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Politik

Aktuell: Russland gibt symbolträchtige Schlangeninsel auf

30. Juni 2022

Die russische Armee hat sich nach gut vier Monaten von der ukrainischen Schlangeninsel im Schwarzen Meer zurückgezogen. Zugleich versicherte Präsident Putin, die "Spezialoperation" in der Ukraine verlaufe nach Plan.

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Luftaufnahme der Schlangeninsel im Schwarzen Meer
Vergleichsweise winzig, aber strategisch wertvoll: Die SchlangeninselBild: 2022 Maxar Technologies via AP/picture alliance

  • Russische Truppen verlassen die Schlangeninsel 
  • Putin: "Spezialoperation" läuft nach Plan
  • Selenskyj: Lage im Donbass "bleibt schwierig"
  • Großbritannien erhöht Militärhilfe für Kiew
  • Russische Armee feuert immer mehr Raketen ab

 

Russische Truppen ziehen sich nach eigener Darstellung im Krieg gegen die Ukraine angeblich freiwillig von der besetzten Schlangeninsel im Schwarzen Meer zurück. Damit wolle Russland zeigen, dass es den Export von Getreide und landwirtschaftlichen Produkten aus der Ukraine nicht behindere, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau. Während die Führung in Moskau mit Blick auf den Abzug der Soldaten von einer "Geste des guten Willens" sprach, feierte die Ukraine ihn als wichtigen militärischen Sieg. Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschny lobte seine Truppen im Onlinedienst Telegram für die Rückeroberung eines "strategisch wichtigen Teils unseres Territoriums". Die russischen Soldaten hätten die Schlangeninsel verlassen, "da sie dem Feuer unserer Artillerie, Raketen und Luftangriffe nicht standhalten konnten".

Die Schlangeninsel gilt als Symbol des ukrainischen Widerstands. Nach dem russischen Einmarsch Ende Februar war das Eiland unweit des Donaudeltas von der russischen Marine bereits am zweiten Kriegstag erobert worden. Die ukrainischen Streitkräfte haben seitdem mehrfach Attacken mit Kampfdrohnen und Flugzeugen geflogen und den Kreuzer "Moskwa" (Moskau) mit Raketen versenkt.

Die Insel ist auch ein strategisch wichtiger Posten zur Überwachung der Seewege im nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres. Russland hatte versucht, auf der Insel Raketen- und Luftabwehrsysteme zu installieren. Die ukrainische Armee attackierte die dort stationierten russischen Einheiten jedoch regelmäßig mit Drohnen. Zudem kann die Ukraine dank westlicher Waffenlieferungen inzwischen auch Raketen mit größerer Reichweite einsetzen, so dass die russischen Stellungen auf der Insel offenbar nicht mehr zu halten waren. 

infografik Karte Schlangeninsel DE

Der britische Premierminister Boris Johnson sagte, der Rückzug von der Schlangeninsel verdeutliche, dass die Ukraine in der Lage sei, die Russen zurückzudrängen. "Es wird sich für Putin letztlich als unmöglich erweisen, ein Land zu unterwerfen, das seine Herrschaft nicht akzeptiert", sagte Johnson beim NATO-Gipfel in Madrid.

Für Putin läuft alles "nach Plan"

Mehr als vier Monate nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat Kremlchef Wladimir Putin erneut behauptet, die Kampfhandlungen liefen planmäßig. "Die Arbeit läuft ruhig, rhythmisch, die Truppen bewegen sich und erreichen die Linien, die ihnen als Etappenziele vorgegeben wurden", sagte Putin vor russischen Journalisten in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat. "Alles läuft nach Plan."

Nach Einschätzung westlicher Experten rückt das russische Militär in der Ostukraine tatsächlich vor, erleidet dabei jedoch hohe Verluste und verbraucht in hohem Tempo seine Bestände von Artillerie-Geschossen.

Putin wiederholte die bisherige Darstellung zu den Zielen der "Spezialoperation", wie der Angriffskrieg von der russischen Führung genannt wird. Es gehe darum, den Donbass "zu befreien", die dortigen Einwohner "zu schützen" und "Bedingungen zu schaffen, die die Sicherheit Russlands garantieren würden". Der russische Präsident wollte sich nicht dazu äußern, wie lange die Kampfhandlungen noch andauern könnten. 

