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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Wagner-Truppen aus Bachmut abgezogen

3. Juni 2023

Die russische Söldnertruppe Wagner hat ihren angekündigten Abzug aus dem weitgehend eroberten Bachmut nahezu abgeschlossen. Selenskyj beklagt weitere Probleme mit Schutzbunkern in Kiew. Nachrichten im Überblick.

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Jewgeni Prigoschin in Kampfmontur in Bachmut (25.05.2023)
Wagner-Chef Prigoschin in Bachmut bei Bekanntgabe des geplanten Abzugs (am 25. Mai)Bild: PRESS SERVICE OF "CONCORD"/REUTERS

 

Das Wichtigste in Kürze: 

  • Wagner-Truppe schließt Rückzug aus Bachmut fast ab
  • GB-Geheimdienst: "Luftlandetruppe verliert 'Elite'-Status"
  • Russische Behörden melden weitere Tote in Grenzregion Belgorod nach Beschuss
  • Selenskyj sieht Ukraine bereit für Gegenoffensive
  • IAEA: AKW Saporischschja seit drei Monaten ohne Notstromleitung

 

Die russische Privatarmee Wagner hat nach Angaben ihres Chefs Jewgeni Prigoschin ihren angekündigten Abzug aus dem weitgehend eroberten Bachmut fast abgeschlossen. 99 Prozent der Einheiten hätten die Stadt im Osten der Ukraine verlassen, teilte Prigoschin mit. "Alle Positionen sind in der entsprechenden Ordnung dem (russischen) Verteidigungsministerium übergeben worden." Es sei alles geklärt, sagte Prigoschin, der den Abzug für Anfang Juni angekündigt hatte. Bleiben sollen nach früheren Angaben nur zwei Wagner-Leute, um die reguläre russische Armee bei ihrer Kontrolle der Stadt im Gebiet Donezk zu unterstützen.

Prigoschin warf zugleich dem russischen Verteidigungsministerium vor, den Rückzugsweg, den die Wagner-Truppen benutzten, vermint zu haben. Das sei eine "Überraschung" gewesen. Der Wagner-Chef hatte dem Ministerium in Moskau bereits in der Vergangenheit immer wieder vorgeworfen, die Arbeit der Privatarmee zu boykottieren.

Wie weit der Positionswechsel tatsächlich vorangeschritten ist, ließ sich unabhängig zunächst nicht überprüfen. Offiziell aufgegeben haben die ukrainischen Truppen Bachmut bislang nicht.

GB-Geheimdienst: "Luftlandetruppe verliert 'Elite'-Status"

Durch den Abzug der Wagner-Söldner aus Bachmut haben nach Ansicht britischer Militärexperten die russischen Streitkräfte in der Ukraine an Flexibilität eingebüßt. So seien Einheiten der einst als Elite-Einheit bekannten Luftlandetruppen VDV inzwischen an der Front in Bachmut im Einsatz, heißt es im aktuellen Geheimdienstbericht des britischen Verteidigungsministeriums zum Krieg in der Ukraine. "Die VDV haben seit der Invasion viel von ihrem 'Elite'-Status verloren", so die Briten.

Zwar hätten russische Befehlshaber wohl versucht, einen Teil dieser Truppen als Reserve aufzusparen. Durch deren Einsatz an der Front in Bachmut seien aber nun die gesamten russischen Streitkräfte weniger in der Lage, flexibel auf Herausforderungen zu reagieren.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Russland wirft den Briten eine Desinformationskampagne vor.

Russische Behörden melden Tote in Grenzregion Belgorod 

In der russischen Grenzregion Belgorod sind bei neuem massivem Beschuss nach Behördenangaben zwei Menschen getötet und sechs weitere verletzt worden. Nahe der Grenzstadt Waluiki seien in einem Dorf schwere Geschosse auf einem Privatgrundstück eingeschlagen, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow mit. Unter den Verletzten seien auch zwei Kinder.

Ukraine Krieg | Von Gouverneur Gladkow veröffentlichtes Foto eines brennenden Gebäudes nach einem angeblichen ukrainischen Beschuss der Region Belgorod (02.06.2023)
Von Gouverneur Gladkow veröffentlichtes Foto nach einem angeblichen ukrainischen Beschuss der Region BelgorodBild: Governor of Russia's Belgorod Region Vyacheslav Gladkov via Telegram/REUTERS

Er veröffentlichte ein Foto von einem brennenden Gebäude. Gladkow sprach von einer unsicheren Lage in der Region durch den seit Tagen andauernden Beschuss durch ukrainische Truppen. Die Regierung in Kiew hat eine direkte Verantwortung für die Angriffe zurückgewiesen.

Besonders betroffen von dem Artilleriebeschuss war die Grenzstadt Schebekino, aus der viele Menschen flohen. Es sei weiter nicht sicher, dorthin zurückzukehren, sagte Gladkow.

