Aktuell: "Moskau muss Atomwaffeneinsatz ausschließen"
5. November 2022
Das Wichtigste in Kürze:
- Scholz: "Moskau muss Atomwaffeneinsatz ausschließen"
- Der Nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten besucht Kiew
- Artilleriegefechte im Osten und Süden der Ukraine
- Iran räumt Drohnenlieferung an Russland vor dem Krieg ein
- Der ukrainische Botschafter hofft auf deutsche Leopard-Kampfpanzer
Bundeskanzler Olaf Scholz hat Russland aufgefordert, den Einsatz von Atomwaffen im Angriffskrieg gegen die Ukraine auszuschließen. "Es ist nicht erlaubt, es ist unvertretbar, in diesem Konflikt Nuklearwaffen einzusetzen", sagte Scholz beim SPD-Debattenkonvent in Berlin. "Wir fordern Russland auf, dass es klar erklärt, dass es das nicht tun wird. Das wäre eine Grenze, die nicht überschritten werden darf."
Am Freitag hatte Scholz bei seinem Peking-Besuch gemeinsam mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping vor einer nuklearen Eskalation gewarnt. Scholz nannte nukleare Drohgebärden "unverantwortlich und brandgefährlich". Xi sagte: "Der Einsatz von nuklearen Waffen oder die Drohung damit muss abgelehnt werden." Die internationale Gemeinschaft solle sich dafür einsetzen, "dass Atomwaffen nicht eingesetzt werden können und nukleare Kriege nicht geführt werden dürfen".
Sullivan überbringt Hilfszusagen
Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, hat der Ukraine die anhaltende Unterstützung der USA im Krieg gegen Russland zugesichert und weitere Rüstungslieferungen versprochen. Sullivan traf in der ukrainischen Hauptstadt Kiew unter anderem Präsident Wolodymyr Selenskyj, dessen Berater Andrij Jermak und den ukrainischen Verteidigungsminister Oleksij Resnikow, wie eine Sprecherin in Washington mitteilte.
Sullivan sagte ein weiteres militärisches Hilfspaket der USA im Umfang von 400 Millionen Dollar (rund 409 Millionen Euro) zu. Dazu gehören 45 generalüberholte T-72-Kampfpanzer sowjetischer Bauart, wie die Vize-Sprecherin des Pentagons, Sabrina Singh, erläuterte. Die Panzer kämen aus Tschechien. Die Niederlande wiederum stellten ebenfalls 45 Panzer dieses Typs bereit. Insgesamt würden also 90 T-72-Kampfpanzer an die Ukraine geliefert.
Neue US-Militärzentrale in Wiesbaden
Zur weiteren Koordinierung der langfristigen Unterstützung der Ukraine richten die USA an ihrem Standort in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden eine Militärzentrale ein. Der Posten mit dem Namen "Sicherheitsunterstützungsgruppe für die Ukraine" (Security Assistance Group Ukraine) ist nach Angaben des Pentagons in Washington dem europäischen US-Kommando unterstellt.
Artilleriegefechte im Osten und Süden
Bei neuen Kämpfen im Osten und Süden der Ukraine haben beide Seiten einander mit schwerer Artillerie beschossen. Das geht aus ukrainischen und russischen Militärangaben hervor. Die ukrainischen Kämpfer hätten in den Gebieten Luhansk und Donezk russische Stellungen vernichtet, hieß es in Kiew. In Moskau erklärte das russische Verteidigungsministerium, "ukrainische Angriffe" in den Gebieten Donezk, Luhansk und Cherson seien zurückgeschlagen worden.
In den nicht unabhängig überprüfbaren Militärberichten ist von mehreren Hundert Toten je Seite die Rede. Im Gebiet Cherson meldeten die Behörden den schwersten Artilleriebeschuss seit Tagen. Die ukrainische Führung will die Region im Süden des Landes nach ersten Erfolgen komplett befreien.
