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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: AKW Saporischschja wieder am Netz

9. März 2023

Wegen massiver russischer Angriffe war es in dem Atomkraftwerk zu einem Stromausfall gekommen. Präsident Selenskyj betont die strategische Bedeutung von Bachmut. Ein Überblick.

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Ein Soldat mit Maschinengewehr vor dem AKW Saporischschja
Block 1 des Atomkraftwerks SaporischschjaBild: Str./AFP/Getty Images

 

Das Wichtigste in Kürze: 

  • AKW Saporischschja wieder am Stromnetz
  • Selenskyj: Bachmut hat entscheidende strategische Bedeutung
  • Polens Präsident Duda will Ukraine Kampfjets überlassen
  • Litauen: Russland fähig zu zwei weiteren Kriegsjahren
  • Guterres: Verlängerung des Getreideabkommens von "entscheidender Bedeutung"

 

Das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist nach Angaben des Betreibers wieder am Stromnetz, nachdem es infolge russischer Angriffe am Morgen von der Stromversorgung abgeschnitten gewesen war. "Die Spezialisten von Ukrenergo haben die Energieversorgung des Kernkraftwerks Saporischschja wiederhergestellt, welche durch die heutigen Raketenangriffe unterbrochen wurde", teilte der Betreiber Ukrenergo im Onlinedienst Telegram mit. Das AKW lief vorübergehend mit Hilfe von Diesel-Generatoren.

Russland hatte das Atomkraftwerk im Süden der Ukraine kurz nach Beginn des Krieges im Februar 2022 besetzt. Seit Monaten beschuldigen sich Moskau und Kiew gegenseitig, für Angriffe um und auf das Atomkraftwerk verantwortlich zu sein. Das größte AKW Europas liegt in der von Russland für annektiert erklärten Region Saporischschja nicht weit von der Front entfernt.

Massive russische Angriffe

In der Nacht zum Donnerstag hatte es die schwerste russische Angriffswelle in der Ukraine seit Wochen gegeben. Nach ukrainischen Angaben gab es Luftangriffe im Osten, Süden und Westen des Landes. In zahlreichen Regionen fiel die Stromversorgung aus, die Versorgung von Millionen von Menschen mit Wasser, Wärme und Strom war gestört. Landesweit wurden mindestens zehn Menschen getötet.

In Kiew habe es Explosionen in einem Viertel im Süden der Hauptstadt gegeben, berichtete Bürgermeister Vitali Klitschko in Online-Netzwerken. In der Region Charkiw im Osten galten die Angriffe nach Angaben von Gouverneur Oleg Sinegubow "offensichtlich wichtiger Infrastruktur". In der südlichen Region Odessa wurden laut Berichten der Behörden Wohngebäude getroffen. 

IAEA sehr besorgt

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) zeigte sich wegen des erneuten Ausfalls der regulären Stromversorgung im AKW Saporischschja alarmiert. Dies sei bereits das sechste Mal, dass Europas größtes  Atomkraftwerk wegen des Krieges auf Notversorgung umstellen müsse, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi in Wien. So dürfe es nicht weitergehen. Es sei höchste Zeit, eine Sicherheitszone rund um das Kraftwerk einzurichten. Er werde seine entsprechenden Bemühungen fortsetzen, sagte Grossi.

Ukrainische Soldaten nahe der umkämpften Stadt Bachmut
Ukrainische Soldaten nahe der umkämpften Stadt BachmutBild: Marek M. Berezowski/AA/picture alliance

Selenskyj betont strategische Bedeutung von Bachmut

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Entscheidung verteidigt, seine Truppen weiter in der hart umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut zu lassen. Im russischen Angriffskrieg gegen sein Land sei Bachmut von entscheidender strategischer Bedeutung, sagte Selenskyj in einem exklusiven Interview des US-Fernsehsenders CNN. "Nach Bachmut könnten sie weitergehen. Sie könnten nach Kramatorsk gehen, nach Slowjansk", sagte Selenskyj mit Blick auf die russischen Angreifer. Sollte Bachmut fallen, stehe den russischen Truppen der Weg in andere Landesteile offen, sagte Selenskyj. "Deswegen stehen unsere Jungs dort."

