Tote bei Massenprotesten im Sudan
30. Oktober 2021Sudans Militär demonstrierte seit dem Morgen mit massiver Präsenz in den Straßen der Hauptstadt Khartum Stärke. Sicherheitskräfte blockierten Brücken zu Nachbarstädten verbinden und richteten an Hauptverkehrsstraßen Kontrollpunkte ein. Fußgänger und Autofahrer wurden stichprobenartig durchsucht.
Das alles hielt viele Anhänger der Demokratiebewegung nicht davon ab, landesweit auf die Straße zu gehen. Auf Fernseh-Live-Bildern waren Menschenmassen zu sehen, die friedlich aber lautstark durch die Straßen Khartums ziehen. Die Demonstranten skandierten Slogans wie "Nein, nein zur Militärherrschaft" und "Wir sind freie Revolutionäre". Sie forderten die Wiedereinsetzung der von Zivilisten geführten Übergangsregierung und die Rückkehr auf den Pfad der Demokratie.
Im Osten der Hauptstadt setzten Protestierende Autoreifen in Flammen. Auch in anderen Landesteilen wurde protestiert. In der Stadt Omdurman starben nach Angaben von Ärzten drei Menschen durch Schüsse von Milizionären.
Die Sicherheitskräfte hätten dort und in der Hauptstadt Khartum mit scharfer Munition auf Protestierende geschossen. Mehr als hundert Menschen seien durch das gewaltsame Vorgehen oder durch Tränengas verletzt worden.
Die sudanesische Polizei bestritt, während der Demonstrationen auf Teilnehmer geschossen zu haben. Ein Polizist habe hingegen Schusswunden erlitten, hieß es im staatlichen Fernsehen.
Schon bis zu 30 Tote?
Die Furcht vor gewaltsamen Zusammenstößen bei den Protesten ist groß, nachdem das Militär am Montag die Macht in dem nordostafrikanischen Land übernommen hatte. Seitdem gehen landesweit täglich tausende Menschen auf die Straße. Bei Konfrontationen mit den Sicherheitskräften wurden nach Ärzteangaben bislang mindestens acht Demonstranten getötet und 170 verletzt. Ein US-Beamter sprach sogar von 20 bis 30 Toten. Die für diesen Samstag geplanten Proteste bezeichnete er als "echten Test" für die Absichten des Militärs.
Sowohl die Vereinten Nationen als auch die Europäische Union mahnten das Militär im Vorfeld der angekündigten Proteste und Demonstrationen zur Zurückhaltung. UN-Generalsekretär António Guterres erklärte in New York, die Machthaber im Sudan sollten "nicht noch mehr Opfer verursachen". Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell betonte, die Demonstranten seien mit Respekt zu behandeln. Im Namen der 27 Mitgliedstaaten forderte er zudem erneut die Freilassung der seit dem Putsch festgesetzten politischen Häftlinge. Ähnlich äußerten sich Großbritannien und die USA.
Weitere Botschafter des Sudan abgesetzt
Inzwischen setzte die Militärführung erneut mehrere Botschafter des Sudan ab. Wie das Staatsfernsehen meldete, handelt es sich um Spitzendiplomaten in Südafrika, der Türkei sowie den Vereinigten Arabischen Emiraten. Der neue Militärmachthaber, General Abdel Fattah al-Burhan, habe zudem einige Diplomaten im Außenministerium von ihren Aufgaben entbunden. Bereits am Donnerstag waren der Botschafter des Landes bei der Europäischen Union und fünf weitere Diplomaten ihrer Ämter enthoben worden.
sti/AR/se/eh (afp, dpa, rtr)