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PolitikUkraine

Ukraine aktuell: Papst ruft zum Frieden in der Ukraine auf

30. April 2023

Am dritten Tag seines Ungarn-Besuchs ruft der Papst zu Frieden in der Ukraine und zu Offenheit gegenüber Migranten auf. Der ukrainische Ex-Botschafter Melnyk setzt auf Friedensbemühungen Chinas. Ein Nachrichtenüberblick.

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Papst Franziskus fährt in seinem "Papamobil" durch eine Menschenmenge in Budapest (Ungarn) und winkt
In der Heiligen Messe im Zentrum von Budapest rief Papst Franziskus die Menschen auf, verschlossene Türen gegenüber "Fremden, den Anderen, den Migranten, den Armen" zu öffnenBild: Marton Monus/REUTERS

Das Wichtigste in Kürze:

  • Papst ruft in Ungarn zum Frieden in der Ukraine auf
  • Ehemaliger Botschafter Melnyk glaubt an Vermittlerrolle Chinas
  • Selenskyj erhebt nach Raketenangriff Vorwürfe gegen Russen
  • Kiew: Nachschubwege nach Bachmut funktionieren noch
  • Tschechiens Präsident Pavel kommt nach Dnipro

 

Papst Franziskus hat am dritten und letzten Tag seines Ungarn-Besuchs zum Frieden in der Ukraine aufgerufen. Bei seinem Mittagsgebet am Sonntag im Zentrum von Budapest bat er um Frieden, besonders für die am meisten leidenden Menschen - "das gepeinigte ukrainische Nachbarvolk und das russische Volk". So konkret hatte sich das katholische Kirchenoberhaupt bislang in Ungarn nicht zu dem Thema geäußert. Er vertraute Ungarn und den gesamten europäischen Kontinent dem Schutz der Gottesmutter an und betete für eine "Zukunft der Hoffnung und nicht des Krieges" sowie eine "Welt der Geschwisterlichkeit und nicht der Mauern".

Vor dem Mittagsgebet hatte Franziskus auf dem Kossuth-Lajos-Platz eine Freiluftmesse gefeiert. Auf dem Platz vor dem ungarischen Parlament fanden rund 25.000 Menschen Platz. Tausende Gläubige verfolgten die Messe auch außerhalb des Areals auf Großbild-Leinwänden. An der Messe nahm zudem die ungarische Staatsspitze teil - Staatspräsidentin Katalin Novak sowie Ministerpräsident Viktor Orban saßen im Publikum.

Blick auf den Kossuth-Lajos-Platz, auf dem sich zehntausende Menschen für die Heilige Masse von Papst Franziskus versammelt haben
Zehntausende Gläubige verfolgten die Heilige Messe von Papst Franziskus auf dem Kossuth-Lajos-Platz in BudapestBild: Tibor Illyes/MTI via AP/picture alliance

In der Messe, die den feierlichen Abschluss seiner Ungarns-Besuchs bildete, rief Papst Franziskus die Gläubigen zur Offenheit auf. Er kritisierte vor allem die "verschlossenen Türen gegenüber Fremden, den Anderen, den Migranten, den Armen". "Füreinander offen und integrierend sein, um Ungarn zu helfen, in der Geschwisterlichkeit zu wachsen, die der Weg des Friedens ist", sei das Gebot der Stunde. Der Appell des Papstes lässt sich als Kritik an der strikten Anti-Migrationspolitik der Regierung des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Orban deuten.

Bei Flüchtlingen aus der Ukraine zeigt sich Ungarn zwar flexibler. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs haben mehr als zwei Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer die ungarischen Grenzen passiert. Die allermeisten davon reisten jedoch in andere Länder weiter. Nur etwa 35.000 Ukraine-Flüchtlinge beantragten innerhalb Ungarns den für sie in der EU geltenden "vorübergehenden Schutz". Am zweiten Tag seines Besuchs hatte sich Papst Franziskus mit Geflüchteten aus der Ukraine getroffen und Ungarn für die Aufnahme der Menschen gedankt. Zugleich hatte er aber auch vor den "Übeln der Gleichgültigkeit und Selbstsucht" gewarnt und gemahnt „Mitgefühl für alle zu zeigen“.

