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Vor 200 Jahren gestorben: Johann Baptist Vanhal

Klaus Gehrke19. August 2013

Johann Baptist Vanhal, der am 20. August 1813 in Wien starb, genoss nicht nur als Musiker und Komponist hohes Ansehen; der geschäftstüchtige Verleger finanzierte zudem sein Leben ohne fürstliche Patronage.

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Portrait des Komponisten und Musikers Johann Baptist Vanhal, das Karl Riedel nach der Miniatur von Johann Adamek 1815 anfertigte. (Foto: picture-alliance/akg)
Johann Baptist VanhalBild: picture-alliance/akg-images

Wien ist um 1790 das Mekka der Musik. Wer als Interpret oder Komponist Karriere machen will, kommt an der Donaumetropole nicht vorbei. Allerdings zählen hier nicht nur großes Talent, sondern vor allem gute Beziehungen und finanzstarke Förderer. Johann Baptist Vanhal, der in den vornehmsten Kreisen Wiens verkehrt, schafft schließlich das, wovon viele seiner Kollegen noch träumen: Er wird unabhängig von adligen Unterstützern – und damit der erste wirklich freie Komponist.

Hoch talentierter Bauersohn

Den Drang zur individuellen Freiheit hat der am 12. Mai 1739 im böhmischen Nové Nechanice geborene Vanhal von Kindesbeinen an: Seine Eltern sind leibeigene Bauern. Früh erkennen Schulmeister und Musiklehrer die Begabung des Jungen, der mit 17 Jahren als Organist und Chorleiter arbeitet, nebenbei sein Violinspiel perfektioniert und erste Werke komponiert. Auf die Dauer bleibt das junge Musikgenie auch der Grundherrin Gräfin Schaffgotsch nicht verborgen. Sie schickt den 20jährigen Vanhal zur weiteren Ausbildung nach Wien, wo er unter anderem bei Carl Ditters von Dittersdorf studiert. Rasch erwirbt sich der junge Musiker in Kreisen des Adels und gehobenen Bürgertums großes Ansehen als exzellenter Geiger, Lehrer und zunehmend auch als Komponist.

Einflussreiche Kontakte

Seine Karriere in Wien verschafft ihm schnell ein finanzielles Polster. Mit dem Geld kauft Vanhal sich zunächst einmal von der Leibeigenschaft los. 1769 bezahlt ihm ein Mäzen einen einjährigen Studienaufenthalt in Italien. Dort knüpft er Kontakte zum berühmten Opernkomponisten Christoph Willibald Gluck und dessen nicht minder bedeutenden Kollegen Florian Gassmann. Nach der Rückkehr aus Italien verkracht Vanhal sich mit seinem Gönner – denn der will ihn nach Dresden beordern, was der Komponist strikt ablehnt. Aber es gibt noch andere Mäzene, die sich mit seinem Namen schmücken wollen: Der ungarische Graf Ladislaus Erdödy wird Vanhal für einige Jahre finanziell unterstützen und ihn mehrfach auf sein Landgut einladen.

'Ansicht vom Graben gegen den Kohlmarkt in Wien' auf einer historischen kolorierten Radierung des Jahres 1781 von Carl Schütz (Foto: picture-alliance/akg)
Der Graben in Wien um 1781Bild: picture alliance/akg

Sprung in die Unabhängigkeit

Ab 1780 werden in Wien etwa 300 Werke von Vanhal gedruckt und veröffentlicht. Sein Kompositionsverzeichnis ist immens: 76 Sinfonien, 60 Solokonzerte, 53 Streichquartette, 108 Trios, 13 Sextette und 17 Quintette befinden sich darunter. Darüber hinaus ist er weiterhin als Geiger tätig und spielt unter anderem mit Mozart, Haydn und Dittersdorf Streichquartett. Kurze Zeit später stellt Vanhal die Komposition von Sinfonien, Konzerten und Kammermusik ein und wendet sich der Kirchen- und Orgelmusik zu. Auch hat er die Bedürfnisse des aufstrebenden musikinteressierten Bürgertums im Blick: Für die wachsende Zahl von Klavierliebhabern entstehen Sonaten, Fantasien, Variationen und didaktische Werke, die im eigenen Musikverlag erscheinen. Damit schafft Vanhal, was seinen Kollegen nicht vergönnt ist: Er kann seine Existenz ohne fürstliche Patronage sichern und ist einer der ersten wirklich frei schaffenden Komponisten.

Titelblatt von Vanhals "sechs Symphonien" op. 7, die um 1770 im Verlag Hummel erschienen Foto: DW/New Grove Dictionary of Music
Titelblatt Vanhal Sechs Sympfonien Opus 7

Langsame Wiederentdeckung

Als er am 20. August 1813 in Wien stirbt, trauert ganz Europa um einen der bedeutendsten Meister der Tonkunst. Doch der Nachruhm währt nur kurz. Bald verschwindet auch Vanhal im Schatten Ludwig van Beethovens. Erst im Laufe des 20. Jahrhunderts werden seine Werke, vor allem die Sinfonien, langsam wieder entdeckt. Dagegen warten die Kammer- und besonders die Kirchenmusik teilweise noch heute auf eine Neuerschließung. Fest steht, dass Vanhal nicht nur ein sehr produktiver und erfolgreicher Komponist war, sondern auch in spiel – und besetzungstechnischer Hinsicht eine wichtige Rolle im Bereich der Wiener Klassik spielte. Mit musikalischen Neuerungen, etwa der konsequenten Verwendung des Menuetts in den Sinfonien oder der dominanten Rolle des ersten Geigers im Streichquartett, prägte er die Musikgeschichte seiner Zeit. Eine größere Aufmerksamkeit im heutigen Konzertsaal hat Vanhal allemal verdient.

Portrait des jungen Johann Baptist Vanhal auf einem CD-Cover
Der junge Vanhal auf einem CD-Cover