1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteUkraine

Ukrainischer Luftwaffenchef muss gehen

31. August 2024

Nur wenige Kampfflugzeuge des Typs F-16 hat die Ukraine vom Westen bisher erhalten. Der Verlust eines dieser Jets unter ungeklärten Umständen lässt Präsident Selenskyj sofort handeln.

https://p.dw.com/p/4k81Y
Mykola Oleschtschuk, Kommandeur der ukrainischen Luftstreitkräfte, steht im Flecktarn vor einem Mikrofon
Mykola Oleschtschuk war von 2021 bis 2024 Kommandeur der ukrainischen Luftstreitkräfte (Archivbild)Bild: dpa

Die ukrainische Luftwaffe bekommt nach dem Verlust eines Kampfjets vom Typ F-16 eine neue Führung. Präsident Wolodymyr Selenskyj entließ den bisherigen Luftwaffenkommandeur Mykola Oleschtschuk. Übergangsweise soll Anatolij Krywonoschko den Posten übernehmen, wie der Generalstab mitteilte.

Selenskyj erwähnte die zuvor per Dekret bekanntgegebene Personalentscheidung in seiner abendlichen Videoansprache, ließ die Gründe dafür aber offen. Zugleich betonte er, dass die Kommandostrukturen gestärkt und die Einsatzkräfte geschützt werden müssten.

Oleschtschuk hatte Abgeordneter gedroht

Kurz vor seiner Entlassung hatte Oleschtschuk noch eine Parlamentarierin kritisiert, die die offizielle Version des Absturzes in Zweifel zieht. Sie leiste russischer Propaganda Vorschub, schrieb Oleschtschuk und drohte, sie vor Gericht zu bringen. Der Verlust der Maschine werde aufgeklärt, auch in Zusammenarbeit mit dem Herstellerland USA.

Zwei F-16-Kampfjets in der Luft
Laut Medienberichten soll die Ukraine nur über eine Handvoll F-16-Maschinen verfügen - jedes einzelne Flugzeug hat einen geschätzten Wert von mehr als 25 Millionen Euro (Archivbild)Bild: Valentyn Ogirenko/REUTERS

Die Abgeordnete Marjana Besuhla hatte im sozialen Netzwerk X geschrieben, die Maschine sei wegen fehlender Koordination von einem ukrainischen Patriot-Flugabwehrsystem getroffen worden. Verteidigungsminister Rustem Umjerow sagte hingegen im US-Sender CNN, die Untersuchungen zur Absturzursache dauerten noch an; er wolle keine Vermutungen anstellen.

Am Donnerstag hatte das Militär bestätigt, dass eine der wenigen F-16-Maschinen im Einsatz gegen einen massiven russischen Luftangriff am Montag verloren gegangen sei. Offiziell war von einem Absturz die Rede. 

Wieder Tote auf beiden Seiten

Unterdessen dauern die Kämpfe im Grenzgebiet an. Bei einer russischen Attacke auf die Stadt Charkiw im Nordosten der Ukraine wurden laut dem dortigen Militärgouverneur mindestens sieben Menschen getötet und rund 100 weitere verletzt. Demnach trafen gelenkte Fliegerbomben unter anderem ein zwölfstöckiges Wohnhaus, das teilweise einstürzte.

Feuerwehrleute spritzen von einem Kran aus Wasser auf einen zerstören Teil eines Wohnhauses, in dem Flammen und Rauch zu erkennen sind
Löscharbeiten an einem Wohnhaus in Charkiw, das nach ukrainischen Angaben von einer russischen Lenkbombe getroffen wurdeBild: Andrii Marienko/AP/dpa/picture alliance

In der Stadt Belgorod auf der anderen Seite der Grenze wurden nach russischen Angaben mindestens fünf Menschen durch ukrainischen Beschuss getötet. Zudem gebe es mindestens 46 Verletzte, teilte Gebietsgouverneur Wjatscheslaw Gladkow mit. Weil Moskaus Militär das Grenzgebiet Belgorod als Ausgangspunkt seiner Angriffe auf Charkiw nutzt, wird die Region häufig von ukrainischer Seite beschossen. Kiew versucht seit zwei Jahren, eine großangelegte russische Invasion abzuwehren.

Austin: Ukrainische Luftabwehr soll gestärkt werden

Verteidigungsminister Umjerow und Selenskyjs Stabschef Andrij Jermak pochten bei einem Treffen mit Pentagon-Chef Lloyd Austin in Washington erneut auf die Freigabe weitreichender westlicher Waffen gegen Ziele in Russland. Nach der Unterredung mit seinem US-Amtskollegen sagte Umjerow, er hoffe, gehört worden zu sein.

USA | Verteidigungsminister Lloyd Austin spricht während eines Pressebriefings im Pentagon
US-Verteidigungsminister Llyod Austin stellt sich weiter hinter die Ukraine - lässt aber offen, ob die Westmächte ihre Beschränkungen für gelieferte Waffen lockern werden (Archivbild)Bild: Kevin Wolf/ASSOCIATED PRESS/picture alliance

Austin erklärte, die Flugabwehr der Ukraine solle gestärkt werden. Dafür wollten sich die Vereinigten Staaten beim nächsten Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein in der kommenden Woche starkmachen. CNN hatte vorab berichtet, die ukrainische Seite wolle der US-Regierung auch eine Liste von potenziellen Zielen in Russland vorlegen.

Dahinter steht die Hoffnung, mit Treffern auf russische Befehlsstellen, Flugplätze, Munitionslager und Kasernen viele Attacken des Aggressors schon im Ansatz abzuwehren. Bislang beschränken die westlichen Mächte den Einsatz der von ihnen gelieferten Waffen.

EU hängt Messlatte höher

Die EU-Staaten haben sich ein neues Ziel für die Ausbildung ukrainischer Streitkräfte gesetzt. Nach Angaben des Außenbeauftragten Josep Borrell sollen bis Jahresende weitere 15.000 Soldaten in der Europäischen Union trainiert werden. Zusammen mit den bereits ausgebildeten Kräften werde man dann auf eine Gesamtzahl von 75.000 kommen, sagte der Spanier nach einem Treffen der Verteidigungsminister in Brüssel.

Weiter keine einheitliche Position gibt es nach seinen Angaben zu der Frage, ob ukrainische Soldaten durch Ausbilder aus EU-Staaten künftig auch in der Ukraine selbst geschult werden. Mehrere EU-Mitglieder hatten sich dafür offen gezeigt. "Wir müssen militärische und politische Überlegungen berücksichtigen, aber wir schließen diese Möglichkeit nicht aus", sagte der schwedische Verteidigungsminister Pål Jonson. Einige Staaten wie Polen halten nach eigener Darstellung eine fortdauernde Ausbildung auf ihrem Gebiet für zu aufwendig.

jj/sti (dpa, afp, rtr)