Selenskyj: Ukraine bereit für Gegenoffensive

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht das Land für die seit Langem angekündigte Gegenoffensive zur Befreiung seiner Gebiete von der russischen Besatzung bereit. "Ich denke, wir sind heute dafür bereit", sagte er im Interview des "Wall Street Journal", das die US-Zeitung auch als Video veröffentlichte.

Selenskyj sagte außerdem, dass die Ukraine gern noch einige Waffen für die Offensive gegen die russische Invasion gehabt hätte, aber nicht mehr Monate auf deren Lieferung warten könne. "Wir glauben sehr an den Erfolg, ich weiß nicht, wie lange wir Zeit brauchen", sagte er. Er wies aber auch darauf hin, dass es dauern könne und der Preis für den Erfolg hoch sein werde. Seit Monaten wird über den Beginn der Offensive spekuliert, zeitweilig hatte es in Kiew geheißen, die Operation laufe bereits. 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat mit Blick auf die wiederholten nächtlichen russischen Raketen- und Drohnenangriffe auf sein Land weitere Probleme mit den Schutzbunkern in Kiew beklagt. Bürger der Hauptstadt beschwerten sich, dass es zu wenige Bunker gebe und einige obendrein verschlossen seien, sagte Selenskyj in seiner jüngsten abendlichen Videobotschaft. In einigen Stadtteilen gebe es gar keine Bunker.

Wolodymyr Selenskyj während seiner Videoansprache (02.06.2023)
Präsident Selensjyj während seiner Videoansprache am Freitagabend Bild: president.gov.ua

Für dieses Ausmaß an Nachlässigkeit in der Stadt dürfe nicht mit "irgendwelchen Rechtfertigungen" entschuldigt werden, kritisiert Selenskyj. Er wies die Regierung an, sich entsprechend um das Problem zu kümmern. Nach allem, was am Donnerstag passiert sei in Kiew, sei dieser Zustand untragbar.

Einwohner hatten in der fraglichen Nacht bei Luftalarm in Kiew vor einem verschlossenen Schutzbunker gestanden. Drei Menschen wurden bei den neuen russischen Angriffen getötet, darunter ein neun Jahre altes Kind.

Russland bemüht sich um mehr Freiwillige für den "Spezialeinsatz"

Das russische Verteidigungsministerium hat nach eigenen Angaben die Zahl der Musterungsstellen zur Anwerbung Freiwilliger für den Einsatz in der Ukraine ausgeweitet. Neben dem Verteidigungsministerium werben auch russische private Militärfirmen wie die Söldner-Truppe Wagner-Gruppe um Freiwillige. Der angebotene Sold von umgerechnet deutlich mehr als 2000 Euro liegt um ein Vielfaches über dem durchschnittlichen Einkommen in Russland. Nach offiziellen Angaben hatten sich in den vergangenen Monaten im Zuge einer Werbekampagne des Verteidigungsministeriums mehr als 100.000 Russen für die "militärische Spezialoperation" gemeldet, etwa ein Viertel der erhofften Kandidaten.

IAEA: AKW Saporischschja seit drei Monaten ohne Notstromleitung

Das von Russland besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) inzwischen seit drei Monaten ohne externe Notstromversorgung. Das mache das AKW extrem anfällig für den Fall, dass die einzige funktionierende Hauptstromleitung erneut ausfalle, heißt es in einer Mitteilung der IAEA.

Ukraine | AKW Saporischschja
Blick auf einen Teil des Atomkraftwerks Saporischschja Bild: Andrei Rubtsov/TASS/dpa/picture alliance

Die IAEA in Wien ist besorgt, dass ein Ausfall der Kühlsysteme zu einer Überhitzung der Brennstäbe und des Atommülls und damit zu einem nuklearen Unfall führen könnte. Seit der Besetzung des größten europäischen Kernkraftwerks durch russische Truppen im März 2022 war bereits mehrmals die Stromversorgung des Kraftwerks ausgefallen.

In solchen Fällen wird die Kühlung mittels der vorhandenen Dieselgeneratoren gewährleistet. Beim jüngsten derartigen Vorfall hatte es geheißen, der Treibstoff reiche für zehn Tage. Laut IAEA hatte das Kraftwerk vor dem Krieg vier externe Stromleitungen zur Verfügung.

NATO-Beitritt nicht während des Krieges

In einem seltenen Eingeständnis hat der ukrainische Präsident Selenskyj einen NATO-Beitritt seines Landes vor dem Ende des Krieges als "unmöglich" bezeichnet. Sein Land verstehe, dass kein NATO-Mitglied in einen Krieg hineingezogen werden wolle, sagte Selenskyj nach einem Treffen mit dem estnischen Präsidenten Alar Karis vor Journalisten.

Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 drängt Selenskyj verstärkt auf eine NATO-Mitgliedschaft seines Landes. Selenskyj bezeichnete einen Beitritt Kiews als "beste Sicherheitsgarantie für die Ukraine".

se/mak/AR/qu/fab (rtr, dpa, afp, ap) 

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.