1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Film

Frankreichs Aufstieg zum Serienland

Brenda Haas
21. April 2022

Frankreich macht nicht nur wegen der Präsidentenwahl von sich reden. Auch als Serienproduzent zieht das Land die Aufmerksamkeit auf sich. TV-Produktionen wie "Lupin" oder "Emily in Paris" haben Fans in aller Welt.

https://p.dw.com/p/4AFAn
 Szene aus der Serie "Validé" mit einem Musiker, der vorm Mikrofon rappt.
Die Serie "Validé" ist jetzt als "All The Way Up" auch in den USA erfolgreichBild: Mika Cotellon - Mandarin Télévision/CANAL+

"Validé" ist die erste Fernsehserie, die die rührige Rap- und HipHop-Szene Frankreichs ins Rampenlicht rückt. Zwei Staffeln sind beim Streamingdienst Canal Plus abrufbar. Im Zentrum steht die Geschichte eines aufstrebenden Rappers, der sich schnell Feinde macht und dennoch die richtigen Leute findet, um seine Karriere voranzubringen. "Validé" schafft ein realistisches Bild der französischen Rap-Szene zwischen Business und Emotionen. Die erste Staffel handelt von Clément alias Apash (dargestellt von dem französischen Rapper Hatik) und seinen Jugendfreunden Brahim (Brahim Bouhlel) und William (Saidou Camara). Apash wird eines Tages von Mastar, einem der größten französischen Rap-Stars (dargestellt vom Rapper-Schauspieler Moussa Mansaly), entdeckt.

Anfangs stehen sich die beiden noch nahe, doch dann wird aus ihrer Freundschaft zunehmend Rivalität. Die beiden Konkurrenten machen die Erfahrung, dass Ruhm nicht einfach zu haben ist. Doch die wahre Stärke der Serie ist ihre Glaubwürdigkeit, die durch den Auftritt vieler Gaststars aus der Rap-Szene wie Ninho, Kool Shen, Lacrim, Rim‘K, Mac Tyer, DJ Cut Killer oder auch Fred Musa entsteht.

Szene aus Baron Noir vor dem Elysée-Palast: Ein Mann und eine Frau unterhalten sich
"Baron Noir" gilt als französische Antwort auf "House of Cards"Bild: Jean-Claude Lother/KWAI/CANAL+

Ohne zu viel verraten zu wollen, geht es in der zweiten Staffel um die Rapperin Sara alias Lalpha (Laetitia Kerfa), die sich nicht nur in der von Männern dominierten Rap-Industrie hochboxen muss, sondern auch gegen Feinde von früher zu kämpfen hat, die - angezogen von ihrem Ruhm - wie aus dem Nichts auftauchen.

"Baron Noir": eine Mischung aus Glamour und Gomorra

Franck Gastambide, eine der erfolgreichsten Filmgrößen Frankreichs, hat bei "Validé" Regie geführt. Inspiration holte er sich dafür von der erfolgreichen US-Fernsehserie "Entourage", einer HBO-Produktion über die Schauspielkarriere des jungen Filmstars Vincent Chase (gespielt von Adrian Grenier) und seiner Kindheitsfreunde aus Queens, New York City, die sich in Los Angeles nach oben kämpfen.

Kevin Dillon, Adrian Grenier, Doug Ellin, Kevin Connolly und Jerry Ferrara posieren für die Kamera.
Die US-Serie "Entourage" inspirierte den Regisseur Gastambide zu "Validé"Bild: Rebecca Cabage/AP Images/Invision/picture allianc

"Ich war so begeistert von 'Entourage', dass ich mit den Protagonisten befreundet sein, mit ihnen in Hollywood leben und Jessica Alba bei Starbucks treffen wollte", sagte Gastambide im Oktober 2021 in einem Interview mit dem Magazin "Variety". "Deshalb sagte ich mir, ich will das Konzept für die Rap-Szene nachahmen: mit echten Menschen und echten Orten. Das Tolle ist ja, dass die Rap-Szene im Unterschied zu Hollywood auch noch eine anrüchige, kriminellen Seite hat. Also eigentlich die perfekte Spielwiese, um in einer Serie Glitzer und Glamour mit den Abgründen eines 'Gomorra' zu mischen."

"Validé" - mehr als ein Blick in die Rap-Szene Frankreichs

Als die erste Staffel Anfang 2020 in Frankreich ausgestrahlt wurde, entwickelte sich "Validé" zu einem Quotenhit: Mit 44 Millionen Streams brach die Serie Rekorde auf den digitalen Plattformen von Canal Plus und gewann den Publikumspreis beim internationalen Serienfestival in Cannes. Staffel zwei, die im Oktober 2021 anlief, war nicht weniger erfolgreich und verzeichnete in der ersten Woche zehn Millionen Aufrufe.

