Südamerikas größter Süßwassersee stirbt
Einst von den Inkas als Gottheit verehrt, verkommt der Titicaca-See immer mehr zur Müllkippe. Auch das Wasser wird immer weniger, die Fische sterben. Ein Ökosystem droht zu verenden.
Ein Mythos vor dem Kollaps
Der Legende nach entstieg der erste mythische Herrscher der Inkas aus dem Titicaca-See. Heute schwimmen vor allem Plastikflaschen und Unrat nach oben. Seit Jahren warnen Umweltschützer vor dem Untergang des südamerikanischen Sees. Müll, Wasserknappheit und verendende Tiere machen ihm zu schaffen, wie an dieser Stelle, an der der See auf einen Fluss trifft.
Vergiftetes Wasser
Das in den südamerikanischen Anden gelegene Gewässer zwischen Peru und Bolivien wurde bereits 2012 vom Global Nature Fund zum "bedrohten See" erklärt. Der hier angeschwemmte Müll in der Stadt Desaguadero ist nur der sichtbare Teil der Umweltverschmutzung. Denn auch das Wasser ist mit giftigen Schwermetallen belastet. Für Umweltschützer sind illegale Minen dafür verantwortlich.
Zuviel des Grün
Nicht nur die zunehmenden Algen an einigen Stellen erschweren das Leben am und im See, auch der sinkende Wasserstand macht Experten Sorgen. Denn der Titicaca-See wird durch Gletschereis gespeist, das wegen des Klimawandels immer weiter zusammenschrumpft.
Verschwindet das Wasser komplett?
Biologe Xavier Lazzaro (links) gehört zu den internationalen Experten, die sich mit der Wasserqualität am Titicaca-See beschäftigen. Für die Belastung des Gewässers gibt es aus seiner Sicht viele Gründe: die Industrie, der Tourismus und die Klimaerwärmung. In einigen Jahrzehnten könnte der See sogar ganz austrocknen. "Wenn nichts unternommen wird, könnte das noch schneller passieren", sagt er.
Denn sie wissen nicht, was sie tun
Der 48-jährige Oscar Limachi (links), ein Mitglied der lokalen indigenen Gemeinschaft, arbeitet als Reiseleiter. Er glaubt, dass vor allem die Abfälle für den Zustand verantwortlich sind. "Es ist auch unsere Schuld, dass die Leute Müll und Plastik überall hinwerfen. Sie wissen nicht, dass das umweltschädlich ist", sagt er. Viele Pflanzenarten im See seien bereits jetzt verschwunden.
Erst der Fisch, dann der Mensch
"Früher lebten, aßen und legten die Fische ihre Eier zwischen diese Pflanzen", erzählt Reiseleiter Limachi weiter. "Jetzt gibt es keine Pflanzen, also keinen Fisch." Er fürchtet, dass die Fische eines Tages für immer verschwinden könnten. Das Tiersterben hat auch Auswirkungen auf die Anwohner: Die Anzahl der Familien auf der Insel Pariti hat stark abgenommen, nur noch wenige können dort leben.
Ein Wandel auch für den Menschen
Einer der einstigen Anwohner auf der Insel Pariti am Titicaca-See war der 39-jährige Isaac Callizaya. Er wohnt mittlerweile im bolivianischen El Alto, einer Großstadt bei La Paz. "Als ich in den 90er Jahren ein Kind war, haben alle Familien auf der Insel vom Angeln gelebt. Heute fischen nur noch drei Familien", erzählt er.
Viele Versprechen
Auch wenn es wenig Gründe dafür zu geben scheint: Mitglieder der lokalen indigenen Gemeinschaft feiern in traditioneller Bekleidung die Ankunft von Politikern am Titicaca-See. Nach jahrelangen Warnungen von Umweltschützern scheint nun auch in die Politik etwas Bewegung zu kommen. Bolivien sagte große Investitionen in Kläranlagen zu, die EU will Millionen Euros für Säuberung bereitstellen.