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Tunesiens Echo in Westafrika

7. Februar 2011

Ein Weltsozialforum in Afrika. Im Senegal, nicht weit vom politisch rumorenden Maghreb entfernt. Kurz nach der Jasmin-Revolution in Tunesien könnten Ort und Zeitpunkt dafür nicht besser sein, meint Alexander Göbel.

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Bild: DW

Das Motto des Weltsozialforums lautet: "Eine andere Welt ist möglich". Dass sie möglich ist, auch auf afrikanischem Boden, haben die Tunesier eindrucksvoll bewiesen. Sie haben ihren Despoten mit Schimpf und Schande davongejagt. Zwar mit dem Schutz durch die Armee, aber aus eigenem Willen, aus eigener Kraft. Ohne Militärputsch.

Sicher, davon sind Westafrikas Staaten noch weit entfernt, denn von der Elfenbeinküste bis in den Niger, von Burkina Faso bis Nigeria, von Guinea bis nach Ghana – überall dort haben im Laufe der letzten 50 Jahre immer wieder Offiziere in Uniform die Machtverhältnisse geändert, nicht die Bevölkerung. Und in anderen Ländern wie Kamerun, Togo oder Senegal sitzen wahre Dinosaurier im Präsidentenpalast. Zwar in Zivil, aber korrupt und autokratisch. Ben Ali lässt grüßen.

Alexander Göbel (Bild: DW)
Alexander Göbel ist Korrespondent im ARD-Studio RabatBild: DW / Christel Becker-Rau

In Tunesien haben die Bürger sich selbst befreit. Und auch wenn ein solches Ereignis in Westafrika noch in weiter – sehr weiter - Ferne liegt, bin ich überzeugt, dass das Weltsozialforum in Dakar in diesem Zusammenhang eine große Chance hat. Die Chance, sich zu profilieren. Mehr zu sein als ein harmloser Debattierclub. Natürlich, Foren sind zum Reden da. Zum Träumen, nicht zum Handeln. Aber die Teilnehmer des Forums könnten - müssten - mehr tun, als im politisch-korrekten Ché-Guevara-T-Shirt pauschale Kapitalismuskritik zu üben oder revolutionsromantische Alternativen zum herrschenden neoliberalen Weltwirtschaftssystem zu fordern.

Dieses Weltsozialforum in Dakar sollte ganz konkret darüber diskutieren, wie man in Afrikas so dermaßen gebeutelten Staaten die Zivilgesellschaft stärken, die Bildungschancen verbessern, die Medien selbstbewusster und den Menschen zugänglicher machen kann. Warum soll die Facebook-Revolution nicht eines Tages nach Lomé kommen, nach Yaoundé, nach Abuja? Schaffen wir in Westafrika zwei, drei, viele Tunesien. Ja, so würde er Sinn machen, der Satz von Ché Guevara, damals gemünzt auf den so genannten antiimperialistischen Befreiungskampf in Vietnam. Befreien müssen sich heute auch die Menschen in Westafrika - von Arbeitslosigkeit, Verzweiflung, von respektlosen Potentaten, von Korruption, von unfairen Handelsbedingungen. Dabei kann die Welt helfen. Sicher, das Weltsozialforum ist keine UNO-Generalversammlung. Aber wenn schon aus der Europäischen Union nicht viel zur tunesischen Revolution zu hören ist, könnte wenigstens das Weltsozialforum ein Zeichen setzen, dass Tunesien ein Echo hat. Dass das Motto der Veranstalter mehr ist als nur eine Worthülse. Dass tatsächlich eine andere Welt möglich ist – auch in Afrika. Aber wie hat Ché Guevara gesagt: "Bleiben wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche".

Autor: Alexander Göbel
Redaktion: Katrin Ogunsade