Die Serie hat auch ihren Hauptdarsteller Hatik und den französisch-kongolesischen Rapper Bosh, der Karnage spielt, zu Stars gemacht. Hatik ist inzwischen eine Hip-Hop-Sensation; sein bekanntester Song, "Angela", wurde auf YouTube über 122 Millionen Mal aufgerufen. Nach Angaben von Canal Plus wurde der Original-Soundtrack der Serie mehr als 100 Millionen Mal auf Deezer und Spotify gestreamt.

Moussa Mansaly (Mastar), Franck Gastambide (Sno), Brahim Bouhlel (Brahim) posieren für die Kamera.
In Validé spielen viele französische Rapper mit: Moussa Mansaly (Mastar), Franck Gastambide (Sno), Brahim Bouhlel (Brahim)Bild: 2021 Mika Cotellon/Mandarin Télévision/Autodidakte/CANAL+

Frankreichs Erfolgswelle

Nicht nur "Validé", auch andere französische Serien sind derzeit äußerst beliebt auf den Streaming-Portalen. Deshalb ist bereits von einer "Neuen französischen Welle" die Rede.

Während die Netflix-Eigenproduktion "Emily in Paris" mit romantischen Klischees und einer stereotypen Sicht auf das Leben in Frankreichs Hauptstadt spielt, sind die Canal-Plus-Serien "Büro der Legenden" (2015) und "Baron Noir" (2016) eher Polit-Dramen mit knallhartem Realitätsbezug.

Szene aus der Netflix-Serie Emily in Paris mit der Hauptdarstellerin Lily Collins, die ein rotes Barrett trägt.
Spiel mit Klischees: "Emily in Paris" ist gerade wegen der überzeichneten Stereotypen beliebtBild: Netflix/AP Photo/picture-alliance

"Büro der Legenden" ist ein mehrfach preisgekrönter Spionagethriller, der im Milieu um Frankreichs Auslandsgeheimdienst spielt. Die französische Produktion gehört zu den am häufigsten heruntergeladenen Serien in den USA und Kanada und gilt als eine der erfolgreichsten Canal-Plus-Serien überhaupt.

Polit-Dramen, Thriller, Gaunerkomödien

"Baron Noir" - oft als französisches "House of Cards" bezeichnet - wurde erst gerade wieder, im Vorfeld der französischen Wahlen 2022, viel gestreamt. Laut BBC bietet die Serie einen "Einblick in die Machenschaften und Verleumdungen des Parteiapparats, und zeigt, welchen emotionalen Tribut der Präsident dabei zahlt. Sie fängt auch das weit verbreitete Gefühl der Desillusionierung gegenüber der französischen Demokratie und die wirtschaftliche Entfremdung ein. Das alles manifestiert sich alle fünf Jahre im Kampf gegen die Rechtsextremen."

Auf Netflix erreichte die Fernsehserie "Lupin" (2021) im ersten Monat weltweit 70 Millionen Zuschauer und überholte damit sogar die Erfolgsserien "Bridgerton" und "Das Damengambit". Der Titel spielt auf den in Frankreich sehr berühmten Roman "Arsène Lupin" an. Hauptdarsteller Omar Sy alias "Lupin" orientiert sich in der Serie an den Coups des Gentlemen-Diebs. Netflix punktete auch mit drei Staffeln der französischen Komödien "Call My Agent" (2017) mit Camille Cottin als lesbischer Film-Agentin, die reale Stars der französischen Filmszene betreut. Auch mit der Eigenproduktion "Drôle - einfach komisch" (2022), das von vier jungen Standup-Comedians in Paris erzählt, bewies Netflix wieder einen guten Riecher.

Drei Darsteller aus der Serie "Drôle" stehen vor einem Comedy Club in Paris
"Drôle" heißt die neueste Netflix-Eigenproduktion rund um einen Comedy-Club in ParisBild: Mika Cotellon/Netflix
Szene mit Omar Sy als "Lupin" in der gleichnamigen Serie
"Lupin" (Mitte) alias charmanter Betrüger Assane Diop, gespielt von Omar SyBild: picture alliance/dpa/Netflix

Serien halten Frankreich den Spiegel vor

Über den Grund für den Erfolg lässt sich nur mutmaßen. Kritiker sind sich sicher, dass die Serien deshalb so beliebt sind, weil sie Frankreich den Spiegel vorhalten. Gerade die realistische Darstellung normaler Menschen und ihrer Probleme mache die französischen Serien so beliebt beim Publikum.

In der Zwischenzeit geht es für "Validé" weiter aufwärts: Nicht nur in Großbritannien, sondern auch in den USA (auf HBO Max) wird die Serie über Frankreichs Rap-Szene ausgestrahlt.

Adaption aus dem Englischen: Sabine Oelze.