte und Vollständigkeit erhaltene Zeugnisse einer lebendigen jüdischen Tradition in dieser Region und darüber hinaus.

In Thüringen haben bereits die Wartburg, die Bauhaus-Stätten in Weimar, das Klassische Weimar und der Nationalpark Hainich Welterbe-Status. Die UNESCO entscheidet in den kommenden Tagen über insgesamt 50 Nominierungen. Aus Deutschland kam nur ein Antrag. 

Jüdisches Erbe - Erfurt und seine Geschichte

Zu dem nun zum Welterbe zählenden "Jüdisch-Mittelalterlichen Erbe in Erfurt" gehören die Mikwe, die vor rund 16 Jahren durch Zufall entdeckt wurde.

Zweites Gebäude ist die Alte Synagoge. Sie wurde bei einem Pogrom in der Stadt im Jahr 1349, bei dem quasi die gesamte jüdische Gemeinde ausgelöscht wurde, zunächst zu einem Lagerhaus umfunktioniert und später als Gaststätte sowie Tanzsaal genutzt. Die Stadt vermutet, dass das Gebäude aus diesem Grund vor der Zerstörung durch die Nazis bewahrt wurde. 

Heute befindet sich in der Alten Synagoge, deren älteste Bauspuren auf 1094 datiert werden, ein Museum. Ausgestellt werden Zeugnisse des jüdischen Lebens im mittelalterlichen Erfurt, zu denen mehrere Tausend Silbermünzen und -barren sowie Gold- und Silberschmiedearbeiten aus dem 13. und 14. Jahrhundert gehören.

Forschende vermuten, dass dieser sogenannte Erfurter Schatz während des Pogroms 1349 vergraben wurde. 1998 wurde der Schatz vor Abschluss archäologischer Untersuchungen auf einem Grundstück in der Altstadt gefunden - wo sich einst das jüdische Viertel befand.

Fast 30 Kilogramm wiegt er. Die Wissenschaft vermutet, dass er während des Pogroms von 1349 von seinem jüdischen Besitzer versteckt worden war. Als besondere Kostbarkeit des Schatzes gilt ein jüdischer Hochzeitsring.

Die Alte Synagoge in Erfurt

"Welterbe-Titel verpflichtet"

Erfurts katholischer Bischof, Ulrich Neymeyr, verwies darauf, dass mit der Auszeichnung die Verpflichtung einhergehe, gegen Judenhass vorzugehen. Die nun ausgezeichneten Denkmäler bezeugten zwar eine Blütezeit jüdischen Lebens in Erfurt, zugleich erlebe die jüdische Gemeinschaft bis heute Ablehnung, Diskriminierung und Gewalt. 

"Jüdinnen und Juden können immer noch nicht unbesorgt in Deutschland leben, und es sieht so aus, als würden sie es immer weniger können. Das ist ein Skandal! Dagegen vorzugehen und die gemeinsamen Wurzeln zu entdecken, die Juden und Nichtjuden verbinden, ist auch eine Verpflichtung, die sich aus dem Welterbe-Titel ergibt", sagte Neymeyr.

Von Machu Picchu zur Mathildenhöhe

Zu den bisher mehr als 1100 Kultur- und Naturstätten in 167 Ländern zählen unter anderem das Great Barrier Reef in Australien, der Nationalpark Serengeti in Tansania, die Inka-Stadt Machu Picchu in Peru sowie die Pyramiden von Gizeh in Ägypten. In Deutschland sind unter den 52 Welterbestätten der Aachener Dom (seit 1978) und die Mathildenhöhe Darmstadt (2021).

Ursprünglich hätte das Welterbekomitee der UNESCO bereits 2022 im russischen Kasan tagen sollen. Wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine verschob es sein Treffen und verlegte es nach Riad in Saudi-Arabien.

bb/jj/apo (dpa, kna)