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Türkei enttäuscht: Steinmeier kommt nicht persönlich

8. August 2016

Es sollte eine Geste der Solidarität sein: Die Bundesregierung schickt drei Wochen nach dem Putschversuch einen Staatssekretär in die Türkei. Die Enttäuschung ist groß, Ankara hätte sich den Außenminister gewünscht.

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Markus Ederer mit Mustafa Yeneroglu in Ankara
Zu Gesprächen in der Türkei: Staatssekretär Markus Ederer (rechts) trifft Justizminister Mustafa YenerogluBild: picture-alliance/abaca

Die Bundesregierung "hat sich sehr früh sehr klar gegen diesen Militärputsch gestellt", betonte Staatssekretär Markus Ederer aus dem Auswärtigen Amt. Damit trat er in Ankara dem in der Türkei verbreiteten Eindruck entgegen, Deutschland habe nicht eindeutig Position gegen den Umsturzversuch bezogen. Hätte der Umsturzversuch Erfolg gehabt, wäre dies eine "Katastrophe" für die Türkei, Deutschland und die Region gewesen, sagte er vor Journalisten in Ankara. Die Bundesregierung unterstütze die legitime Aufarbeitung des Putschversuches, diese müsse aber verhältnismäßig sein. "Rechtsstaatlichkeit ist das Gebot der Stunde", sagte Ederer.

Als nach dem Umsturzversuch sichtbar wurde, welche Dimension die folgenden Verhaftungen hatten, änderte sich die Tonlage aber. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnten vor einer unverhältnismäßigen Reaktion der türkischen Führung. Aus türkischen Regierungskreisen wurde Enttäuschung darüber laut, dass nicht Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier persönlich anreiste. Man hätte einen ranghöheren Besuch erwartet, sagte ein Regierungsvertreter deutschen Medien in Istanbul.

Erdogan: "Wie ein Bumerang wird es sie treffen."

Erdogan hatte am Sonntagabend bei einer Großkundgebung in Istanbul gegen den Putsch erneut Vorwürfe gegen Deutschland erhoben. Er kritisierte, dass er sich bei der türkischen Kundgebung in Köln am Sonntag vor einer Woche nicht per Videoleinwand zuschalten durfte. "Wo ist die Demokratie?", fragte Erdogan. Den deutschen Behörden warf er vor, bei einer früheren Veranstaltung in Köln eine Videoschalte der PKK zugelassen zu haben. "Sollen sie die Terroristen nur ernähren", sagte er. "Wie ein Bumerang wird es sie treffen."

Der türkische Staatschef bekräftigte sein Ziel, die Todesstrafe wieder einzuführen. Die Vize-Sprecherin des Auswärtigen Amts, Sawsan Chebli, erklärte in Berlin erneut, ein solcher Schritt würde das Ende der Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei bedeuten. Zum Besuch Ederers sagte sie: "Wir sind der Meinung, dass es wichtig ist, mit der Türkei ins direkte Gespräch zu kommen." Man wolle nicht nur "über Megaphone und Mikrofone" miteinander sprechen.

Die Kritik von Staatspräsident Erdogan am Westen hält an. Seit dem Putschversuch hat noch kein EU-Außenminister die Türkei besucht, um Solidarität mit der Regierung zum Ausdruck zu bringen. US-Außenminister John Kerry werde am 24. August in die Türkei kommen. "Das ist spät, zu spät. Das macht uns traurig", sagte Erdogan der französischen Tageszeitung "Le Monde".

pab/gri (dpa, rtr)