Um Bachmut wird seit Monaten gekämpft. Die auf russischer Seite dort agierende Söldnertruppe Wagner hat die Stadt inzwischen von Osten, Norden und Süden eingekreist. Nach eigenen Angaben hat die Wagner-Gruppe den gesamten Ostteil von Bachmut erobert. Von ukrainischer Seite gibt es bislang aber keine Bestätigung für diesen Teilrückzug. Unabhängig können die Angaben ebenfalls nicht überprüft werden.

Ukraine | Videoansprache von Präsident Selenskyj
Wolodymyr Selenskyj verteidigt die Entscheidung, die ukrainischen Truppen in der umkämpften Stadt Bachmut zu lassenBild: Presidential Office of Ukraine

Entscheidend für den künftigen Kriegsverlauf seien weitere Waffenlieferungen, sagte Selenskyj. Die Unterstützung aus den USA sei dabei von besonderer Wichtigkeit. Selenskyj betonte nochmals die Bedeutung von Kampfjets für die Luftverteidigung seines Landes. 

Außerdem lud er den Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, nach Kiew ein, damit dieser sehen könne, wofür die Hilfe aus den USA verwendet werde. McCarthy gehört der republikanischen Partei an, aus deren Reihen in letzter Zeit zunehmende Kritik an der massiven US-Unterstützung laut wurde. McCarthy war im Januar zum Vorsitzenden des Repräsentantenhauses gewählt worden und ist damit der einflussreichste Republikaner im US-Kongress. 

Polen gibt der Ukraine weitere Leopard-Kampfpanzer

Polen hat nach eigenen Angaben wie angekündigt zehn weitere Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine geliefert. Die in Deutschland hergestellten Panzer vom Typ Leopard 2A4 seien Warschaus Beitrag zu einem Kampfpanzer-Bataillon, die dazu gehörigen Panzer von Polens Verbündeten würden "sehr bald" ausgeliefert, sagte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak vor Journalisten. Demnach soll das Bataillon mit Panzern aus Kanada, Norwegen und Spanien vervollständigt werden. Polen werde zudem ein Wartungszentrum für die Kampfpanzer aufbauen.

Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki  und der ukrainische Ministerpräsident Denis Schmyhal schütteln sich vor Panzern die Hände
Am 24. Februar übergab Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki (r.) dem ukrainischen Ministerpräsidenten Denis Schmyhal die ersten Leopard-Panzer Bild: Ukrainian Governmental Press Service/REUTERS

Die polnische Regierung hatte am Dienstag angekündigt, dass die Panzer bis zum Ende der Woche geliefert würden. Insgesamt stellt Warschau der Ukraine 14 Leopard-2-Panzer zur Verfügung. Die ersten vier davon waren am 24. Februar, dem Jahrestag des Beginns der russischen Invasion, ausgeliefert worden. Die Ausbildung der ukrainischen Panzerfahrer sei bereits abgeschlossen, hieß es weiter.

Polens Präsident Duda will Ukraine Kampfjets überlassen

Polens Präsident Andrzej Duda hat sich bereit erklärt, der Ukraine im Rahmen einer internationalen Koalition Kampfjets vom sowjetischen Typ MiG-29 zu überlassen. "Wir sind bereit, diese Flugzeuge zu liefern, und ich bin sicher, dass die Ukraine bereit wäre, sie sofort einzusetzen", sagte Duda in einem Interview des US-Senders CNN. Für die Zukunft sei es wichtig, mehr ukrainische Piloten auf US-Kampfflugzeugen F-16 auszubilden, meinte Duda bei seinem Besuch in Abu Dhabi am Persischen Golf.

Die Diskussion über die polnischen MiG-29 kam schon vergangenes Jahr kurz nach der russischen Invasion in die Ukraine auf. Nach Angaben polnischer Militärexperten hat das Land an der NATO-Ostgrenze noch etwa 30 Maschinen dieses Typs im Einsatz. Viele stammen aus alten DDR-Beständen.

