Ukraine-Konflikt: Gefangenenaustausch erwartet
28. Dezember 2019Es sei die schwierigste Aufgabe des Jahres, sagte Wolodymyr Selenskyj in Kiew. "Es muss morgen einen Austausch geben. Wir warten darauf", so der ukrainische Präsident. Zuvor hatte Daria Morosova, eine Vertreterin der selbsternannten Republik Donezk, erklärt, die Rebellen und die Regierung in Kiew hätten sich auf einen umfangreichen Austausch von Gefangenen geeinigt, der an diesem Sonntag stattfinden soll. Die Separatisten sollen demnach 55 Gefangene freigeben und im Gegenzug 87 Gefangene übergeben bekommen.
Austausch an der Front
Laut russischen Medienberichten soll der Austausch nahe der Frontlinie stattfinden, die entlang der von den Separatisten kontrollierten Gebiete Donezk und Luhansk verläuft. Der Beauftragte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE), Martin Sajdik, bestätigte die Vorbereitungen für einen Gefangenenaustausch. Es habe offenbar noch Diskussionen darüber gegeben, welche Gefangenen im Einzelnen frei kommen sollten.
In Charkiw im Nordosten der Ukraine entließ ein Gericht jetzt drei Männer, die wegen der Vorbereitung eines Anschlags im Februar 2015 zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden waren. Staatsanwalt Wladimir Lymar sagte, die drei Entlassenen sollten Teil des Gefangenenaustauschs sein. Bereits Anfang der Woche hatten ukrainische Medien gemeldet, dass in Odessa elf Personen freigelassen wurden, die des Terrorismus beschuldigt werden - ebenfalls, um den Austausch vorzubereiten.
Einen ersten großen Gefangenenaustausch in dem seit 2014 währenden Ukraine-Konflikt hatte es Anfang September gegeben. Damals tauschten die Ukraine und Russland jeweils 35 Gefangene aus. Im November gab Russland der Ukraine dann drei Marineschiffe zurück, die die russische Küstenwache ein Jahr zuvor in der Straße von Kertsch beschlagnahmt hatte.
Ins Stocken geratene Gespräche
Der vereinbarte Gefangenenaustausch ist eines der wichtigsten Ergebnisse des Ukraine-Gipfels vor gut drei Wochen in Paris. Dabei kamen der russische Präsident Wladimir Putin und sein ukrainischer Kollege Selenskyj erstmals persönlich zusammen. Das Treffen war unter Vermittlung von Frankreich und Deutschland zustande gekommen. Die Gespräche über einen Gefangenenaustausch waren zuletzt ins Stocken geraten.
In dem Konflikt zwischen ukrainischen Truppen und den prorussischen Rebellen wurden in den vergangenen fünf Jahren etwa 13.000 Menschen getötet. Die Regierung in Kiew und der Westen werfen Russland vor, die Separatisten finanziell und durch Waffenlieferungen zu unterstützen. Die Führung in Moskau weist dies zurück.
In vier Monaten soll ein weiteres Gipfeltreffen zwischen Selenskyj und Putin stattfinden - wieder im so genannten Normandie-Format gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel.
AR/qu (afp, dpa, ap)