Russlands Präsident Wladimir Putin spricht auf dem 6. Kaspischen Gipfel im Büro des turkmenischen Volksratsvorsitzenden
Russlands Präsident Wladimir Putin war am Mittwoch in TurkmenistanBild: Grigory Sysoyev/Tass/dpa/picture alliance

Durch einen NATO-Beitritt von Finnland und Schweden sieht sich Putin nicht bedroht, die Länder müssten sich jedoch auf eine russische Reaktion gefasst machen. "Sie müssen sich klar und deutlich vorstellen, dass es für sie früher keine Bedrohungen gab. Aber sollten jetzt dort Truppen stationiert und Infrastruktur eingerichtet werden, dann werden wir gespiegelt antworten müssen und dieselben Bedrohungen für das Territorium schaffen, von dem aus wir bedroht werden." Russland hatte bereits nach ersten Plänen zum NATO-Beitritt der beiden Länder mit Konsequenzen gedroht.

Putin klagt über beispiellose Sanktionen des Westens

Illegale Strafmaßnahmen ohne Beispiel – so bewertet der russische Präsident Wladimir Putin die westlichen Strafmaßnahmen gegen sein Land wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine. "Die Vorherrschaft eines Landes oder einer Gruppe von Ländern auf der Weltbühne ist nicht nur kontraproduktiv, sondern auch gefährlich und führt unweigerlich zu großen Systemrisiken", sagte Putin bei einem Video-Auftritt auf einem Juristenforum in St. Petersburg. Es dürfe im 21. Jahrhundert keinen Platz für Ungleichheit, Diskriminierung von Staaten und Völkern geben. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine seit Ende Februar haben unter anderem die USA und die EU umfangreiche Sanktionen gegen Russland verhängt. Der Westen bezeichnet die Invasion als Bruch des Völkerrechts.

Indonesiens Präsident dringt in Moskau auf Getreide- und Düngerlieferungen

Der indonesische Präsident Joko Widodo fordert, russisches Düngemittel und ukrainischen Weizen wieder im vollem Umfang auf dem Weltmarkt anzubieten. Ansonsten werde sich die angespannte weltweite Lebensmittelversorgung nicht verbessern, sagte Widodo in Moskau. Er ist derzeitiger Präsident der G20, der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer weltweit. Widodo sprach mit dem russischen Amtskollegen Wladimir Putin, nachdem er am Mittwoch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew besucht hatte. Putin sicherte Widodo zu, Indonesien Dünger liefern zu wollen.

Der russische Präsident Wladimir Putin und Indonesiens Staatschef Joko Widodo bei ihrem Treffen im Kreml
Der russische Präsident Wladimir Putin und Indonesiens Staatschef Joko Widodo bei ihrem Treffen im Kreml Bild: MIKHAIL KLIMENTYEV/Sputnik/AFP

Der Westen wirft Russland vor, den Export der in den Häfen befindlichen ukrainischen Getreidevorräte zu verhindern, um so Druck auszuüben. Die Ukraine beschuldigt Russland zudem, ihre Weizenernten aus den besetzten Gebieten im Süden des Landes zu stehlen. Aus dem von Russland besetzten ukrainischen Hafen von Berdjansk lief am Donnerstag ein Schiff mit 7000 Tonnen Getreide an Bord aus. Die von Russland ernannte Verwaltung teilte mit, das Schiff werde von der russischen Marine begleitet. Die Getreidelieferung sei auf dem Weg "in befreundete Staaten".

Schwere Kämpfe um Raffinerie bei Lyssytschansk

Im ostukrainischen Gebiet Luhansk sind die regierungstreuen Truppen in Lyssytschansk nach eigenen Angaben akut von einer Einschließung bedroht. Die knapp sieben Kilometer westlich der Stadt gelegene Raffinerie sei umkämpft, teilte der Generalstab in Kiew mit. Die im Süden stehenden russischen Truppen sind demnach nach Norden vorgerückt. Auch direkt an der westlichen und der südlichen Stadtgrenze werde bereits gekämpft. Russische Medien berichten, die Raffinerie sei bereits komplett erobert worden.