Mig-29 Kampfjet
Ein polnischer Kampfjet vom sowjetischen Typ MiG-29 Bild: Rosanna van de Logt/Zoonar/picture alliance

EU sucht eine Million Geschosse für die Ukraine

Die EU-Verteidigungsminister haben der Ukraine bei einem Treffen in Stockholm mehr Munition in Aussicht gestellt. Woher diese kommen soll, ist aber unklar. "Wir werden rasch handeln, um den Bedarf der Ukraine an Munition zu decken", versprach der schwedische Ressortchef Pal Jonson. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach von einer "Grundsatzeinigung auf ein Verfahren". Es gebe aber noch eine Reihe "offener Fragen".

Ukraine | Krieg | Munitionsladungen in Artilleriestellung nahe Bachmut
Die ukrainische Armee benötigt dringend neue ArtilleriemunitionBild: Narciso Contreras/AA/picture alliance

Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow hatte bei dem Treffen eine Million Geschosse im Wert von vier Milliarden Euro gefordert, damit sich die Ukraine weiter gegen den russischen Angriff verteidigen kann. 

Litauen: Russland fähig zu zwei weiteren Kriegsjahren

Russland ist nach Einschätzung der litauischen Geheimdienste in der Lage, seinen Angriffskrieg in der Ukraine weitere zwei Jahre fortzusetzen. "Wir schätzen, dass die Ressourcen, die Russland heute zur Verfügung stehen, ausreichen würden, um noch zwei Jahre lang einen Krieg mit der gleichen Intensität wie heute zu führen", sagte Oberst Elegijus Paulavicius von Militärgeheimdienst des baltischen EU- und NATO-Landes bei der Vorstellung des Jahresberichts seiner Behörde.

Russland werde unter Präsident Wladimir Putin "zunehmend totalitär", heißt es weiter in dem Bericht. Der Krieg in der Ukraine untergrabe aber "die politischen und wirtschaftlichen Grundlagen des Regimes". Die Misserfolge auf dem Schlachtfeld, weitere Mobilisierungen und eine Verschlechterung der Wirtschaftslage könnten negative Folgen für dessen Stabilität haben. "Im aktuellen sozialen und politischen Umfeld ist die wahrscheinlichste Alternative zu Putins Regime ein anderes autoritäres Regime", schreiben die litauischen Geheimdienste. Russland bleibe damit "wahrscheinlich zumindest mittelfristig eine Bedrohung und Quelle der Instabilität in der Region."

Litauen grenzt an die russische Exklave Kaliningrad sowie an Russlands Verbündeten Belarus. Nach Einschätzung der Geheimdienste wirkt sich Russlands "uneingeschränkte Möglichkeit", seine Truppen nach Belarus zu entsenden, negativ auf die Sicherheit Litauens und anderer NATO-Staaten in der Region aus. Dies verkürze die Vorwarnzeit, so Paulavicius weiter.

Guterres: Verlängerung des Getreideabkommens von "entscheidender Bedeutung"

UN-Generalsekretär António Guterres hat bei einem Besuch in Kiew mit der ukrainischen Führung über die Verlängerung der Getreide-Initiative im Schwarzen Meer gesprochen. Das am 18. März auslaufende Abkommen zu verlängern, sei von "entscheidender Bedeutung", sagte Guterres. Das Abkommen habe dazu beigetragen, die globalen Lebensmittelpreise zu senken und damit vor allem Menschen in Entwicklungsländern geholfen. Der ukrainische Präsident Selenskyj sagte bei einer Pressekonferenz mit Guterres, die Getreideexporte seines Landes seien wichtig "für die ganze Welt".

UN-Generalsekretär Antonio Guterres in Kiew, Ukraine
UN-Generalsekretär Antonio Guterres besuchte Kiew bereits zum dritten Mal seit Beginn der russischen Invasion in der UkraineBild: SERGEI SUPINSKY/AFP/Getty Images

Russland hatte nach seinem Einmarsch in die Ukraine anfänglich alle ukrainischen Seehäfen blockiert. Nach militärischen Erfolgen der Ukraine im Schwarzen Meer gelang es mit Vermittlung der UN und der Türkei, russische Sicherheitsgarantien für den Transport von landwirtschaftlichen Produkten zu erwirken.

sti/uh/se/ww/mak (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.