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Traurige Routine

Ronald Meinardus, Manila26. Mai 2003

Auf den Philippinen tobt ein endloser Krieg zwischen der Armee und muslimischen Rebellen. Die Moros, wie sich die Moslems nennen, kämpfen für einen eigenständigen Staat im Süden des Landes. Ein Ende ist nicht in Sicht.

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Immer wieder Terroranschläge auf den PhilippinenBild: AP

Im Süden der Philippinen sind terroristische Anschläge zur traurigen Routine geworden. Über 80 Menschen, viele davon Zivilisten, sind seit Anfang März 2003 bei Kämpfen und Bombenanschlägen ums Leben gekommen. Das bislang letzte Blutbad erschütterte am 10. Mai 2003 die mehrheitlich christliche Ortschaft Koronadal. Terroristen zündeten auf dem belebten Marktplatz eine Bombe, 13 Menschen starben, viele weitere wurden verletzt.

Die Ursprünge der politisch motivierten Gewalt in Mindanao, der zweitgrößten Insel des philippinischen Archipels, reichen in die frühen 1970er Jahre zurück, als die dortigen Muslime erstmals koordiniert und bewaffnet gegen die christlich-dominierte Zentralgewalt in der Hauptstadt Manila aufbegehrten. Die Moros sind im Zuge einer systematischen Besiedlungspolitik zu einer Minderheit in dem historisch von ihnen dominierten Landesteil geworden. Die demographische sowie politische und wirtschaftliche Marginalisierung der Moros bleibt die wichtigste Ursache des nicht endenden Krieges im Süden der Philippinen.

Muslimische Akademiker - im Nahen Osten geschult

Der Ruf nach einem eigenständigen muslimisch geprägten Staat im Süden der mehrheitlich katholischen Philippinen wurde ideologisch maßgeblich von außen inspiriert: In den 50er und 60erJahren des 20. Jahrhunderts entsandte die Regierung in Manila mit durchaus ehrenvoller Absicht zahlreiche Moros zum Studium an arabische Universitäten in den Nahen Osten. Nach ihrer Rückkehr in die Heimat wurden die im Orient geschulten muslimischen Akademiker indessen nicht Stützen des Staates. Ganz im Gegenteil profilierten sie sich alsbald als Agitatoren eines militanten islamischen Separatismus.

Bisweilen wird der philippinische Bürgerkrieg vereinfacht als endloser Glaubenskampf zwischen Christen und Muslimen dargestellt. Tatsächlich ist die politische Realität komplexer. In den zurückliegenden drei Jahrzehnten haben sich Phasen hoher Gewaltintensität mit Phasen politisch-diplomatischer Aufbruchstimmung abgewechselt. Mehr als einmal haben namhafte Moros den politischen Schulterschluss mit der Regierung gesucht, verschiedentlich haben christliche Gruppierungen offen und aktiv Partei für die rebellierenden Muslime ergriffen.

Zersplitterte Separatistenfront

Erschwert wird die einvernehmliche Konfliktlösung durch die Zersplitterung der Separatistenfront. Die zahlenmäßig wie politisch bedeutsamste Gruppierung ist im Moment die "Moro Islamic Liberation Front" (MILF). Die MILF ist eine Abspaltung von der "Moro National Liberation Front" (MNLF). Diese Gruppe hat nach Jahren des ermüdenden Dschungelkrieges schließlich ein Friedensabkommen mit der Zentralregierung in Manila geschlossen. Heute üben ehemalige MNLF-Kämpfer mit dem Segen der Zentralregierung in einigen Provinzen Mindanaos begrenzte Macht in einem teilautonomen Gebiet aus.

Während Manila die eher islamistische MILF sowie die nationalistische MNLF durchaus als politische Verhandlungspartner akzeptiert, sind politische Verhandlungen mit der Abu-Sayyaf-Gruppe tabu. Mit spektakulären Entführungen und Lösegeld-Erpressungen hat die Gruppe wiederholt auch international Aufsehen erregt. Die Anhängerzahl der Abu Sayyaf soll in Folge der Antiterror-Einsätze der Regierung auf einige hundert Kämpfer zusammengeschmolzen sein. Seit 2002 unterstützen US-amerikanische Ausbilder die philippinischen Streitkräfte im Süden des Landes bei der Bekämpfung der Abu Sayyaf, der Verbindungen zum internationalen Terror-Netzwerk El Kaida nachgesagt werden.

Terroristenbekämpfung auf den Philippinen
Terroristenbekämpfung auf den PhilippinenBild: AP

Politik der eisernen Faust

Trotz der Hilfe Washingtons ist es der Regierung jedoch bislang nicht gelungen, die Lage in Mindanao militärisch in den Griff zu bekommen. Bewaffnete Rebellen kontrollieren mehr oder minder effektiv einige Teile der Insel. Ein Gewaltmonopol des Staates hat es angesichts der Verbreitung von Handfeuerwaffen jedweder Art in Mindanao noch nie gegeben. Die Verelendung der Massen und die Aushöhlung der staatlichen Autorität bilden den Nährboden für die ungebändigte politische Gewalt.

Unterdessen mehren sich im Schoße der philippinischen Regierung jene Stimmen, die die MILF zu einer "terroristischen Vereinigung" deklarieren wollen. Washington hat sich offen für eine derartige Maßnahme ausgesprochen. Besonnene Kräfte in Manila warnen, ein derartiger Schritt könne den politischen Prozess auf Dauer blockieren. Doch mit jedem neuen Terroranschlag gewinnen die Verfechter einer Politik der eisernen Faust an Einfluss. Es sieht nicht gut aus für eine friedliche Lösung in Mindanao.