Andrij Melnyk, scheidender Botschafter der Ukraine
Andrij Melnyk war von 2015 bis Oktober 2022 ukrainischer Botschafter in DeutschlandBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Ehemaliger Botschafter Melnyk glaubt an Vermittlerrolle Chinas

Der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hält eine friedensstiftende Vermittlerrolle Chinas für möglich. Wie er den Zeitungen der Funke Mediengruppe erklärt, hätten die Chinesen zwar ihre eigenen Interessen, auf die Frage, ob China dennoch Frieden stiften könne entgegnet der Diplomat, dass dies nicht unrealistisch sei. Eine friedliche Lösung und das Ende der Kampfhandlungen würde den Interessen Pekings mehr entsprechen "als dieses gewaltige nicht enden wollende Erdbeben für die gesamte Weltordnung", so Melnyk, der jetzt stellvertretender Außenminister in der Ukraine ist.

Das Telefonat des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping bewertete er als großen Schritt nach vorn, "um unsere Beziehungen zu China zu stärken und die russische Aggression zu beenden".

Selenskyj erhebt schwere Vorwürfe gegen Russen

Einen Tag nach einem tödlichen Raketenangriff auf die Ukraine hat Präsident Wolodymyr Selenskyj neben der russischen Führung auch Soldaten für Kriegsverbrechen verantwortlich gemacht. "Nicht nur die Befehlshaber, sondern ihr alle, ihr seid alle Terroristen und Mörder und ihr alle müsst bestraft werden", sagte der 45-Jährige in seiner täglichen Videoansprache. Jeder, der Raketen steuere und abfeuere, der Flugzeuge und Schiffe für den Terror warte, sei mitschuldig an den Toten des Kriegs, betonte der Präsident.

Hintergrund ist der Raketenangriff auf die Stadt Uman, bei dem am Freitag 23 Menschen getötet wurden. Darunter waren nach Angaben Selenskyjs auch sechs Minderjährige. Jeder, der solche Raketenangriffe vorbereite, müsse wissen, dass er mitschuldig am Tod von Zivilisten sei, betonte der ukrainische Staatschef. Deswegen sei es nicht ausreichend, Russland im Krieg zu schwächen. Vielmehr sei es nötig, dass das Land tatsächlich für seine Verbrechen zur Verantwortung gezogen werde. Einmal mehr sprach sich Selenskyj für die Schaffung eines internationalen Tribunals gegen Russland nach dem Vorbild der Nürnberger Prozesse gegen die Nazis aus.

Kiew: Nachschubwege nach Bachmut funktionieren

Beim Kampf um Bachmut können die russischen Angreifer die ukrainischen Nachschubwege in die schwer zerstörte Stadt nach Angaben aus Kiew bisher nicht abschneiden. "Die Russen reden schon einige Wochen von der Eroberung der 'Straße des Lebens' sowie der ständigen Feuerkontrolle über sie. Tatsächlich ist alles anders", sagte der Sprecher der Heeresgruppe Ost der ukrainischen Streitkräfte, Serhij Tscherewatyj.

Die ukrainische Armee feuert Raketen in Richtung Bachmut ab
Die ukrainische Armee feuert Raketen in Richtung Bachmut abBild: Diego Herrera Carcedo/Anadolu Agency via picture alliance

Zwar sei die Verbindungsstraße von Bachmut nach Tschassiw Jar umkämpft, doch den Russen gelinge es nicht, die Logistik der Verteidiger zu unterbrechen. Der Nachschub an Proviant, Waffen und Munition sei gesichert, erklärte Tscherewatyj. Einerseits behaupteten die ukrainischen Kräfte ihre Positionen entlang der Straße, andererseits hätten Ingenieure bereits neue Wege nach Bachmut verlegt. "Das alles erlaubt es, Bachmut weiter zu halten", sagte er. Auch der ukrainische Generalstab sprach in seinem Lagebericht von "erfolglosen Versuchen" der russischen Angreifer, Geländegewinne in dem Raum zu erzielen.