"Moskau nicht zu Verhandlungen bereit"
Der ukrainische Präsident Selenskyj sieht im Kreml keinerlei Bereitschaft zu Verhandlungen über ein Ende des Angriffskrieges gegen sein Land. Russland schicke Zehn- oder Hunderttausende Menschen für den Kampf. Wer verhandeln wolle, lasse die Menschen aber nicht im "Fleischwolf" sterben, sagte Selenskyj in seiner in Kiew verbreiteten täglichen Videobotschaft.
"Wir sind jetzt bereit für einen Frieden, einen fairen und gerechten Frieden. Die Formel dafür haben wir viele Male erklärt", sagte Selenskyj. Vor allem müsse Russland die Grenzen der Ukraine und deren territoriale Unversehrtheit nach UN-Recht respektieren.
Zugleich betonte der Präsident einmal mehr, die Ukraine werde kämpfen, bis sie ihre ursprünglichen Staatsgrenzen in vollem Umfang wiederhergestellt habe. "Die Ukraine wird frei sein."
Iran räumt erstmals Drohnenlieferung an Russland ein
Der Iran hat erstmals Drohnenlieferungen an Russland eingeräumt, jedoch ausschließlich in der Zeit vor dem Ukraine-Krieg. Außenminister Hussein Amirabdollahian sagte, die Islamische Republik habe Russland vor Kriegsbeginn eine begrenzte Anzahl von Drohnen zur Verfügung gestellt. Weitere Waffenlieferungen danach sowie die Bereitstellung von Raketen dementierte der Chefdiplomat jedoch.
Kiew und die US-Regierung hatten jüngst angeprangert, dass Kamikazedrohnen aus dem Iran im Ukraine-Krieg eingesetzt wurden. Berichten zufolge soll Teheran auch Militärpersonal auf die von Russland besetzte Krim geschickt haben, um die Russen beim Umgang mit den Drohnen zu trainieren und ihnen technische Hilfe zu bieten.
London: Russische Rekruten bekommen so gut wie keine Ausbildung
Das russische Militär ist nach Ansicht britischer Experten durch den Angriffskrieg in der Ukraine mit der Ausbildung neuer Rekruten überfordert. Das geht aus dem täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London hervor. Demnach hatte Moskau bereits Schwierigkeiten, ausreichendes Training für die etwa 300.000 bei der Teilmobilisierung eingezogenen Reservisten zu organisieren.
Das Problem dürfte sich den Briten zufolge für die regelmäßig im Herbst eingezogenen etwa 120.000 Wehrpflichtigen noch verschärfen. "Neu verpflichtete Rekruten erhalten wahrscheinlich eine minimale oder gar keine Ausbildung", so die Einschätzung der britischen Experten. Der Einsatz unausgebildeter Kräfte trage jedoch kaum zur Kampfkraft bei. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine täglich Informationen zum Kriegsverlauf.
Botschafter rechnet mit Leopard-Kampfpanzern
Der neue ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksij Makejew, rechnet mit der Lieferung von Kampfpanzern aus Deutschland in seine Heimat. "Wir haben Grund zur Hoffnung, dass die Entscheidung fällt, Leopard 2 aus Deutschland direkt in die Ukraine zu liefern", sagte er den Funke-Medien. Hierzu gebe es Gespräche mit der Bundesregierung.
"Wir brauchen diese Kampfpanzer", betonte Makejew. Es sei an der Zeit, "mit dem Gerede aufzuhören, man wolle Russland nicht provozieren", so der Botschafter. "Wie viele Butschas, Mariupols oder Isjums - Orte der Vergewaltigung und der Massengräber - soll es noch geben?"
Deutschland habe "Führung gezeigt" mit der Lieferung des Raketenabwehrsystems Iris-T, sagte Makejew weiter, der seit Ende Oktober die Ukraine diplomatisch in Deutschland vertritt. "Und diese Führungsrolle erwarten wir bei weiteren Waffensystemen. Dazu gehören Kampfpanzer und gepanzerte Fahrzeuge wie Leopard, Marder, Fuchs und Dingo."
jj/hf/qu/se/mak (rtr, afp, dpa, ap)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.