Ukraine-Krieg: Selenskyj ruft China auf, Einfluss zu nehmen
28. Dezember 2024Nordkoreas Truppen, die in der russischen Region Kursk kämpfen, erleiden nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj schwere Verluste. Außerdem würden sie von Russlands Streitkräften, an deren Seite sie kämpften, ungeschützt gelassen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.
Die russischen Truppen täten alles, um zu verhindern, dass nordkoreanische Soldaten von den ukrainischen Streitkräften gefangen genommen würden. Selenskyj behauptete, dass sie eher von ihren eigenen Leuten getötet würden. Diese Darstellung ist nicht überprüfbar. Einige nordkoreanische Soldaten seien dennoch von ukrainischen Truppen gefangen genommen worden, so Selenskyj. Aber sie seien so schwer verletzt gewesen, dass sie nicht gerettet werden konnten.
Das koreanische Volk "sollte nicht sein Leben in Schlachten in Europa verlieren. Darauf können Koreas Nachbarn, einschließlich China, Einfluss nehmen". Wenn die Regierung in Peking es ernst meine mit ihren Erklärungen, dass der Krieg nicht ausgeweitet werden sollte, müsse sie angemessenen Druck auf Nordkoreas Führung ausüben. China ist der engste Verbündete des isolierten kommunistischen Landes.
Mehr als 1000 Gefallene in der vergangenen Woche
Auch die US-Regierung beobachtet, dass die Nordkoreaner mittlerweile in großer Zahl bei Kursk eingesetzt werden. Man gehe davon aus, dass die Soldaten dort massive "Infanterieangriffe gegen ukrainische Stellungen" unternähmen, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby.
Er betonte jedoch, dass die Taktik von "Wellen" ungeschützter Angriffe zu Fuß sich als wenig effektiv erwiesen habe. Sie habe zu erheblichen Verlusten bei den nordkoreanischen Soldaten geführt. Allein in der vergangenen Woche seien nach US-Schätzungen mehr als 1000 Soldaten getötet oder verwundet worden.
Kirby sagte, es gebe Berichte, dass nordkoreanische Soldaten sich lieber das Leben nähmen, als sich den Ukrainern zu ergeben - "wahrscheinlich aus Angst vor Repressalien gegen ihre Familien in Nordkorea, falls sie gefangen genommen werden", fügte er hinzu. Nordkorea hat Berichten zufolge etwa 10.000 Soldaten nach Russland entsandt, um die russische Armee im Kampf gegen die Ukraine zu unterstützen.
Die Ukraine hatte im Sommer nach mehr als zwei Jahren Verteidigung gegen Russlands Angriffskrieg die Kämpfe mit der Offensive im Gebiet Kursk erstmals auf russisches Gebiet zurückgetragen. Bis heute hält die Ukraine trotz schwerer russischer Angriffe - unterstützt nun auch von nordkoreanischen Soldaten - einen Brückenkopf von mehreren Hundert Quadratkilometern im Nachbarland unter Kontrolle.
Melnyk fordert Zeichen der Stärke
Angesichts des anstehenden Regierungswechsels in Washington hat der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, eine massive Ausweitung deutscher Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert. "Ich erwarte von der neuen Bundesregierung, dass die Militärhilfe für die Ukraine im Koalitionsvertrag auf eine stabile Basis gestellt wird", sagte Melnyk der Funke Mediengruppe.
"Die künftige Koalition sollte für die nächsten vier Jahre mindestens 80 Milliarden Euro einplanen, also 20 Milliarden Euro pro Jahr." Dies sei "eine gewinnbringende Investition" auch für Deutschlands Sicherheit und zugleich ein Signal der Stärke an den designierten US-Präsidenten Donald Trump, an die Europäer und vor allem an Russlands Staatschef Wladimir Putin.
Der Transatlantik-Koordinator der noch amtierenden deutschen Bundesregierung, Tobias Lindner, setzt darauf, dass auch die neue US-Regierung unter dem designierten Präsidenten Trump die Führung in Kyjiw und die westlichen NATO-Partner in jedwede mögliche Nachkriegsordnung für die Ukraine einbezieht. "Wir erwarten natürlich von den Vereinigten Staaten, dass nicht über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer und der Europäerinnen und Europäer hinweg irgendetwas zur Ukraine entschieden wird, denn es betrifft ihre und unsere Sicherheit", sagte Lindner der Nachrichtenagentur AFP.
Der Transatlantik-Koordinator verwies in diesem Zusammenhang auf die Unterstützung Russlands durch China im Ukraine-Krieg und die Rivalität der Vereinigten Staaten mit der chinesischen Führung im Indopazifik. "Wer eine härtere Politik im Indopazifik fahren will, kann nicht beginnen, mit Russland irgendwie sich kuschelig zu machen oder ins Benehmen zu setzen. Das wird nicht funktionieren", sagte Tobias Lindner, der auch Staatsminister im Auswärtigen Amt in Berlin ist.
Der künftige US-Präsident Trump lehnt anders als der scheidende Amtsinhaber Joe Biden die massiven US-Milliardenhilfen für die Ukraine ab und hat bereits deren Kürzung in Aussicht gestellt. Es besteht die Befürchtung, dass die Ukraine durch ausbleibende Hilfen an den Verhandlungstisch und zur Abtretung russisch besetzter Gebiete gezwungen werden könnte.
AR/kle (rtr, dpa, afp)