Bachmut wird seit Monaten von russischen Truppen, speziell der Söldnertruppe Wagner, angegriffen. Inzwischen kontrollieren die Angreifer eigenen Angaben nach rund 85 Prozent des Stadtgebietes. Die ukrainische Führung beharrt auf dem Halten der inzwischen weitgehend zerstörten Stadt und begründet dies mit den hohen Verlusten der angreifenden Truppen, die so zermürbt würden.

Tote nach Beschuss im Westen Russlands

In der westrussischen Grenzregion Brjansk sind nach offiziellen Angaben zwei Menschen durch Beschuss aus der Ukraine getötet worden. Das schrieb der Gouverneur der Region Brjansk, Alexander Bogomas, in der Nacht zu Sonntag in seinem Telegram-Kanal. Darüber hinaus hätten die ukrainischen Streitkräfte in dem Dorf Susemka ein Wohnhaus zerstört und zwei weitere Häuser beschädigt. Russland, das vor mehr als 14 Monaten den Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine begonnen hatte, beklagt immer wieder Beschuss, auch auf dem eigenen Staatsgebiet.

Zugleich wird gemeldet, dass russische Truppen bei einem Angriff auf den Bahnhof der ostukrainischen Stadt Kramatorsk ein Depot mit rund 200 Tonnen Munition zerstört haben. Zudem sei in der Region Sumy eine große Feldwerkstatt der ukrainischen Streitkräfte zerstört worden, sagte in Moskau der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, der Agentur Interfax.

Misinzew wird abgelöst

Bekannt wurde außerdem in Moskau die Ablösung des bisherigen Vize-Verteidigungsministers Michail Misinzew. Sein Nachfolger als Cheflogistiker der Armee ist General Alexej Kusmenkow, der bisher stellvertretender Direktor der Nationalgarde war und nun für die "materielle und technische Versorgung der Streitkräfte" zuständig sein werde, wie das russische Verteidigungsministerium mitteilte.

Russland Ablösung Vize-Verteidigungsminister Michail Misinzew
Vergangenes Jahr war er russischer Vize-Verteidigungsminister geworden, jetzt muss Michail Misinzew den Posten räumenBild: Vadim Savitsky/Russian Defence Ministry/Tass/IMAGO

Misinzew war erst im September zum Vize-Verteidigungsminister ernannt worden. Er ist wegen seiner Rolle bei der Belagerung der ukrainischen Hafenstadt Mariupol mit westlichen Sanktionen belegt. Mariupol war im Mai vergangenen Jahres nach einer monatelangen Belagerung von russischen Truppen eingenommen worden, große Teile der Stadt wurden dabei zerstört. Misinzew wird von westlichen Medien daher der "Schlächter von Mariupol" genannt. 

Pavel besucht ukrainische Stadt Dnipro

Der neue tschechische Präsident Petr Pavel hat am zweiten Tag seiner Ukraine-Reise die zentrale Millionenstadt Dnipro aufgesucht. Dort sprach er mit örtlichen Vertretern über die Wiederaufbaupläne für die Region. "Wir sollten dies als eine Chance zur Zusammenarbeit verstehen, nicht als einseitige Hilfe", betonte der 61-Jährige. Eine Gemeinsamkeit sei, dass sowohl die Region Dnipropetrowsk als auch Tschechien stark industriell geprägt seien. Dnipro liegt knapp 400 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Kiew.

Ukraine Petr Pavel in Dnipro
Der tschechische Präsident Petr Pavel (zweiter von links) in DniproBild: Karel Capek/CTK/dpa/picture alliance

Pavel besuchte in der Stadt den Ort, an dem im Januar eine russische Rakete in einen Wohnblock eingeschlagen war. Er verurteilte die "barbarische Ermordung von Zivilisten" durch das russische Militär. Bei dem Angriff waren mindestens 45 Menschen getötet worden. Im Krankenhaus der nahen Industriestadt Nowomoskowsk informierte sich Pavel zudem über die Behandlung verwundeter ukrainischer Soldaten. Der frühere Generalstabschef Pavel ist seit Anfang März Präsident des EU- und NATO-Mitgliedstaats.

as/ww/kle/wa (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.