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Trumps Zölle: Was sie für Mexiko und Kanada bedeuten

31. Januar 2025

Donald Trump selbst hat in seiner ersten Amtszeit ein Freihandelsabkommen mit den Nachbarländern geschlossen. Trotzdem droht er ihnen jetzt mit höheren Zöllen. Das gefährdet die Lieferketten in der Region.

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Kanada Ambassador Intentional Brücke
Die Ambassador Brücke überspannt den Detroit River und verbindet die USA und KanadaBild: Patrick Gorski/NurPhoto/picture alliance

Kaum im Amt, will US-Präsident Donald Trump Waren aus Kanada und Mexiko mit Einfuhrzöllen von 25 Prozent belegen. Für Waren aus China plant Trump einen zusätzlichen Zoll von zehn Prozent. Kurz nach seinem Amtsantritt sagte Trump, die Zölle könnten am 1. Februar in Kraft treten.

Kanada und Mexiko sind Amerikas größte Handelspartner. Nach Angaben des US-Handelsministeriums kauften beiden Länder im Jahr 2023 gemeinsam US-Waren und -Dienstleistungen im Wert von 808 Milliarden US-Dollar (768 Milliarden Euro).

Im selben Zeitraum lieferten beide Länder Waren und Dienstleistungen im Wert von 1,01 Billionen Dollar in die USA. Das Handelsdefizit der USA mit Kanada beträgt über 40 Milliarden Dollar, das mit Mexiko über 162 Milliarden Dollar.

Warum die Zölle?

Die meisten Wirtschaftswissenschaftler gehen davon aus, dass Zölle die Preise für die amerikanischen Verbraucher erhöhen werden. Trump hofft dagegen auf einen anderen Effekt.

Für ihn sind Zölle ein Mittel, um das seiner Ansicht nach "unfaire" Handelsdefizit des Landes zu verringern, die inländischen Produktionskapazitäten durch einen "Buy American"-Schub zu erhöhen und außerdem Staatseinnahmen zu erzielen.

Darüber hinaus sieht er Zölle als nützliches Instrument bei Verhandlungen, etwa über die Drogenbekämpfung oder die Abwehr von Einwanderern an der Südgrenze der USA.

Wirtschaft und Zölle unter Trump: Wer profitiert?

Bisher hat Trump allerdings davon abgesehen, sämtliche Einfuhren in die USA mit Zöllen zu belegen. Das hatte er im Wahlkampf angedroht.

Kanada und die US-Zölle von 25 Prozent

Für Kanada fallen die neuen Zölle in eine Zeit der politischen Instabilität. Kanadas Premierminister Justin Trudeau hatte Trump zwar noch vor seiner Amtseinführung in Florida besucht, wird jedoch selbst nicht mehr lange im Amt sein, nachdem er die Führung der Liberalen Partei abgegeben hat.

Trudeaus Nachfolger wird im März ernannt und muss sich dann wahrscheinlich einem Misstrauensvotum im Parlament stellen oder selbst Neuwahlen ansetzen. Eine Neuwahl würde höchstwahrscheinlich die Konservativen in Ottawa wieder an die Macht bringen und eine kanadische Reaktion auf Trumps Zölle weiter verzögern.

Kanada ist also vor allem mit sich selbst beschäftigt - zu einer Zeit, in der Trump wiederholt gespottet hat, das Land könne der 51. Bundesstaat der Vereinigten Staaten werden.

Mexiko und die US-Zölle von 25 Prozent

Für Mexiko sind die neuen US-Zölle ein ernstes Problem, da die Wirtschaft des Landes eng mit den USA verflochten ist. Dennoch gibt sich die mexikanische Führung selbstbewusst.

Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum hatte im November Gegenzölle angedroht und gesagt, "auf jeden Zoll folgt ein weiterer Zoll". Vergangene Woche erklärte sie dann, sie werde den USA die Stirn bieten, dabei aber konstruktiv bleiben. "Es ist wichtig, immer einen kühlen Kopf zu bewahren und sich auf unterzeichnete Vereinbarungen zu beziehen, nicht nur auf aktuelle Reden", so Sheinbaum.

Mexiko Avocado bei Avo Hass
Avocados aus Mexiko. Fast 80 Prozent alles mexikanischen Exporte gehen in die USABild: David de la Paz/Photoshot/picture alliance

Am Mittwoch, als die Frist für den 1. Februar immer näher rückte, sagte Sheinbaum: "Wir glauben nicht, dass es wirklich passieren wird." Sie fügte hinzu: "Wenn es doch passiert, haben wir unseren Plan."

