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Umsturz in der Ukraine

22. Februar 2014

Präsident Janukowitsch entgleitet die Macht - zum Rücktritt ist er jedoch nicht bereit. Die Polizei stellte sich auf die Seite der Opposition. Julia Timoschenko soll umgehend aus der Haft freikommen.

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Platz der Unabhängigkeit am 22.02.2014
Bild: Getty Images

Die ukrainischen Sicherheitsorgane des Innenministeriums haben sich in Kiew offiziell auf die Seite der Opposition geschlagen. Das teilte die für die Polizei im Land zuständige Behörde auf ihrer Internetseite mit. Wie die Deutsche Presseagentur dpa weiter zitiert, diene dies ausschließlich dem ukrainischen Volk und unterstütze vollständig das Streben der Bürger nach schnellstmöglichen Änderungen. "Die Miliz ruft die Bürger auf, mit gemeinsamen Anstrengungen die Rechtsordnung im Staat zu wahren, keine Vernichtung der Infrastruktur der Rechtsschutzorgane zuzulassen, die jahrelang aufgebaut wurde und immer vom Volk benötigt wird für den Schutz vor rechtswidrigen Handlungen", teilte das Ministerium mit. Das Parlament in Kiew verabschiedete mehrere umwälzende Beschlüsse. So soll zum Beispiel die inhaftierte Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko nun umgehend freigelassen werden.

Der für die Sicherheitskräfte bislang zuständige Minister war zuvor aus dem Land geflohen. "Der Übergang zur parlamentarisch-präsidialen Regierungsform darf kein Chaos verursachen und die Gesellschaft der Unordnung und Willkür ausliefern", hieß es weiter in der Mitteilung der Polizeibehörde. "Vereinigen wir unsere Kräfte für die Schaffung eines wahrlich unabhängigen demokratischen rechtlichen europäischen Staates!"

"Ich bin der gewählte Präsident"

Der ukrainische Staatschef Viktor Janukowitsch hält sich in der Millionenstadt Charkow auf. Dort schloss er einen Rückritt vom Amt aus und bekräftigte: "Ich werde das Land nicht verlassen." Er sei weiter der rechtmäßige Präsident des Landes, unterstrich Janukowitsch gegenüber einem Lokalsender in Charkow. Janukowitsch war nach Medienberichten am Vorabend überhastet in Begleitung von Vertrauten und Leibwächtern aus Kiew abgereist.

Parlamentschef Wladimir Rybak erklärte aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt. Rybak gilt als enger Weggefährte von Janukowitsch. Medienberichten zufolge soll sich Rybak am Vorabend gemeinsam mit Janukowitsch ins ostukrainische Charkow abgesetzt haben. Zum Nachfolger Rybaks wählte das Parlament Alexander Turtschinow, der bis zur Ernennung einer Übergangsregierung die Kabinettsarbeit steuern soll. Turtschinow ist ein Vertrauter von Julia Timoschenko. Sie soll nach einem Parlamentsbeschluss umgehend freigelassen werden.

Wladimir Rybak am 21.02.2014 (Foto: Reuters)
Parlamentspräsident Rybak (sitzend) trat zurückBild: Reuters

Die Demonstranten blieben da

Tausende Menschen hatten in der Nacht auf dem Maidan in Kiew ausgeharrt. Sie hatten das vorläufige Abkommen Janukowitschs mit der parlamentarischen Opposition als nicht ausreichend kritisiert. Darin hatten die Konfliktparteien unter EU-Vermittlung vorgezogene Präsidentenwahlen, eine Übergangsregierung und eine neue Verfassung vereinbart. In den vergangenen Tagen waren bei Zusammenstößen von Regierungsgegnern mit der Polizei in Kiew mindestens 77 Menschen getötet worden.

Lucian Kim zur Lage in der Ukraine

Ein Machtvakuum?

"Wir fordern den sofortigen Rücktritt des Präsidenten", sagte der Radikale Parubij. Falls Janukowitsch offiziell zurücktreten sollte, übernähme laut Verfassung der Regierungschef die Führung des Landes. Dieses Amt hat derzeit kommissarisch Sergej Arbusow inne, der allerdings ebenfalls als Vertrauter Janukowitschs gilt. Es könnte nach einem etwaigen Rückzug Janukowitschs aber auch ein Machtvakuum geben.

Witali Klitschko am 22.02.2014 in Kiew (Foto: Getty)
Kann Klitschko die Macht übernehmen?Bild: Getty Images

In rund zwei Dutzend Städten stürzten Regierungsgegner Statuen des sowjetischen Revolutionsführers Lenin. Er gilt ihnen als Symbol des alten Regimes, dessen Vertreter noch im sowjetischen System groß geworden sind.

ml/cw (dpa, rtr, ap)