Unbequeme Denkmale
Was ist es wert, erhalten zu werden? Der Tag des offenen Denkmals ist eine schöne Gelegenheit, darüber nachzudenken. In diesem Jahr steht er unter dem Motto: "Jenseits des Guten und Schönen".
Unangenehm teuer
In Deutschland stehen schätzungsweise eine Million Immobilien unter Denkmalschutz. Sie sollen erhalten werden, damit sich auch künftige Generationen ein Bild von Kunst und Leben vergangener Zeiten machen können. Was ist es wert, erhalten zu werden? Der Tag des offenen Denkmals ist eine gute Gelegenheit, darüber nachzudenken. Dieses Jahr steht er unter dem Motto: "Jenseits des Guten und Schönen".
Mahnmal des Wettrüstens
Denkmale können aus unterschiedlichen Gründen "unbequem" sein. Beispielsweise, weil sie unmittelbar an finstere Kapitel der Geschichte erinnern. In der Heeresversuchsanstalt Peenemünde wurde zwischen 1936 und 1945 für die geplante militärische Überlegenheit Nazi-Deutschlands geforscht. Unter massivem Einsatz von Zwangsarbeitern, KZ-Häftlingen und Kriegsgefangenen.
Aus dem Bewusstsein verdrängt
Im Dritten Reich gab es ca. 70 Kriegsgefangenenlager. Hunderttausende waren dort interniert, viele starben. Die meisten Lager sind von der Landkarte und aus dem Bewusstsein verschwunden. Im niedersächsischen Sandbostel wehrt sich eine Stiftung gegen das Vergessen. 22 von ursprünglich 150 Baracken eines Gefangenenlagers stehen hier noch, in einer gibt es seit dem Frühjahr eine Dauerausstellung.
Gefahr aus dem Untergrund
Das romantische Schloss Türnich in Nordrhein-Westfalen bezaubert mit prachtvoller Kapelle und Barockgarten. Aber es ist unbewohnbar. Infolge des Braunkohlebergbaus hat sich der Grundwasserspiegel in der Gegend abgesenkt, das Schloss droht auseinanderzubrechen. Eine Herausforderung für den Denkmalschutz!
Öffentliches Ärgernis
Was soll der Denkmalschutz bewahren? Die Siedlung "Schlieperblock" in Iserlohn wurde 1928 erstmals bezogen – von Wohnungs- und Erwerbslosen. Seitdem ist sie ein sozialer Brennpunkt, viele können sie deshalb nicht als baukulturelles Erbe wahrnehmen. Aber, sagt der zuständige Landeskonservator, gerade in der Sozialgeschichte sei ein wichtiger Aspekt des Denkmalwertes der Anlage zu sehen.
Jahrhunderte alter Zeitzeuge
Bei Burgen ist der Abstand zur ursprünglichen Nutzung so groß, dass man sich das Leiden in Kerkern und Verliesen kaum noch vorstellen kann. Ein gruseliger Schauer und das war es dann auch schon. Die Wewelsburg verstört nachhaltiger. Die Nazi-Terrororganisation SS plante hier ein ideologisches Zentrum. Bauen sollten es Häftlinge, für die eigens ein Konzentrationslager errichtet wurde.
Nutzlos gewordene Industriearchitektur
Die "Alte Dreherei" in Mülheim an der Ruhr kann viele Geschichten erzählen. 1874 wurde sie als Teil eines Eisenbahnausbesserungswerks errichtet und war bis 1959 in Betrieb. Sodann teilte sie das Schicksal vieler alter Industriebauten: Sie verfiel. Seit 2008 kümmert sich nun ein Trägerverein um Erhalt und Restaurierung der Halle. Künftig soll sie als "Haus der Vereine" genutzt werden.
Gelungene Umwidmung
In das Gefängnis Oterndorf kam, wer schwarz geschlachtet oder dem Nächsten sein Eigentum genommen hatte. Und dann hatte er Glück. Denn in dem kleinen Gefängnis war es warm, trocken und sicher. Und es gab ausreichend zu essen. Damit war das Gefängnis Ende des 19. Jahrhunderts seiner Zeit weit voraus. Heute finden in dem sanierten, aber kaum veränderten Gebäude Trainings für Manager statt.
Vielerlei Einblicke
Seit 1993 ist der zweite Sonntag im September für den Denkmalschutz reserviert. Die Idee dazu kam aus Frankreich, vom damaligen Kulturminister Jack Lang. Mittlerweile ist der Tag des offenen Denkmals eine feste Größe – in diesem Jahr öffnen etwa 8000 Objekte in 2700 Städten und Gemeinden ihre Türen. Darunter auch diese ehemalige Armenkate im schleswig-holsteinischen Groß Pampau.
Den Zeiten trotzen
Vielerorts wird heftig über die Zukunft alter Bauten debattiert. Manchmal wird unter Protest abgerissen, manchmal trotz vieler Proteste erhalten. Die Denkmalpflege steht vor vielfältigen Herausforderungen. Aber immer wieder zeigt sich, dass sich die Mühe lohnt. In Naumburg ist das wohl dienstälteste Straßenbahndepot Deutschlands seit 2007 wieder täglich in Betrieb.