Lyssytschansk ist der letzte größere Ort im Luhansker Gebiet, der noch unter ukrainischer Kontrolle steht. Zuletzt konnte er nur noch über wenige Versorgungsrouten aus dem Westen mit Nachschub versorgt werden. Im benachbarten Donezker Gebiet habe es russische Vorstöße bei Slowjansk und Bachmut gegeben, die zurückgeschlagen werden konnten, teilte der Generalstab mit. Entlang der gesamten Frontlinie würden ukrainische Stellungen kontinuierlich mit Artillerie beschossen und aus der Luft bombardiert.

Selenskyj spricht von "schwieriger" Lage im Donbass

Die Lage der ukrainischen Truppen in den schwer umkämpften Gebieten im Osten des Landes bleibt nach Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj sehr schwierig. "Wir unternehmen alles, um unser Militär mit modernen Artilleriesystemen auszustatten und den Besatzern angemessen zu antworten", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache.

Das russische Militär setzt im Industriegebiet Donbass auf massiven Artilleriebeschuss, um ukrainische Stellungen zu schwächen. Die ukrainische Artillerie ist trotz einiger eintreffender moderner Geschütze aus dem Westen unterlegen. Aktuell wird um die Stadt Lyssytschansk gekämpft. Dort versuche der Feind, mit Unterstützung der Artillerie die Stadt zu blockieren, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht mit.

Ukrainische Soldaten im Donbass bedienen eine US-amerikanische Haubitze vom Typ M777
Ukrainische Artillerie im DonbassBild: AP Photo/Efrem Lukatsky/picture alliance

Der bisherige Druck auf Russland reiche nicht aus, sagte Selenskyj und verwies darauf, dass allein am Mittwoch zehn russische Raketen auf die ukrainische Stadt Mikolajiw abgefeuert worden seien. "Und alle waren auf zivile Ziele gerichtet", sagte der ukrainische Präsident.

Nachdem Russlands enger Verbündeter Syrien die beiden ostukrainischen Separatistengebiete Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten anerkannte, will Selenskyj alle Beziehungen zu dem Land kappen. Russland habe dies aus Syrien "herausgepresst", sagte er. Syrien ist nach Russland das erste Land, das die Separatistengebiete als Staaten anerkennt. Moskau ist im syrischen Bürgerkrieg neben dem Iran der engste Verbündete des Regimes in Damaskus. Nicht zuletzt dank des russischen Militäreinsatzes kontrollieren die Anhänger von Machthaber Baschar al-Assad wieder rund zwei Drittel des Landes im Nahen Osten.

Russische Armee feuert immer mehr Raketen ab

Die Zahl der russischen Raketenangriffe auf Ziele in der Ukraine hat sich dem ukrainischen Militär zufolge in den vergangenen zwei Wochen mehr als verdoppelt. Dabei setze das russische Militär in über der Hälfte der Fälle ungenaue Geschosse aus Sowjetzeiten ein, sagt Brigadegeneral Oleksii Hromow. "Der Feind nimmt weiterhin Militäreinrichtungen, kritische Infrastruktur sowie Industrie und Transportnetzwerke

ins Visier." Wegen der Ungenauigkeit der Angriffe erleide die Zivilbevölkerung "signifikante Verluste". Nach Angaben des Generals wurden in der zweiten Juni-Hälfte 202 Raketen auf die Ukraine abgefeuert. Das sind 120 mehr als in den ersten zwei Wochen des Monats.

Moskau: Mehr als 6000 ukrainische Soldaten in russischer Kriegsgefangenschaft

Russland hält nach Angaben des Moskauer Verteidigungsministeriums derzeit mehr als 6000 ukrainische Soldaten als Kriegsgefangene fest. Die Zahl lässt sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen. Der Sprecher bestätigte zugleich Angaben aus Kiew, dass am Vortag im Rahmen eines Gefangenenaustauschs 144 ukrainische Soldaten an die Ukraine übergeben worden seien. Die Ukraine habe im Gegenzug die gleiche Zahl von russischen und pro-russischen Kämpfern an Russland übergeben.

Großbritannien und Schweden erhöhen Militärhilfe

Die Regierung in London will der Ukraine weitere militärische Unterstützung im Wert von einer Milliarde Pfund (1,15 Milliarden Euro) zukommen lassen. Damit solle die ukrainische Verteidigungsfähigkeit gestärkt werden, unter anderem durch Luftabwehr-Systeme, unbemannte Flugkörper und elektronische Ausrüstung. Der Wert der britischen Militärunterstützung für die Ukraine steigt damit in diesem Jahr auf 3,8 Milliarden Pfund.

