Tsingtau – Ein Kapitel deutsch-chinesischer Beziehungen
Vor 100 Jahren kapitulierten deutsche Soldaten in Tsingtau vor der japanischen Armee. Fotos eines damaligen deutschen Marinesoldaten geben einen Einblick in das Leben in der ehemaligen deutschen "Musterkolonie".
Deutsche "Musterkolonie"
Rund 17 Jahre lang war Kiautschou mit seiner Hauptstadt Tsingtau als Kolonie Teil des Deutschen Reiches. Die Bilder, die ein deutscher Marinesoldat namens Paul Praßler damals mit seiner Kamera festhielt, gewähren einen seltenen Blick in dieses besondere Kapitel deutsch-chinesischer Beziehungen.
Kriegsschiffe nach Kiautschou
Nach der Ermordung zweier deutscher Missionare im November 1897 schickte der deutsche Kaiser Wilhelm II. Kriegsschiffe vor die Küste Kiautschous und zwang China schließlich dazu, einem 99 Jahre dauernden Pachtvertrag über Tsingtau - der heutigen chinesischen Metropole Qingdao - zuzustimmen.
Koloniale "Vorzeigestadt"
Mit der Besetzung Tsingtaus wollten die Deutschen nicht nur bei der Aufteilung Chinas durch die Kolonialmächte ein Wörtchen mitreden, sondern auch eine "Musterkolonie" aufbauen, wo "deutsches Können" gezeigt werden sollte. So wurde rasch aus einem Fischerdorf eine für damalige Verhältnisse sehr moderne Stadt.
Parallele Lebenswelten
Deutsche und Chinesen lebten streng getrennt. Aber auch das sogenannte Chinesen-Viertel wurde nach deutschen Bauvorschriften erbaut.
Funktionierende Kanäle
Auch 100 Jahre später hält das Abwassersystem von damals Hochwassern stand, während viele moderne Kanalisationssysteme versagen. Deshalb wird der Kanaldeckel von den Einheimischen noch heute liebevoll "Gu Li" genannt – eine Bezeichnung, die dem deutschen "Gully" entlehnt ist.
Auf die Heimat!
Zeitweise zählte die deutsche Garnison in Tsingtau bis zu 5000 Soldaten. Auch fern der Heimat bemühten diese sich darum, ihre Traditionen aufrechtzuerhalten, etwa bei dieser nicht näher datierten Silvesterfeier. Und wo Deutsche feiern, durfte der Gerstensaft natürlich nicht fehlen…
Eigene Brauerei
Ab 1903 wurde in der "Germania-Brauerei" nach deutschem Reinheitsgebot gebraut. Heute zählt das - mittlerweile längst von einer chinesischen Firma übernommene - Tsingtau-Bier zu den meistverkauften Bieren weltweit.
Besatzer und Bevölkerung
Auch solch ein harmonisches Gruppenfoto von Deutschen und Chinesen kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass die Deutschen ungeladene Fremdherrscher waren…
Klare Hierarchie
Diskriminierung und Unterdrückung gehörten zur Tagesordnung, wie hier bei der Überwachung einer chinesischen Getreidemühle durch Angehörige des deutschen Armeekorps.
Chinesische Hochzeit
In Tsingtau prallten plötzlich zwei Welten aufeinander. Doch auch chinesische Traditionen konnten sich halten, blieben von der deutschen Kolonialmacht weitgehend unbeeinflusst. Wie bei dieser Hochzeitszeremonie, bei der die Braut mit einer Sänfte zum Bräutigam getragen wurde.
Reger Handel
Damals wie heute herrschte reges Treiben auf den Märkten. Händler boten Gemüse und Getreide an. Garküchen luden zum Verweilen ein.
Blick in die Zukunft
Dieser Wahrsager behauptet auf seinem Plakat, dass er das gesamte Weltgeschehen vorhersagen könne. Ob er damals schon geahnt hat, dass Deutschland und China 100 Jahre später enge Handelspartner geworden sind, die sich auf Augenhöhe begegnen?