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Taliban Al Kaida Afghanistan

18. Juni 2011

Die Vereinten Nationen nehmen künftig eine schärfere Trennung zwischen der Taliban-Bewegung und dem Terror-Netzwerk Al Kaida vor. Der Schritt soll vor allem eine Aussöhnung mit den Taliban in Afghanistan ermöglichen.

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Taliban (Foto: Elham Rohullah)
Taliban - künftige Verhandlungspartner?Bild: Elham Rohullah

Der Weltsicherheitsrat führt in Zukunft getrennte Sanktionslisten für Mitglieder der Terrororganisation Al Kaida und der afghanischen Taliban. Zwölf Jahre nach Einführung einer gemeinsamen Sanktionsliste beschloss das höchste UN-Gremium am Freitag (17.06.2011) in New York, die beiden Gruppen nun separat zu behandeln.

Auf der gemeinsamen Liste waren zuletzt rund 450 Taliban- und Al-Kaida-Anhänger sowie Terrorzellen erfasst. Gegen sie ist ein Katalog von Sanktionen verhängt, darunter Reisebeschränkungen und die Sperrung von Auslandsvermögen. Durch die Trennung der Sanktionslisten haben die UN - wie Diplomaten erläuterten - nun mehr Flexibilität bei der Aufnahme und vor allem der Streichung von Namen.

"Klare Botschaft" des Sicherheitsrates

Susan Rice (Foto: picture alliance/landov)
Susan RiceBild: picture alliance / landov

Die verabschiedeten Resolutionen sendeten eine "klare Botschaft an die Taliban", sagte die UN-Botschafterin der USA, Susan Rice. "Es gibt eine Zukunft für diejenigen, die Al Kaida den Rücken kehren, der Gewalt abschwören und die afghanische Verfassung respektieren."

US-Präsident Barack Obama hatte erst kürzlich keinen Zweifel daran gelassen, dass der Krieg in Afghanistan nicht zu gewinnen ist. "Wir werden das Problem nicht militärisch lösen. Doch wir können unsere militärischen Erfolge nutzen, um eine politische Lösung anzustoßen", sagte Obama während seiner Europareise im Mai. Es werde "keine perfekte Lösung sein", fügte er hinzu. Es gehe vielmehr darum, einen Punkt zu erreichen, "an dem eine politische Lösung unseren Werten und den Gründen entspricht, warum wir in Afghanistan eingegriffen haben."

Strategische Sicherheit statt Demokratie

US-Soldaten in Afghanistan (Foto: AP)
US-Soldaten in AfghanistanBild: AP

Das heißt nach zehn Jahren Krieg vor allem, dass Afghanistan nie wieder eine sichere Heimat für Terroristen sein soll. Es geht nicht mehr darum, das Land in eine Demokratie nach westlichem Vorbild zu verwandeln. In den USA hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass es ohne eine Beteiligung der Taliban in Afghanistan keinen Frieden geben wird. Barack Obama steht zu Hause unter Druck. Er will im nächsten Jahr wiedergewählt werden, und der Afghanistan-Krieg hat die Unterstützung der amerikanischen Bevölkerung längst verloren.

Derzeit sind weit mehr als 90.000 US-Soldaten am Hindukusch stationiert. Sie sollen so schnell wie möglich zurückkommen. "Das bedeutet in letzter Konsequenz, mit den Taliban zu sprechen", betont der US-Präsident.

"Ganz am Anfang eines langen Prozesses"

Doch die Taliban-Bewegung um Mullah Omar stellt Bedingungen für Gespräche. Dazu gehören der Abzug aller ausländischen Truppen und eben auch die Streichung der Taliban-Anhänger von UN-Sanktionsliste.

Hamid Karsai (Foto: AP)
Hamid KarsaiBild: AP

Die Regierung von Hamid Karsai hat beim Sanktionskomitee eine Liste mit mehr als 40 Namen eingereicht, die möglichst schnell gestrichen werden sollen. Der afghanische Präsident wünscht sich ein klares politisches Zeichen der internationalen Staatengemeinschaft, damit sein Versöhnungsprogramm vorankommt, das vom Westen bezahlt wird. Es gebe Kontakte mit den Taliban, bekräftigt Karsai, ohne Namen zu nennen. "Aber unsere Kontakte können sich an keine feste Adresse richten, weil es die leider nicht gibt." Er will die Kontakte möglichst offiziell machen und durch den afghanischen "Hohen Friedensrat" kanalisieren.

Hamid Karsai hat die 70 Mitglieder des "Hohen Friedensrates" selber ernannt. Darunter sind auch fünf Männer, die auf der bisherigen gemeinsamen Schwarzen Liste des UN-Sanktionskomitees gegen Taliban und Al Kaida stehen. Einer von ihnen ist Maulawi Arsala Rahmani, der bis zum Sturz des afghanischen Taliban-Regimes im Herbst 2001 stellvertretender Minister für die höhere Bildung war. Heute sitzt Rahmani als Senator im afghanischen Oberhaus. Zu den betroffenen Fünf gehört aber auch Maulawi Qalamudin. Er hatte unter den Taliban direkten Einfluss auf die gefürchtete Religionspolizei.

"Wir stehen ganz am Anfang eines langen Prozesses, der auch eine Mitte hat, bevor er zum Ende kommt", betont der afghanische Präsident, der die Taliban nicht als Terroristen betrachtet. Wie ernsthaft und systematisch die Kontakte derzeit sind, vermag niemand zu sagen. Sie für den Beginn von Friedensverhandlungen zu halten, wäre falsch.

Autorin: Sandra Petersmann
Redaktion: Christian Walz