U21-EM: Das letzte Quäntchen fehlt
30. Juni 2019Mal war der Pass zu ungenau, mal sprang der Ball bei der Annahme ein wenig zu weit vom Fuß. Mal kam die Ecke etwas zu nah ans spanische Tor, oder beim Dribbling ließ man zwar den ersten und zweiten spanischen Verteidiger stehen, blieb dann aber spätestens am dritten hängen. Die deutsche U21 hat im Finale der Europameisterschaft gegen Spanien nicht schlecht gespielt, sie hat aber auch kein gutes Spiel gemacht - doch das wäre nötig gewesen, um die Spanier an diesem Abend in Udine zu schlagen.
Während das Team von Trainer Stefan Kuntz im Halbfinale gegen Rumänien das Spiel mit Wucht und Willen noch drehen konnte - auch weil in der 2. Halbzeit vieles gelang - war im Endspiel gegen Spanien zwar der Wille da, an Wucht fehlte es aber manches Mal, und es gelang insgesamt nicht viel.
Kleine Fehler, die entscheiden
Dennoch hob der Trainer nach der 1:2-Niederlage das Positive hervor: "Dass wir nicht aufgegeben haben, das war etwas, das der Mannschaft gut zu Gesicht stand", analysierte Stefan Kuntz nach dem Spiel und ärgerte sich ein wenig über das 0:2. "Genau zum falschen Zeitpunkt - da hatten wir ja schon zwei, drei, vier Abschlüsse - kam das 2:0", meinte der 56-Jährige und gab zu: "Spanien muss man gratulieren. Das ist ein verdienter Europameister - vor allem, wenn man das ganze Turnier sieht."
Bezeichnend und beispielhaft für das gesamte Spiel waren die Gegentore: Beim 0:1 durch Fabian, einem schönen Weitschuss, reichte den Spaniern ein schnell weitergeleiteter Ball an der Mittellinie, um die deutsche Defensive auszuhebeln. Fabian, der nach dem Finale zum besten Spieler der EM gewählt wurde, hatte Platz, mit dem Ball am Fuß in Schussposition zu laufen. DFB-Kapitän Jonathan Tah wusste nicht recht, ob er draufgehen oder wegbleiben sollte, da schlug der Ball auch schon unhaltbar unten links ein. Vor dem 0:2 durch Dani Olmo konnte Torhüter Alexander Nübel, bisher mit seinen Paraden ein Garant für den Erfolg der Deutschen, einen Weitschuss nur nach vorne abklatschen lassen. Olmo hob den Ball geschickt über den Schalker Schlussmann und entschied die Partie.
Spanien das reifere Team
Keine Frage: Insgesamt war es ein verdienter Sieg der Spanier, die die reifere Leistung zeigten und weniger Fehler machten. Vor allem defensiv standen die Spanier sehr diszipliniert, machten die Räume eng und raubten den Deutschen so den Platz, um offensiv Ideen zu entwickeln. Dementsprechend lange brauchten Kuntz' Schützlinge im Spiel nach vorne. Torchancen gab es nicht viele, oft entstanden sie zufällig, und genauso oft wurden sie überhastet vergeben.
Dortmunds Mittelfeldspieler Mo Dahoud, sonst oftmals Initiator überraschender Offensivaktionen, blieb blass und wirkungslos. Torjäger Luca Waldschmidt kam nicht oft in Schussposition und vergab seine wenigen Möglichkeiten. Einer der seltenen Momente, in denen die deutschen Spieler handlungsschneller war als die spanischen Gegner, brachte Deutschland den späten Anschlusstreffer: Nadiem Amiri zog aus 20 Metern ab, hatte allerdings Glück, dass der Ex-Frankfurter Jesus Vallejo noch unhaltbar abfälschte. Glück, das in vielen anderen Momenten fehlte.
Positives Fazit - breite Brust
Doch auch, wenn das Finale nicht das stärkste Spiel des DFB-Nachwuchses war: Die Spieler, von denen viele als Kandidaten für Joachim Löw und die A-Elf gelten dürfen und teilweise sogar schon dort gespielt haben, haben gezeigt, dass die vermeintliche Krise im DFB-Nachwuchs nicht so groß ist, wie zuletzt von vielen Kritikern angemahnt. Spieler wie Nübel, Tah, Dahoud, auch die Arne Maier oder Maximilian Eggestein und auch Waldschmidt, der mit sieben Treffern Torschützenkönig der EM wurde, haben eine Zukunft im DFB-Trikot.
Auch hier fand Stefan Kuntz in seiner Analyse die richtigen Worte: "Wir können mit breiter Brust hier rausgehen. Da kann man als Trainer nur stolz sein", sagte er, der die meisten seiner EM-Spieler in der nächsten Saison nicht mehr trainieren darf, weil sie zu alt für die U21 sind. "Es ging darum, hier den nächsten Schritt zu gehen. Und es gibt viele Spieler, die in diesem Turnier viele Schritte gegangen sind."