Der britische Premier Boris Johnson auf der Brücke der HMS Queen Elizabeth (Archivfoto)
Der britische Premier Boris Johnson auf der Brücke der HMS Queen Elizabeth (Archiv)Bild: Andrew Parsons/Avalon/Photoshot/picture alliance

Premierminister Boris Johnson erklärte, Russlands Angriffe gegen die Ukraine seien "zunehmend barbarisch", nachdem die vom russischen Präsidenten Wladimir Putin erhofften militärischen Erfolge ausblieben. "Britische Waffen, Ausrüstung und Ausbildung transformieren die ukrainische Verteidigung gegen diesen Ansturm."

Auch Schweden will weitere Waffen in die Ukraine schicken. Es gehe um Ausrüstung, um die die Ukrainer für ihren Abwehrkampf gegen die russische Aggression konkret gebeten hätten, heißt es in Stockholm. Insgesamt hat das Unterstützungspaket einen Wert von umgerechnet rund 47 Millionen Euro. Das skandinavische EU-Land hat die Ukraine bereits viermal mit unterschiedlicher militärischer Ausrüstung versorgt - und auch finanzielle Unterstützung geleistet.

Steinmeier telefoniert abermals mit Selenskyj

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat erneut mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier telefoniert. Das bestätigten Selenskyj und Steinmeiers Sprecherin auf Twitter. Das Gespräch habe um die Mittagszeit stattgefunden und rund eine Stunde gedauert, hieß es aus dem Bundespräsidialamt. Steinmeier habe dabei unter anderem die Ukraine zum EU-Beitrittskandidatenstatus beglückwünscht.

Deutschland Berlin | Frank-Walter Steinmeier trifft Volodymyr Zelenskiy
Präsident Selenskyj und Bundespräsident Steinmeier bei einem Treffen in Berlin im Juli 2021Bild: MICHELE TANTUSSI/REUTERS

Selenskyj schrieb auf Twitter, er habe mit Steinmeier über die zunehmenden Waffenlieferungen gesprochen. Die Ukraine begrüße die Solidarität der Bundesrepublik für den Weg in die EU. Der ukrainische Präsident dankte zudem für die Kondolenz zum Tod der mindestens 20 Menschen, die nach ukrainischen Angaben infolge eines Luftangriffs bei der Zerstörung eines Einkaufszentrums in der Stadt Krementschuk ums Leben kamen. Nach Angaben seiner Sprecherin bekräftigte Steinmeier in dem Telefonat die Solidarität Deutschlands mit der Ukraine. "Er sprach dem Präsidenten seinen Respekt aus für den heldenhaften Kampf der Ukraine gegen den russischen Aggressor", schrieb die Sprecherin. Selenskyj und Steinmeier hatten Anfang Mai ein erstes Mal telefoniert und vorherige Irritationen ausgeräumt. Diese waren zustande gekommen, nachdem die ukrainische Seite Mitte April einen Besuch Steinmeiers in Kiew abgelehnt hatte.

Parlament in Moskau billigt schärferes Gesetz gegen ausländische Medien

Das russische Unterhaus hat die Gesetzgebung gegen ausländische und einheimische Medien weiter verschärft. Die Neuregelung gibt dem Generalstaatsanwalt und seinen Stellvertretern weitreichende Vollmachten: Sie können die Arbeit von ausländischen Medien in Russland einschränken oder untersagen, wenn deren Regierungen russische Medien "unfreundlich" behandeln. Das Gesetz, das auf der Website der Duma veröffentlicht wurde, erlaubt der Staatsanwaltschaft zudem die sofortige Suspendierung russischer Medien, wenn diese Informationen verbreiten, die als unwahr eingestuft werden, an "Respekt gegenüber Gesellschaft oder Verfassung" mangeln oder die russischen Streitkräfte in Misskredit bringen. Ein Gericht muss nicht mehr vorher eingeschaltet werden.

