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Konflikte

Aktuell: G7 gehen Winterhilfe für Ukraine an

3. November 2022

Bundesaußenministerin Baerbock sagte, man lasse nicht zu, dass massenhaft Menschen in der Ukraine erfrieren. Die Schweiz verbietet Deutschland die Lieferung von Gepard-Munition. Ein Überblick.

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Außenministerin Annelena Baerbock mit ihrer kanadischen Kollegin Melanie Joly und dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell
Außenministerin Baerbock mit ihrer kanadischen Kollegin Melanie Joly und dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell Bild: Wolfgang Rattay/AP Photo/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • G7-Länder wollen gemeinsam Winterhilfspaket schnüren 
  • Getreidefrachter aus der Ukraine wieder unterwegs
  • Moskau beschwert sich bei britischer Botschafterin
  • Austausch von mehr als 200 Gefangenen
  • Bern beharrt auf Nein zu Schweizer Munition für Ukraine

 

Die sieben führenden Industriestaaten des Westens (G7) planen angesichts der massiven russischen Angriffe auf Energieanlagen ein Winterhilfspaket für die Ukraine. "Die gemeinsame Winterhilfe, die werden wir hier als G7-Partner gemeinsam koordinieren", sagte Bundesaußenministerin  Annalena Baerbock anlässlich eines G7-Außenministertreffens in Münster. Die Bundesregierung habe bereits Maßnahmen dazu auf den Weg gebracht, so Baerbock. Deutschland werde mehr als 100 Generatoren, Heizgeräte, Pumpen, Wohn - und Sanitärcontainer, Betten, Decken und Zelte liefern.

"Diese Winterhilfe bedeutet auch, dass wir nicht akzeptieren, dass der Frieden und das internationale Recht über den Winter gebrochen werden", betonte die Ministerin. Die G7-Staaten setzten sich dafür ein, dass Putin nicht auf ein Auseinanderbrechen des internationalen Zusammenhalts hoffen könne. Daher stehe auch bei dem G7-Treffen die Unterstützung der Ukraine sowie die Verteidigung von Frieden und internationalem Recht "ganz oben auf der Tagesordnung". Der G7-Runde gehören - neben der Bundesrepublik - Frankreich, Großbrítannien, Italien, Japan, Kanada und die USA an. Deutschland hat bis Jahresende die Präsidentschaft inne.

Getreidefrachter verlassen Schwarzmeer-Häfen

Einen Tag nach der Wiederaufnahme des Abkommens mit Russland zu Getreideexporten durch das Schwarze Meer haben an diesem Donnerstag sechs Getreidefrachter ukrainische Häfen verlassen. Sie hätten insgesamt 290.000 Tonnen an Lebensmitteln geladen, teilte das Infrastrukturministerium in Kiew mit. Ihr Ziel seien Länder in Europa und Asien. 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete die Wiederaufnahme des Getreideabkommens mit Russland als wichtiges Signal. Es sei ein "bedeutendes diplomatisches Ergebnis für unser Land und die ganze Welt", dass sich Russland wieder an die Vereinbarung halte, sagte Selenskyj am Mittwochabend in seiner abendlichen Videobotschaft.

Zwei Getreidefrachter
Mehrere Getreidefrachter konnten wieder auslaufenBild: Umit Bektas/REUTERS

Er hob insbesondere die Arbeit der Vermittler UN und Türkei und weiterer Partner hervor. "Wieder einmal hat jeder gesehen, dass es in unserer Region nur eine Bedrohung für die globale Ernährungssicherheit gibt, und das ist die Russische Föderation und sonst niemand", betonte er.

Moskau hatte das Abkommen am Samstag ausgesetzt und als Grund einen Angriff auf seine Schwarzmeerflotte angegeben. Am Mittwoch erklärte das russische Verteidigungsministerium, Moskau habe von Kiew "schriftliche Garantien" erhalten, dass der für den Getreidetransport genutzte Schiffskorridor nicht für militärische Zwecke genutzt werde.

