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Ukraine: Warten auf die Wahlergebnisse

25. Oktober 2015

Rund 30 Millionen Ukrainer waren aufgerufen, ihre Kommunalvertretungen neu zu bestimmen. Nun geht es ans Stimmen auszählen. Präsident Poroschenko und seine Regierung stehen auf dem Prüfstand.

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Ukrainischer Wähler im Wahllokal (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/V. Ogirenko

Die Wahllokale in der Ukraine sind geschlossen, Ergebnisse werden jedoch frühestens am Montag erwartet. Überschattet wurden die Kommunal- und Bürgermeisterwahlen von dem Konflikt Kiews mit den prorussischen Separatisten im Osten des Landes.

In der ostukrainischen Hafenstadt Mariupol, der letzten größeren Stadt in der Konfliktregion unter Kontrolle der ukrainischen Armee, wurde die Wahl kurzfristig abgesagt. Die Stimmabgabe müsse verschoben werden, weil es Probleme mit den Wahlscheinen gegeben habe, teilte die städtische Wahlkommission mit.

Geschlossene Wahllokale

Die Bürger Mariupols erhoben den Vorwurf, dass die 500.000-Einwohner-Stadt absichtlich ohne Verwaltung bleiben solle. Die prorussischen Rebellen im Osten des Landes hatten wiederholt versucht, die strategisch wichtige Stadt zu erobern, die zwischen den von den Rebellen kontrollierten Gebieten und der von Russland annektierten Halbinsel Krim liegt.

Wahllokal in Mariupol (Foto: AP Photo)
In Mariupol werden die Stimmzettel überprüft - angeblich fehlten WahlscheineBild: picture-alliance/AP Photo/I. Gorbaseva

Nicht nur in Mariupol blieben die Wahllokale überraschend geschlossen. So teilte das Innenministerium in Kiew mit, mehr als 230 Stimmlokale in den von Regierungstruppen kontrollierten Gebieten in der Ostukraine hätten nicht wie geplant um 8.00 Uhr (Ortszeit) geöffnet - davon 200 in Mariupol. Auch in der bevölkerungsreichen Stadt Krasnoarmiisk wurde die Wahl verschoben.

Poroschenko: "Absolut inakzeptabel"

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko erklärte daraufhin, in Mariupol "wurde Wahlbetrug vorbereitet". Er nannte dies bei seiner Stimmabgabe in Kiew "absolut inakzeptabel" und forderte eine Untersuchung. Darüberhinaus wies er das Parlament an, rasch einen neuen Wahltermin festzulegen.

Für Poroschenko ist die Abstimmung eine Testwahl. Denn angesichts des Konflikts im Osten des Landes sind seine Zustimmungswerte stark eingebrochen. Nach jüngsten Umfragen lehnen 71 Prozent der Ukrainer seine Amtsführung ab, nachdem der prowestliche Präsident im Mai 2014 noch im ersten Durchgang mit 54,7 Prozent der Stimmen gewählt worden war.

Petro Poroschenko bei der Kommunalwahl in der Ukraine (Foto: Reuters)
Präsident Poroschenko unter Druck: Ein Erstarken der Opposition könnte seinen prowestlichen Kurs gefährdenBild: Reuters/G. Garanich

Auswirkungen auf Kiew

Zwar wird die Ukraine zentral regiert, doch die regionalen Unterschiede in Europas zweitgrößtem Flächenstaat bleiben groß. So ist es nicht unerheblich, für welche Führung sich die eher russisch geprägten Millionenstädte Dnipropetrowsk in der Mitte, Charkiw im Osten oder Odessa im Süden und Südosten des Landes entscheiden. Für die Regierung ist das größte Risiko dieser Wahl ein Erstarken der prorussischen Opposition in diesen Kommunen. In der Partei "Oppositionsblock" haben sich die Anhänger des 2014 gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch und seiner "Partei der Regionen" gesammelt.

Die meisten Bewerber für kommunale Posten stellen jedoch die Präsidentenpartei "Petro-Poroschenko-Block" und die "Vaterlandspartei" der früheren Regierungschefin Julia Timoschenko. Sie liegen in Umfragen vorn. Beobachter gehen davon aus, dass die zerstrittene Regierungskoalition Poroschenkos an der Wahl zerbrechen könnte, sollte Timoschenkos Vaterlandspartei gut abschneiden und die Koalition verlassen.

In der Hauptstadt Kiew trat der prowestliche ehemalige Star-Boxer Vitali Klitschko als Bürgermeister zur Wiederwahl an. Angesichts einer eher mageren Reformbilanz gilt es allerdings als unsicher, ob er im Amt bestätigt wird.

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko (rechts), seine Frau Natalia und sein Bruder Wladimir bei der Kommunalwahl in der Ukraine (Foto: Reuters)
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko (rechts), seine Frau Natalia und sein Bruder WladimirBild: Reuters/V. Ogirenko

Eigene Wahlen der Separatisten

Nicht gewählt wird auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim und in den Separatistengebieten im Osten. Die prorussischen Rebellenhochburgen Donezk und Luhansk planten eigene Wahlen, die aber gegen die Minsker Vereinbarungen zur Beilegung des Konflikts verstoßen hätten. Auf internationalen Druck wurden sie daher vorerst auf das Frühjahr 2016 verschoben.

Angesichts der unsicheren Lage hatten die ukrainischen Behörden außerdem beschlossen, in 122 von der ukrainischen Armee kontrollierten Kommunen an der Frontlinie keine Wahlen abzuhalten. In dem Gebiet wird seit September ein Waffenstillstand zwischen Regierung und Rebellen weitgehend eingehalten.

Erste belastbare Ergebnisse werden aufgrund eines komplizierten Auszählungsverfahrens erst am Montag erwartet. Etwa 1500 Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), des Europaparlaments, des Europarats und anderer Organisationen überwachen die Abstimmung.

nin/qu (afp, dpa)