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Haftstrafe für Tochter von iranischem Ex-Präsidenten

10. Januar 2023

Im Iran ist die Tochter des früheren Präsidenten Akbar Haschemi Rafsandschani zu fünf Jahren Haft wegen Beteiligung an der Protestbewegung verurteilt worden. Das berichtet ihre Rechtsanwältin.

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Iran Politikerin Faeseh Haschemi
Fatemeh Haschemi bei einem Interview im Jahr 2019 in TeheranBild: Fatemeh Bahrami/AA/picture alliance

Das Urteil gegen Fatemeh Haschemi sei allerdings noch nicht rechtskräftig, schrieb die Anwältin Neda Schams auf Twitter. Was genau der 60-jährigen Haschemi vorgeworfen wird, teilte Schams nicht mit. Haschemi hat sich wiederholt für die Rechte von Frauen in der Islamischen Republik eingesetzt.

Die Staatsanwaltschaft hatte die Politikerin nach einer Meldung der halbamtlichen Nachrichtenagentur ISNA im vergangenen Jahr wegen "Propaganda gegen das System" angeklagt. Im September hatten staatliche Medien berichtet, Haschemi sei festgenommen worden wegen "Anstachelung zu Unruhen". Haschemis Vater war 2017 gestorben. Er gehörte zu den Gründern der Islamischen Republik, verfolgte während seiner Amtszeit aber einen pragmatischen und gemäßigten Kurs.

Anhaltende Proteste

Im Iran gibt es seit Monaten Proteste gegen die islamische Führung. Ausgelöst wurden sie durch den Tod der 22-jährigen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie war am 16. September gestorben, einige Tage nachdem die Sittenpolizei sie in Teheran wegen eines Verstoßes gegen die strikte islamische Kleiderordnung festgenommen hatte. Aktivisten gehen davon aus, dass Amini von der Polizei misshandelt wurde.

Die iranische Führung geht entschieden gegen die Protestwelle vor, die sich mittlerweile zur größten Herausforderung für das Mullah-Regime seit Gründung der Islamischen Republik 1979 entwickelt hat. Hunderte Teilnehmer wurden getötet und Tausende weitere festgenommen. Seit Beginn der Proteste hat die iranische Justiz nach eigenen Angaben 17 Todesurteile verhängt, von denen vier bereits vollstreckt wurden.

Fast "staatlich sanktioniertes Töten"

UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk erklärte in Genf, hinter den Hinrichtungen stehe eine widerrechtliche Abschreckungsstrategie der islamischen Führung. "Strafrechtsverfahren und die Todesstrafe werden von der iranischen Regierung als Waffe eingesetzt, um Individuen, die an Protesten teilnehmen, zu bestrafen und Angst in der Bevölkerung zu säen, um dadurch Widerspruch auszuschalten", heißt es in einer Erklärung seines Büros.

Schweiz, Genf: Volker Türk, UN-Hochkommissar für Menschenrechte
Volker Türk, UN-Hochkommissar für Menschenrechte (Archivbild)Bild: Salvatore Di Nolfi/KEYSTONE/dpa/picture alliance

Dies sei eine "Verletzung internationalen humanitären Rechts", hieß es weiter. Die Organisation von und die Teilnahme an Protesten sei ein Grundrecht, das Vorgehen der iranischen Behörden dagegen komme "staatlich sanktioniertem Töten" gleich. Türk rief die iranische Führung zu einem "sofortigen Moratorium der Todesstrafe und der Einstellung aller Hinrichtungen" auf. Nach Angaben des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte stehen im Iran zwei weitere Hinrichtungen bevor: die des 19-jährigen Mohammed Borughani und des 22-jährigen Mohammed Ghobadiu.

Wie das Justizportal Misan mitteilte, wurde inzwischen ein weiteres Todesurteil gegen einen Protestteilnehmer verhängt. Dschawad R. sei wegen seiner Beteiligung als "Rädelsführer der Unruhen" in der nördlichen Hafenstadt Noschahr der "Kriegsführung gegen Gott" schuldig befunden worden. Gegen das Urteil kann noch Berufung eingelegt werden.

Anweisung für strikte Strafen

Angesichts der anhaltenden Proteste gegen die Unterdrückungsmaßnahmen der Islamischen Republik hat die Generalstaatsanwaltschaft die Polizei und die Gerichte angewiesen, Verstöße gegen die Kopftuchpflicht "strikt zu bestrafen". Die Gerichte im Land müssten bei derartigen Verstößen die Täterinnen aburteilen, sie mit Geldstrafen belegen sowie mit "zusätzlichen Strafen wie Exil, dem Verbot, bestimmte Berufe auszuüben, und der Schließung ihrer Arbeitsstätte", heißt es in der Anordnung.

Lange Gefängnisstrafe für Belgier

Ein iranisches Revolutionsgericht hat derweil einen belgischen Entwicklungshelfer zu insgesamt 40 Jahren Haft und 74 Peitschenhieben verurteilt. Nach Berichten staatlicher Medien fand der Prozess hinter verschlossenen Türen statt. Auf der Website der iranischen Justiz hieß es, der Mann habe mehrere Einzelstrafen erhalten: 12,5 Jahre Gefängnis wegen Spionage, 12,5 Jahre wegen Zusammenarbeit mit feindlichen Regierungen und 12,5 Jahre wegen Geldwäsche. Zudem habe der 41-Jährige eine Haftstrafe von 2,5 Jahren wegen Devisenschmuggels erhalten und müsse eine Geldstrafe von einer Million Dollar zahlen. Die belgische Regierung kündigte in einer ersten Reaktion an, den iranischen Botschafter in Brüssel einzubestellen.

Die Familie des Verurteilten hatte im Dezember erklärt, dass ihr Angehöriger seit Monaten in einem iranischen Gefängnis festgehalten werde und sich im Hungerstreik befinde. Er habe keinen Zugang zu einem Anwalt seiner Wahl und leide unter schweren gesundheitlichen Problemen. Belgien hat seine Staatsangehörigen aufgefordert, den Iran zu verlassen, und gewarnt, dass sie der Gefahr einer willkürlichen Verhaftung oder eines unfairen Prozesses ausgesetzt seien.

kle/jj (rtr, dpa, epd, afp, ape)