Auch die USA äußerten sich erleichtert über die Wiederaufnahme des Getreideabkommens. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, rief dazu auf, die ursprünglich für vier Monate geltende Vereinbarung noch in diesem Monat zu verlängern.

Das Getreideabkommen war am 22. Juli unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen in Istanbul unterzeichnet worden. Es soll die sichere Durchfahrt ukrainischer Frachtschiffe auf festgelegten Routen durch das Schwarze Meer ermöglichen und gilt als zentraler Beitrag zur Milderung der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verschärften globalen Ernährungskrise. Das Abkommen hat bereits die Ausfuhr von rund zehn Millionen Tonnen Getreide und anderen Lebensmitteln aus der Ukraine ermöglicht.

Wieder Angriff auf das AKW Saporischschja

Das von russischen Soldaten besetzte Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine ist nach ukrainischen Angaben erneut ohne Strom von außen. Der ukrainische Kraftwerksbetreiber Enerhoatom teilte mit, durch russischen Beschuss seien die zwei letzten Hochspannungsleitungen ausgefallen, die das AKW mit dem ukrainischen Energienetz verbinden. 

Das Atomkraftwerk in Saporischschja bleibt verwundbar
Das Atomkraftwerk in Saporischschja bleibt verwundbar (Archivbild)Bild: Alexander Ermochenko/REUTERS

Die Reaktoren fünf und sechs der größten Atomanlage Europas seien vollständig abgeschaltet worden. Zur Stromversorgung und Kühlung sei das Werk auf seine 20 Dieselgeneratoren angewiesen, deren Treibstoff etwa für 15 Tage reiche.

Russland bestellt britische Botschafterin ein 

Russland hat bei der einbestellten britischen Botschafterin Deborah Bronnert gegen eine angebliche Verwicklung des Vereinigten Königreichs in einen ukrainischen Drohnenangriff protestiert. Durch solche konfrontativen Handlungen der Briten drohe eine Eskalation der Situation, die gefährliche Folgen nach sich ziehen könne, erklärte das Außenministerium in Moskau. Russland wirft Großbritannien vor, an einem Drohnenangriff auf seine Schwarzmeerflotte am Samstag beteiligt gewesen zu sein.

Die britische Botschafterin Deborah Bronnert wurde ins russische Außenministerium einbestellt
Die britische Botschafterin Deborah Bronnert wurde ins russische Außenministerium einbestelltBild: Vladimir Astapkovich/SNA/IMAGO

Britische Marine-Spezialisten sollen demnach den ukrainischen Angriff angeleitet haben. Großbritannien weist dies zurück. Die Ukraine hat weder dementiert noch bestätigt, für den Angriff verantwortlich zu sein. Im Raum stehen außerdem russische Vorwürfe, Großbritannien stecke hinter Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines im September.

Kiew und Moskau tauschen erneut Gefangene aus 

Die Ukraine und Russland haben erneut Kriegsgefangene ausgetauscht. Je Seite kamen diesmal 107 Offiziere und Soldaten wieder in Freiheit, wie Kiew und Moskau mitteilten. Unter den Ukrainern seien auch 74 Soldaten, die im Frühjahr das Asow-Stahlwerk in der Hafenstadt Mariupol verteidigt hätten, teilte der Chef des Präsidialamtes in Kiew, Andrij Jermak, mit. Unter den Kriegsheimkehrern seien einige Schwerverletzte mit infizierten Wunden, verstümmelten Gliedmaßen und Verbrennungen.

Ukrainische Kämpfer nach ihrer Freilassung aus russischer Gefangenschaft
Ukrainische Kämpfer nach ihrer Freilassung aus russischer Gefangenschaft Bild: Head of Ukraine's Presidential Office Andriy Yermak/REUTERS

Das Moskauer Verteidigungsministerium wiederum teilte mit, die russischen Soldaten seien in ukrainischer Gefangenschaft in "Lebensgefahr" gewesen. Sie seien mit Flugzeugen nach Moskau zur Behandlung in Militärkrankenhäuser gebracht worden.