Zölle trotz Freihandelsabkommen

Trump hatte in seiner ersten Amtszeit darauf bestanden, das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) zwischen Mexiko, Kanada und den USA neu zu verhandeln und durch das USA-Mexiko-Kanada-Abkommen (USMCA) zu ersetzen, dass im Juli 2020 in Kraft trat.

Obwohl Trump bei diesem neuen Abkommen eine führende Rolle gespielt und es selbst unterschrieben hat, bezeichnet er es heute als "das schlechteste Handelsabkommen aller Zeiten" und will es so bald wie möglich neu verhandeln.

Sechs Jahre nach Inkrafttreten, also 2026, sollte das Freihandelsabkommen USMCA ohnehin überprüft werden. Wie eine einseitige Zollerhebung der USA vor Ablauf dieser rechtlich zu bewerten ist, ist noch nicht geklärt.

Investieren in Mexiko

Die Investitionen in die mexikanische Industrie sind seit Trumps erster Amtszeit gestiegen. Ausländische Unternehmen, die in Mexiko investieren, darunter auch deutsche Autobauer, profitieren von den niedrigeren Löhnen im Land. Es haben sich auch viele chinesische Unternehmen in Mexiko niedergelassen, in der Hoffnung, so die Zölle auf direkte Einfuhren aus China zu umgehen.

Bei neuen Zöllen müssten ausländische Firmen in Mexiko ihre Investitionen und ihre Standorte in dem Land überdenken. Elon Musks Pläne, im nordmexikanischen Bundesstaat Nuevo Leon eine Tesla-Fabrik zu errichten, liegen derzeit auf Eis.

Bei der Herstellung von Autos und vielen anderen Produkten müssen Rohstoffe, Vorprodukte und Bauteile über die Grenze hin-und hergeschickt werden - manchmal sogar mehrfach. Wird aber bei jeder Grenzüberquerung - egal ob ein Produkt fertig ist oder nicht - ein Zoll erhoben, würde das die Kosten in der Lieferkette massiv erhöhen. In der Folge könnten Fabriken geschlossen werden, weil sich Produktion nicht mehr rechnet.

Mexiko und Kanada bereiten sich beide auf das Schlimmste vor. Um Washington zufriedenzustellen und die Zölle abzuwenden, haben beide Länder die Grenzsicherung verstärkt. So sollen weniger Migranten und weniger Drogen in die USA kommen.

Mexiko Tapachula 2025 | Migranten marschieren Richtung US-Grenze am Tag von Trumps Amtseinführung
Migranten in Mexiko auf dem Weg zur US-Grenze. In Verhandlungen über Migration setzt Trump Zölle als Druckmittel einBild: Isaac Guzman/AFP/Getty Images

Berichten zufolge haben beide Länder bereits Listen mit US-Produkten erstellt, die sie mit Gegenzöllen belegen könnten. Kanada könnte seine Öl- und Stromexporte zurückhalten. Mexiko könnte damit drohen, die wirtschaftlichen Beziehungen zu China, dem Erzrivalen der USA, zu verstärken.

Wird Nordamerika gemeinsam leiden?

"Die wirtschaftlichen Folgen solcher Zölle wären für Nordamerika gravierend und könnten bedeutende Effekte auf Wachstum und Handelsbeziehungen haben", schreibt Julian Hinz, Forschungsdirektor für Handelspolitik am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW).

Etwa drei Viertel der Exporte Mexikos und Kanadas gehen in die USA. Hinz rechnet vor, dass die angekündigten Zölle im ersten Jahr in beiden Ländern zu einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) führen würde - in Mexiko um bis zu 4,1 Prozent.

Das Peterson Institute for International Economics in Washington D.C. kommt zum Schluss, dass US-Zölle von 25 Prozent für alle drei Länder schmerzhaft wären. Für Kanada wäre es schlimm, für Mexiko "katastrophal", da das Land stärker von den USA abhängig ist. In den USA aber würden die Preise steigen und das Wachstum abflachen.

"Für die Dauer der zweiten Trump-Administration wäre das BIP der USA rund 200 Milliarden Dollar niedriger als ohne die Zölle", schrieben Warwick J. McKibbin und Marcus Noland vom Peterson Institute Mitte Januar. "Kanada würde mit einer viel kleineren Wirtschaft 100 Milliarden Dollar verlieren, und in der Spitze würden die Zölle die Wachstumsrate Mexikos um 2 Prozent senken."

Letztlich gibt es viele offene Fragen. Werden US-Gerichte die Zölle anfechten? Wird es Vergeltungsmaßnahmen oder Ausnahmen für bestimmte Branchen geben? Abgesehen von den Zöllen selbst ist auch eine solche Ungewissheit schlecht für die Wirtschaft.

Timothy Rooks, Deutsche Welle
Timothy Rooks ist Reporter und Redakteur in Berlin.