Staatsduma in Moskau
Blick in die Staatsduma in Moskau (Archivbild)Bild: Iranian Presidency/ZUMA/picture alliance/dpa

Die Verbreitung von "diskreditierenden Informationen über die russischen Streitkräfte" kann schon jetzt mit bis zu 15 Jahren Haft geahndet werden. Diese Regelung war bereits Anfang März verhängt worden. Die verschärften Regeln gegen ausländische Medien werden als Vergeltung für entsprechende Verbote in westlichen Staaten dargestellt. So wurde in mehreren Staaten ein Sendeverbot gegen den russischen Staatssender Russia Today ausgesprochen, dem die Verbreitung von "Desinformation" durch den Kreml vorgeworfen wird. Das Gesetz muss noch vom Oberhaus verabschiedet und von Präsident Chef Wladimir Putin unterzeichnet werden, bevor es in Kraft tritt. Beides gilt als reine Formsache.

Amnesty: Angriff auf Theater in Mariupol war ein Kriegsverbrechen

Amnesty International stuft den Luftangriff auf das Theater von Mariupol im März als Kriegsverbrechen der russischen Streitkräfte ein. Die Menschenrechtsorganisation sammelte nach eigenen Angaben gut drei Monate lang Beweise und hat nun einen Bericht dazu vorgelegt. Enthalten seien auch Aussagen von 52 Überlebenden und Zeugen, von denen sich 28 zum Zeitpunkt des Attacke am 16. März in oder in der Nähe des Theaters befunden hätten.

"Bei dem Angriff auf das Theater in Mariupol handelt sich um ein Kriegsverbrechen seitens russischer Truppen", betonte Julia Duchrow von Amnesty International Deutschland. Höchstwahrscheinlich seien zwei 500-Kilo-Bomben abgeworfen worden. In dem Theater hatten Einwohner der umkämpften ukrainischen Hafenstadt Schutz gesucht.

Ukraine. Blick von oben auf das zerstörte Theater in Mariupol
Das zerstörte Theater in MariupolBild: Pavel Klimov/REUTERS

Amnesty International ermittelte dem Bericht zufolge, dass mindestens zwölf Menschen durch den Angriff getötet und "viele weitere" schwer verletzt wurden. Die angegebene Mindest-Opferzahl liege niedriger als vorherige Schätzungen, da sehr viele Menschen das Theater in den Tagen vor dem Angriff verlassen hätten - und die meisten dort Verbliebenen im Keller des Theaters oder in anderen Teilen des Gebäudes Zuflucht gesucht hätten, die nicht von der vollen Wucht der Explosion getroffen worden seien.

Nach bisherigen Schätzungen und Recherchen von Medien könnten in dem Theater mehrere hundert Zivilisten getötet worden sein. Die strategisch wichtige Küstenstadt Mariupol war nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wochenlang belagert worden und steht seit Mitte Mai unter Kontrolle des russischen Militärs. Befürchtet wird, dass in der Stadt tausende Zivilisten durch die zahlreichen russischen Luftangriffe während der Belagerung getötet wurden.

Deutsche verbrauchen weniger Gas

In Deutschland ist in den fünf Monaten bis Ende Mai weniger Erdgas verbraucht worden als im Vorjahreszeitraum. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) erklärte, dies liege "maßgeblich" am milden Frühjahr, weil Gas hierzulande vor allem zum Heizen eingesetzt wird. Der Verbrauch bis Mai sank demnach um 14,3 Prozent auf 460 Milliarden Kilowattstunden. Bereinigt um den Temperatureffekt ging der Gasverbrauch um 6,4 Prozent zurück, wie der Branchenverband mitteilte.

Deutschland | Astora Erdgasspeicher in Rehden
Die Erdgasspeicheranlage in Rehden in NiedersachsenBild: Mohssen Assanimoghaddam/dpa/picture alliance

BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae sagte, es sei davon auszugehen, dass der Gasverbrauch vor allem wegen der steigenden Gaspreise weiter sinken werde. "Aber auch die wirtschaftliche Eintrübung, Appelle zum Energiesparen oder persönlich motivierte Einspareffekte spielen eine Rolle." Nach Angaben des Verbands ist auch die Stromerzeugung aus Erdgas rückläufig: Die Gasverstromung lag in den ersten fünf Monaten dieses Jahres mit 37 Milliarden Kilowattstunden ebenfalls um 14,3 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum.

AR/sth/rb/kle/sti (AFP, AP, dpa, KNA, epd, Reuters)