Keine Belege für "schmutzige Bombe" in Ukraine

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat bisher keine Hinweise auf den Bau einer "schmutzigen Bombe" durch die Ukraine gefunden. Das habe eine Inspektion von drei Standorten im dem Land ergeben, teilte IAEA-Direktor Rafael Grossi mit. "Unsere bisher vorliegende technische und wissenschaftliche Auswertung der Ergebnisse ergab an diesen drei Standorten keine Hinweise auf nicht deklarierte nukleare Aktivitäten und Materialien."

Anlass der Untersuchung waren russische Vorwürfe, wonach Kiew angeblich eine "schmutzige Bombe" einsetzen will. Eine solche Bombe besteht aus radioaktivem Material, das mit konventionellem Sprengstoff freigesetzt wird. Im Unterschied zu einer Atombombe kommt es zu keiner nuklearen Kettenreaktion. Kiew hatte die Vorwürfe entschieden dementiert und um die IAEA-Mission gebeten.

Rafael Grossi, der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) - hier Mitte Oktober im Interview der Deutschen Welle
Rafael Grossi, der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) - hier Mitte Oktober im DW-InterviewBild: DW

Schweiz untersagt Deutschland Lieferung von Gepard-Munition

Die Schweiz hat die Weitergabe von Panzermunition von Deutschland an die Ukraine zum zweiten Mal blockiert. Bern könne solch einer Lieferung von in der Schweiz hergestelltem Kriegsmaterial nicht zustimmen, wenn das Empfängerland in einen internationalen Konflikt verwickelt sei, schrieb der Schweizer Wirtschaftsminister Guy Parmelin an Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht. "Die Schweiz wendet im Verhältnis Russland-Ukraine das Neutralitätsrecht an", hieß es in einer Mitteilung des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF).

Berlin hatte schon einmal im Fühsommer in Bern wegen der rund 12.400 Patronen schweizerischen Ursprungs für den Flugabwehrpanzer Gepard für die Ukraine angefragt. Damals hatte Parmelin den Export mit Verweis auf die Schweizer Neutralität erstmals formell abgelehnt.

250 Millionen Griwna für Militärwesten veruntreut

In der Ukraine sollen Millionensummen für den Kauf von Schutzwesten für die Armee nach Angaben von Ermittlern veruntreut worden sein. Das Staatliche Ermittlungsbüro bezifferte den Schaden auf 250 Millionen Griwna (umgerechnet knapp sieben Millionen Euro). Der Verdacht richte sich gegen das frühere Management der Patentbehörde Ukrpatent, eine ranghohe Beamtin im Wirtschaftsministerium und den Leiter einer Hilfsorganisation.

Den Angaben aus Kiew zufolge soll das staatliche Geld auf Konten einer Freiwilligenorganisation überwiesen worden sein mit dem angeblichen Auftrag, schusssichere Westen für die Soldaten zu kaufen. Stattdessen sei das Geld über Scheinfirmen verschoben und in Bargeld umgewandelt worden. So sei es in die Hand der Beschuldigten gekommen. Ihnen drohen bei einer Verurteilung bis zu zwölf Jahre Haft.

Der ukrainische Staatsapparat steht trotz Verbesserungen in den letzten Jahren immer noch im Ruf, anfällig für Korruption zu sein. Gleichzeitig hilft eine sehr engagierte Zivilgesellschaft dem von Russland angegriffenen Land zu überleben. Tausende Freiwillige helfen nicht nur Flüchtlingen und ausgebombten Nachbarn. Sie sammeln auch Geld und Sachspenden von Schlafsäcken über Schutzwesten bis hin zu Fahrzeugen für die Armee.

sti/jj/mak/fw (dpa, afp,rtr) 

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.